Armageddon 01 - Die unbekannte Macht
sichern, wenn wir wollen, daß Kapitän Lambourne länger bleibt. Ich möchte, daß du ein Tau ans Ufer bringst. Das Tau wirst du um einen Baum schlingen, der stark genug ist, um das Schiff zu halten. Glaubst du, du schaffst das?«
Quinn blickte von Powel zu der dunkelgrünen Vegetation am Ufer und wieder zurück. »Und wie soll ich ans Ufer kommen?«
»Schwimmen, Bursche! Und erzähl mir bloß nicht, du kannst nicht schwimmen! Es sind gerade mal fünfunddreißig Meter!«
Karl kam herbei und entrollte ein Tau. »Sobald das Tau gesichert ist, ziehen wie die Swithland in seichtes Wasser und vertäuen sie richtig«, sagte der Junge. »Von dort aus können die anderen dann ans Ufer waten.«
»Großartig!« fluchte Quinn wütend. Er zog seine Schuhe aus und schlüpfte dann aus seinem Drillich-Oberteil. Vorix schnüffelte neugierig an den Schuhen.
Quinn ließ die Shorts an und setzte sich dann auf das Deck, um die Schuhe wieder anzuziehen. »Könnte Vorix vielleicht mitkommen?« fragte er. »Bitte.«
Der Hund blickte auf. Seine lange Zunge hing aus der Seite des großen Mauls.
»Was zur Hölle soll Vorix deiner Meinung nach für dich tun?« fragte Powel.
Quinn deutete auf den Dschungel, aus dem ein Stakkato animalischer Geräusche drang. »Sich um die wilden Sayce kümmern.«
»Nun mach endlich, daß du ins Wasser kommst und hör auf zu jammern, Quinn! In dieser Gegend gibt es keine wilden Sayce.« Powel beobachtete ungerührt, wie Quinn aufstand und sich über die Reling ins Wasser gleiten ließ. Jackson Gael lag flach auf dem Boden und reichte dem Zettdee das Seilende herab.
Quinn setzte sich mit kraftvollen seitlichen Stößen in Richtung Ufer in Bewegung und zog das schwere Tau hinter sich her.
»Die Kroklions haben alle Sayces aufgefressen!« rief Powel ihm hinterher, und dann wandte er sich laut lachend ab, um die Mannschaft zu organisieren, die den Landesteg bauen sollte.
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8. Kapitel
Tranquility: ein Polypzylinder mit halbkugelförmigen Abschlußkappen, die Hülle in der Farbe von gebranntem, unglasiertem Ton, fünfundsechzig Kilometer lang, siebzehn Kilometer im Durchmesser, das größte von allen Habitaten, die jemals innerhalb der Konföderation germiniert worden waren. Tranquility war ein stumpfes, wenig einladendes Gebilde und aus größerer Entfernung schwer zu erkennen; das wenige Sonnenlicht, das von der eins Komma sieben Milliarden Kilometer entfernten F3-Sonne auf den Polyp fiel, schien irgendwie um die gekrümmte Oberfläche herumzufließen, anstatt sie zu treffen und reflektiert zu werden. Tranquility war die einzige menschliche Siedlung im Sonnensystem, und sie befand sich in einem Orbit in siebentausend Kilometern Höhe über dem Ruinenring. Die weit verstreuten zertrümmerten Überreste der entfernten Xeno-Cousins waren Tranquilitys einzige Begleiter – eine ständige Erinnerung, daß das Habitat trotz all seiner Größe und Macht schrecklich verletzlich war. Einsam, isoliert und politisch unbedeutend hätte es eigentlich nur wenige Menschen geben dürfen, die freiwillig an einem solchen Ort leben wollten …
Und doch.
Von einem Raumschiff aus oder dem Gefährt eines Schatzsuchers auf Annäherungsvektor konnte man schon von weitem einen Nebel aus Lichtpunkten über der Abschlußkappe erkennen, die in Richtung des galaktischen Nordens wies. Ein Schwarm industrieller Anlagen schwebte in unmittelbarer Nähe des Habitats. Sie gehörten einigen der größten Raumfahrtkonzerne in der gesamten Konföderation, und sie waren ununterbrochen damit beschäftigt, den konstanten Strom von startenden und landenden Schiffen zu versorgen. Frachtschlepper, Treibstofftanker, Personentransporter und Vielzweckfahrzeuge schwebten zwischen den Stationen und Raumschiffen hin und her, und ihre Reaktionsantriebe stießen pulsierende Wolken aus heißen blauen Ionen aus.
Eine drei Kilometer lange Spindel verband die nördliche Abschlußkappe Tranquilitys mit einem nicht-rotierenden Raumhafen: Eine Scheibe aus Metallträgern mit einem Durchmesser von viereinhalb Kilometern, mit einer verwirrenden Vielfalt der unterschiedlichsten Versorgungseinrichtungen, Tanks und Andockbuchten, die sich über die gesamte Oberfläche hinzogen. Der Raumhafen sah aus wie ein gigantisches metallenes Spinnennetz, das einen Schwarm phantastischer kybernetischer Insekten eingefangen hatte. Auf dem Raumhafen herrschte die gleiche gewohnte Betriebsamkeit wie bei jedem edenitischen Habitat: Adamistenraumschiffe wurden be- und
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