Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
Flotte Manöver zur Verteidigung gegen Angriffe auf systemweiter Front exerziert. Sie hatten an einem Angriff der Marines auf eine Industriestation teilgenommen, die im Verdacht stand, Antimaterie-Kombatwespen zu produzieren, und sie hatten zahllose Goodwill-Touren zu Raumhäfen im gesamten Sektor der Vierten Flotte unternommen.
Vor acht Monaten schließlich hatte die Admiralität ihnen ein unabhängiges Abfangkommando übertragen, unter dem Oberbefehl des Geheimen Abschirmdienstes KNIS der Konföderierten Navy. Das hier war die dritte Jagd, die sie auf Befehl des KNIS veranstalteten: das erste Schiff war leer gewesen, als sie es endlich gestellt hatten, das zweite, ein Blackhawk, war ihnen zu Syrinx’ allergrößtem Verdruß durch seine größere Sprungreichweite entkommen. Doch die Dymasio war ganz ohne Zweifel schuldig. Der KNIS hatte sie seit einiger Zeit in Verdacht, Antimaterie zu transportieren, und ihr bisheriger Kurs war der Beweis. Und jetzt bereitete sich das Schiff darauf vor, in ein bewohntes System zu springen, um Kontakt mit einer im Asteroidengürtel beheimateten Separatistengruppe herzustellen. Diesmal waren sie rechtzeitig gekommen. Diesmal! Die Atmosphäre auf der Brücke der Oenone schien von dieser Aussicht spürbar verdichtet.
Selbst Lieutenant Eileen Carouch vom KNIS, Syrinx’ Verbindungsoffizier, hatte sich von der aufgeregten Erwartung der Edeniten anstecken lassen. Sie lag festgeschnallt auf der Liege neben Syrinx, eine Frau im mittleren Alter mit einem leeren Gesicht, das nichts von ihren Gedanken oder Gefühlen verriet, genau die Sorte, die in Syrinx’ Augen wahrscheinlich ideal für eine Agententätigkeit geeignet war. Doch die Persönlichkeit hinter diesem Gesicht war resolut und einfallsreich; die Entdeckung des getarnten Verstecks der Dymasio war der beste Beweis dafür.
Im Moment hatte Lieutenant Carouch die Augen fest geschlossen. Sie griff auf die Datavis-Informationen zu, welche die BiTek-Prozessoren der Oenone dem Hardware-Äquivalent der Adamisten über ein spezielles Interface zur Verfügung stellten. Erst dadurch war es für Eileen Carouch möglich, die Vorgänge ringsum mitzuverfolgen.
»Die Dymasio ist offensichtlich bereit zum Eintauchen«, sagte Syrinx.
»Dem Himmel sei Dank!« erwiderte Eileen erleichtert. »Viel länger hätten meine Nerven auch nicht mehr mitgespielt.«
Syrinx spürte ein Grinsen auf ihren Lippen. Sie empfand immer eine gewisse Spannung, wenn sie persönlich mit Adamisten zu tun hatte. Man wußte nie genau, was sie dachten oder fühlten, weil ihre Emotionen und Gedanken tief in ihren Köpfen verschlossen blieben. Für einen empathischen Edeniten war es schwer, damit zurechtzukommen, doch Eileen hatte sich als eine Person offenbart, die ihre Meinung erstaunlich freizügig kundtat. Syrinx überraschte sich dabei, daß sie Eileens Gesellschaft genoß.
Die Dymasio verschwand. Syrinx spürte den scharfen Knick im Raum, als die Energiemusterprozessoren des Schiffes das Gefüge der Realität rings um den Rumpf verbogen. Für die Oenone war die Verzerrung hell wie ein Blitz und vollkommen durchsichtig. Der Voidhawk wußte instinktiv die Koordinaten des Wiederaustrittspunktes.
– Dann los! sendete Syrinx laut.
Energie floß durch die Energiemusterzellen des Voidhawks. Ein Übergang wurde aufgerissen, und sie schossen in das sich weitende Wurmloch. Syrinx spürte, wie die Graeae schräg hinter der Oenone ihren eigenen Sprungpunkt erzeugte, dann schloß sich ihr eigener Übergang, und sie wurden von einem zeitlosen Nichts verschluckt. Ein paar Herzschläge lang, die Zeit, die es dauerte, um das Wurmloch zu durchqueren, sorgte Einbildungskraft vermischt mit den Sensorinformationen des Voidhawks für ein atemberaubendes Gefühl von Geschwindigkeit, dann war es vorbei. Ein Terminus öffnete sich irgendwo in einer undefinierbaren Distanz, eine andere Struktur aus Negation, die sich scheinbar um das Schiff herum bog. Sternenlicht strömte herein, krümmte sich zu einem filigranen Geflecht aus dünnen, blauweißen Linien um die Hülle herum, und die Oenone schoß in den Normalraum hinaus. Schlagartig waren die Sterne wieder grelle diamantgroße Punkte.
Der Ereignishorizont hatte sich von der Hülle der Dymasio gelöst und das Schiff bis auf fünf Lichttage an die Sonne des Planeten Honeck herangeführt. Sensorbündel und Wärmeableitpaneele wurden mit der Behäbigkeit einer aus dem Winterschlaf erwachten Kreatur ausgefahren, die am ersten warmen
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