Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Fingern des Burschen hindurch, offensichtlich ohne ihm auch nur das geringste anhaben zu können. Seine Haut blieb vollkommen verschont.
Gail riß den Mund weit auf und stieß einen qualvollen Schmerzensschrei aus. Kleine blaue Rauchfähnchen stiegen unter Wilkins Hand auf, als Gails Haut gegrillt wurde. »Setz dich, oder sie ist tot!«
Len öffnete die oberste Schublade neben dem Kühlschrank und zog die schwere Neun-Millimeter-Halbautomatik hervor, die er für Notfälle dort aufbewahrte. Er hatte magnetischen Flinten oder Laserwaffen noch nie vertraut; nicht hier, in der rostfördernden, zersetzenden Atmosphäre auf dem Juliffe. Wenn ein Kunde sich Zutritt zu seinem Boot verschaffte und auf Streit aus war, nachdem ein Handel nicht nach seinen Vorstellungen abgelaufen war, oder wenn ein ganzes Dorf verrückt spielte, weil die Preise gestiegen waren, dann wollte Len etwas in der Hand halten, das garantiert beim ersten Mal funktionierte.
Er legte die Sicherung um und richtete die blau-schwarz schimmernde Pistole auf Yuri.
»Nein!« krächzte die mitgenommene Stimme des Jungen. Er hob abwehrend die Hände vor das Gesicht und wich geduckt zurück.
Len feuerte. Die erste Kugel erwischte Yuri an der Schulter, wirbelte ihn herum und stieß ihn gegen die Kabinenwand zurück. Yuri fauchte und starrte Len aus haßerfüllten Augen an. Der zweite Schuß war auf das Herz gezielt. Er traf Yuris Brustbein, und purpurnes Blut spritzte auf die Holzplanken hinter ihm, als die Kugel zwei Rippen zerfetzte. Yuri rutschte langsam an der Wand herunter und atmete zischend zwischen Raubtierzähnen hindurch ein. Das Beleuchtungspaneel an der Decke erstrahlte in voller Helligkeit.
Len beobachtete mit stummem Entsetzen, wie die Schulterwunde sich zu schließen begann. Yuri wand sich und versuchte in quälender Langsamkeit, wieder auf die Beine zu kommen. Er grinste bösartig. Der Griff der Pistole in Lens Hand wurde plötzlich alarmierend heiß.
»Töte ihn, Lennie!« kreischte Gail. »Töte ihn! Töte ihn!«
Mit übernatürlicher Ruhe zielte Len auf den Kopf des Burschen und betätigte den Abzug. Einmal. Zweimal. Die erste Kugel jagte Yuri die Nase in den Schädel und fuhr durch das Gehirn. Er atmete zischend ein und schwankte mit hektisch rudernden Armen. Blut und Gewebe flossen als zäher Schleim aus dem Loch. Das zweite Projektil durchschlug die rechte Schläfe und trieb Knochensplitter in das Holz hinter Yuris Kopf wie ein Hagel aus steinzeitlichen Pfeilen. Yuris Füße trommelten auf dem Boden.
Len sah alles wie durch einen kalten Nebel hindurch. Der zerfetzte, erniedrigte Körper dort vorn auf dem Boden weigerte sich einfach aufzugeben. Len stieß einen wortlosen Fluch aus und feuerte erneut und erneut und erneut, bis das Magazin der Waffe leer war.
Die Pistole klickte nutzlos. Len blinzelte und hatte Mühe, wieder einen klaren Blick zu bekommen. Yuri war endlich erstarrt. Von seinem Kopf war nicht mehr viel übrig. Len wandte sich ab und packte Halt suchend den Rand des Spülbeckens, als eine Welle der Übelkeit in ihm hochstieg. Gail wimmerte leise vor sich hin. Eine Hand strich vorsichtig über die schrecklichen Brandblasen und die langen, schwarzen Brandmale, die ihre gesamte Schulter bedeckten.
Len ging zu ihr und hielt ihren Kopf mit einer Sanftheit, die er seit vielen Jahren nicht mehr gezeigt hatte.
»Bring uns weg von hier!« flehte sie ihn an. »Bitte, Lennie!«
»Aber Darcy und Lori …«
»Uns, Lennie! Uns! Bring uns von hier weg. Du glaubst doch wohl nicht, daß die beiden die heutige Nacht überleben, oder?«
Er leckte sich über die Lippen, während er um eine Entscheidung rang. »Nein«, sagte er schließlich. Er brachte den Erste-Hilfe-Kasten zu ihr und klebte ein kleines anästhesierendes Pflaster auf ihre Schulter. Sie stieß einen erleichterten Seufzer aus, als die Wirkung des Schmerzmittels einsetzte.
»Geh und wirf die Maschinen an«, sagte sie. »Ich kümmere mich schon um das hier. Ich will auf keinen Fall, daß wir noch eine Sekunde länger hier bleiben.« Sie kramte in der Notfallkiste auf der Suche nach einem nanonischen Medipack. Len trat auf das Deck hinaus und löste die Silikontaue, mit denen die Coogan vertäut war, um sie achtlos über die Seite zu werfen. Sie waren teuer und schwer erhältlich, aber es würde noch mindestens eine weitere Viertelstunde dauern, wenn er am Ufer umherstolperte und die Knoten löste, um alle säuberlich einzuholen und zu verstauen.
Der Brenner war ziemlich
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