Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Laß uns frei. Gib dich hin.«
– WARNT ALLE. VERDAMMT!
Dann nichts mehr.
Darcy fand sich zusammengerollt auf den Mayope-Planken in seinem Büro wieder. Er hatte sich die Lippe zerbissen; ein dünner Blutfaden war auf seinem Kinn geronnen. Er betastete vorsichtig seinen Körper; Finger strichen über die Rippen, voller Angst, was sie finden würden. Doch da waren kein Schmerz, keine offenen Wunden, keine inneren Verletzungen.
»Das war er«, krächzte Lori. Sie saß in ihrem Stuhl, hatte den Kopf auf der Brust und die Arme verschränkt. Ihre Hände waren zu festen Fäusten geballt. »Laton. Er ist hier. Er ist wirklich hier.«
Darcy bemühte sich in eine kniende Position. Die Anstrengung reichte fürs erste; er fürchtete, das Bewußtsein zu verlieren, falls er versuchte aufzustehen. »Diese Bilder …« – Hast du sie auch gesehen?
– Die Reptilienmenschen? Ja. Aber diese Kraft in seiner Affinität. Er … er hätte mich fast überwältigt damit.
– Die Counties am Quallheim, hat er gesagt. Das ist mehr als tausend Kilometer flußaufwärts. Menschliche Affinität reicht höchstenfalls hundert Kilometer weit.
– Er hat dreißig Jahre Zeit gehabt, seine diabolischen genetischen Pläne zu verfolgen. Ihre Gedanken waren von Angst und Abscheu durchdrungen.
»Ein Xeno-Energievirus«, murmelte Darcy verblüfft. – Was zum Teufel hat er damit gemeint? Und man hat ihn gefoltert, zusammen mit seinen Kindern. Warum? Was geht flußaufwärts vor?
– Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich ihm auf keinen Fall vertrauen würde. Nie im Leben. Wir haben Phantasiegebilde gesehen, weiter nichts. Er hatte dreißig Jahre Zeit, sie zu erschaffen.
– Aber sie wirkten so real. Außerdem – welchen Grund sollte er haben, seine Existenz zu verraten? Er weiß schließlich, daß wir ihn eliminieren wollen, ganz gleich, was es kostet.
– Ja, er weiß, daß wir in feindlicher Absicht kommen. Aber mit dieser affinitiven Kraft könnte er wahrscheinlich selbst einen Voidhawk niederzwingen. Es würde ihm und seinen Kreaturen erlauben, sich über die gesamte Konföderation auszubreiten.
– Es war so real, wiederholte Darcy betäubt. – Und jetzt, da wir wissen, wie mächtig er ist, können wir Maßnahmen gegen ihn einleiten. Das ergibt doch alles keinen Sinn, Lori! Es sei denn, er ist wirklich auf etwas gestoßen, mit dem er nicht zurechtkommt. Etwas, das noch mächtiger ist als er selbst.
Lori betrachtete ihn mit einem traurigen, fast niedergeschlagenen Blick. – Wir müssen es herausfinden, oder nicht?
– Ja.
Sie ließen ihre Gedanken fließen.
Sie umschlangen sich wie die Körper Liebender, stärkten gegenseitig ihre Kräfte, löschten Schwächen aus. Sammelten Mut.
Darcy packte einen Stuhl und zog sich daran hoch. Jedes Gelenk fühlte sich steif und geschwollen an. Schwer sank er auf den Stuhl und betastete seine zerbissene Lippe.
Lori lächelte ihn zärtlich an und reichte ihm ein Taschentuch.
– Zuerst die Pflicht, sagte er. – Wir müssen Jupiter informieren, daß Laton auf Lalonde ist. Das hat Vorrang vor allem anderen. Es dauert noch Monate, bevor der nächste planmäßige Voidhawk hier eintrifft. Ich werde mich mit Kelven Solanki treffen und ihn bitten, eine Nachricht nach Aethra und die Versorgungsstation draußen im Orbit von Murora abzusetzen. Sein Büro verfügt über die Ausrüstung, um das auf direktem Weg zu tun. Die Konföderierte Navy muß so oder so informiert werden, deswegen können wir es genausogut jetzt tun. Und er kann auch gleich unseren Bericht auf einer Flek im diplomatischen Gepäck eines Kolonistenfrachters zur Erde schicken. Das müßte ausreichen, um unsere Aktionen hier zu decken.
– Und anschließend sehen wir flußaufwärts nach, sagte Lori. – Ja.
»Der Nächste!« rief der Sheriff.
Yuri Wilkin trat zum Tisch und hielt die Leine zu seinem Sayce Randolf straff gespannt. Regen prasselte auf das Dach des leeren Lagerhauses hoch über seinem Kopf. Draußen im Freien, hinter dem Sheriff, kehrte im runden Polyp-Hafenbecken Nummer fünf wieder Normalität ein. Die meisten Boote waren nach einer Nacht draußen auf dem Fluß zurückgekehrt. Eine Arbeitsmannschaft aus einer der Werften inspizierte den vom Feuer zerfressenen Rumpf, der tief im Wasser dümpelte. Irgendein Kommandant, der nicht schnell genug abgelegt hatte, als der Lynchmob auf der Suche nach flüchtenden Zettdees vorbeigekommen waren.
Der Geruch nach verbranntem Holz vermischte sich mit den mehr exotischen
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