Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
der Kommandantin, Karl, der über einen Niedergang an der Seite der Decksaufbauten nach unten stieg. Der Jugendliche trug weiße Baumwollshorts und Stoffschuhe mit Gummisohlen. Die Swithland fuhr gegenwärtig durch unruhiges Wasser, doch Karls Gleichgewichtssinn war perfekt entwickelt. Er schien die leichteste Neigung des Bodens im voraus zu erahnen.
»Da bist du«, sagte er zu Marie. »Ich habe schon überall nach dir gesucht! Ich dachte, du wärst bei der Messe, die der Priester gelesen hat.«
»Ich werde ganz bestimmt nicht dafür beten, daß dieser schwachsinnige Trip gesegnet wird!« entgegnete sie zurückweisend.
Karl grinste breit, und seine Zähne glänzten in der zunehmenden Dunkelheit. Er war einen ganzen Kopf kleiner als Jackson, sogar noch ein paar Zentimeter kleiner als Marie, doch sein Oberkörper war muskulös wie der einer griechischen Statue. In seiner Familie mußte es eine ganze Menge gentechnischer Eingriffe gegeben haben. Er war zu vollkommen. Jackson beobachtete in zunehmender Verwunderung, wie er der jungen Frau erwartungsvoll die Hand entgegenstreckte.
»Bist du soweit? Können wir gehen?« fragte er. »Meine Kabine liegt auf dem Vorderdeck, direkt unterhalb der Brücke.«
Marie nahm die Hand des Jungen. »Sicher.«
Karl bedachte Jackson mit einem großspurigen Wink, als er Marie unter Deck führte. Sie verschwanden im Innern des Schiffs, und Jackson war sicher, Maries Kichern zu hören. Er konnte es einfach nicht glauben. Sie zog Karl vor? Der Junge war fünf Jahre jünger als er! Voller Wut ballte er die Fäuste. Es lag daran, daß er ein Zettdee war. Er wußte, daß es daran lag. Dieses kleine Miststück!
Karls Kabine war ein geräumiges Abteil, von dessen Fenster aus man den gesamten Bug überblicken konnte. Es war definitiv das Zimmer eines Teenagers. Mehrere Prozessorblocks lagen auf einem Tisch verstreut, zusammen mit einigen Mikrowerkzeugen und einem halb zerlegten elektronischen System von der Brücke der Swithland. An den Wänden hingen Hologramme von Sternhaufen und Planeten; der gesamte Boden war mit Kleidung, Schuhen und Handtüchern übersät. Die Kabine war ungefähr zehnmal so groß wie der Raum, den sich die Skibbows und die Kavas zu teilen gezwungen waren.
Die Tür schloß sich hinter Marie, und das Geräusch der Messe auf dem Achterdeck wurde zu einem dumpfen Murmeln gedämpft. Karl trat augenblicklich seine Turnschuhe in eine Ecke und machte sich daran, eine breite Pritsche herunterzuklappen, die flach an der Wand festgeschnallt gewesen war.
Er ist erst fünfzehn Jahre alt, dachte Marie, aber er hat einen phantastischen Körper, und dieses Lächeln … Mein Gott, ich hätte nicht zulassen sollen, daß er mich in seine Kabine mitnimmt, ganz zu schweigen davon, mit ihm ins Bett zu steigen. Was sie nur noch heißer machte.
Die Gläubigen auf dem Achterdeck stimmten eine Hymne an, und ihre Stimmen verliehen der langsamen Melodie einen feierlichen Ernst. Marie dachte an ihren Vater dort draußen, und daran, wie er sich am frühen Morgen bemüht hatte, sein gestriges Verhalten wiedergutzumachen. Er hatte ihr erzählt, daß die Flußfahrt ihr schon zeigen würde, wieviel Befriedigung der stilleren Seite des Lebens und ehrlicher Arbeit abzugewinnen war. »Bitte, Liebes, versuch zu akzeptieren, daß unsere Zukunft von jetzt an Lalonde heißt. Und es wird eine wunderbare Zukunft, glaub mir.«
Unter Karls triumphierenden Blicken knöpfte Marie ihre Bluse auf, dann zog sie ihre Shorts aus.
Nach dem dritten Tag an Bord veränderte sich das Aussehen der Siedlungen am Ufer des Juliffe nach und nach. Die Swithland passierte die letzten Ausläufer der Hultain-Marsch, und zum ersten Mal waren am fernen Nordufer Dörfer zu sehen. Ihnen fehlte die romantische Sauberkeit und Adrettheit der vorhergehenden Siedlungen, es gab weniger Tiere und weniger kultiviertes Land, die gerodeten Flächen waren bei weitem nicht so groß, und die Dschungelriesen sahen in so unmittelbarer Nähe zu den Blockhütten bei weitem imposanter aus.
Der Fluß gabelte sich, doch die Swithland blieb auf dem Hauptarm. Nach und nach wurde der Schiffsverkehr dünner. Die Dörfer, an denen sie jetzt vorbeikamen, hatten noch immer viel Arbeit, um das Land zu zähmen. Die Bewohner fanden nicht die Zeit, die erforderlich war, um Segelboote zu bauen. Große Leichter glitten den Fluß hinab, hauptsächlich beladen mit Mayope-Holz, das in neuen Siedlungen gefällt worden war und nun in den Sägewerken der Hauptstadt
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