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Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist

Titel: Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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an finanziellen Mitteln, technischen Ressourcen und qualifiziertem Personal. Die wichtigsten Erzreserven des Felsens waren längst abgebaut. Normalerweise wären die Erträge in die Entwicklung einer Raumfahrtindustrie auf dem Asteroiden investiert worden, doch die Regierung von New Georgia hatte die ursprünglichen Einnahmen umgeleitet, um damit Projekte unten auf der Oberfläche zu finanzieren, die mehr Wählerstimmen versprachen.
    Nachdem die Erzvorkommen erschöpft waren, hielt sich Jesup die darauffolgenden Dekaden so eben über Wasser, sowohl ökonomisch als auch industriell. Die veraltende Infrastruktur stand ständig kurz vor dem Zusammenbruch. Lediglich eine der drei geplanten Biosphärenkavernen war je fertiggestellt worden, und eine große Anzahl riesiger leerer Hohlräume war überall im Felsen strategisch verteilt zurückgeblieben.
    Quinn stapfte durch einen der scheinbar endlosen nackten Felstunnel, die die verlassenen Höhlen untereinander verbanden, als er zum ersten Mal die flüchtige Präsenz spürte. Er blieb so unvermittelt stehen, daß Lawrence ihn beinahe umgerannt hätte.
    »Was war das?«
    »Was denn?« fragte Lawrence erstaunt.
    Quinn drehte sich einmal ganz im Kreis und suchte den staubbedeckten Felsen des weiten Tunnels ab. Dünne Rinnsale aus kondensierter Feuchtigkeit rannen von der Decke über die Wände herab und gruben kleine verzweigte Kanäle in den dunklen Staub oder schufen winzige Stalaktiten. Es sah aus, als würden auf dem Tunnelboden Unmengen kleiner Kaktusstacheln wachsen. Doch es gab nirgendwo einen Platz, wo sich jemand hätte verstecken können, nichts außer den dunkleren Stellen zwischen den in weiten Abständen angebrachten Lichtpaneelen.
    Quinns Gefolge aus Jüngern wartete mit nervöser Ungeduld. Nach zwei Tagen brutaler Initiierungszeremonien war der Asteroid fest in seiner Hand. Allerdings verspürte Quinn angesichts der geringen Anzahl wahrer Gläubiger unter den Besessenen nicht wenig Enttäuschung. Er hatte immer angenommen, daß sie von allen Zurückgekehrten Jesus und Allah und Buddha und die anderen falschen Götter am ehesten verabscheuen würden, weil sie von ihnen in diese wahnsinnigen Vorhof der Hölle geschickt worden waren. Es hätte ein leichtes sein müssen, ihnen den Pfad des Lichtbringers zu zeigen. Statt dessen legten sie einen befremdlichen Widerstand seinen Lehren gegenüber an den Tag. Manche interpretierten ihre Rückkehr sogar als eine Art von Erlösung.
    Quinn konnte nichts Außergewöhnliches im Tunnel entdecken. Er war sicher, einen Gedanken gespürt zu haben, der von keinem in seinem Gefolge stammte. Der Gedankenfetzen war von einer Bewegung begleitet gewesen: Grau auf Schwarz. Sein erster Gedanke war gewesen, daß irgend jemand hinter ihm herschlich.
    Irritiert durch die Ablenkung setzte er sich wieder in Bewegung; sein Umhang hob sich ein wenig und glitt berührungslos über den schmutzigen Felsboden. Es war kalt im Tunnel; Quinns Atem verwandelte sich vor seinen Augen in schneeigen Dampf. Seine Schritte knirschten auf den Eispartikeln am Boden.
    Ein eisiger Windhauch erfaßte ihn mit einem hörbaren Rauschen. Quinns Robe flatterte auf.
    Er hielt erneut inne, diesmal offen verärgert. »Was zur Hölle geht hier vor? Es gibt keine Klimaanlagen und Lüftungen in diesen Tunnels!« Er hielt die Hand hoch, um den Luftzug zu prüfen, doch die Brise war inzwischen abgeklungen. Alles war still.
    Jemand lachte.
    Quinn wirbelte herum, doch seine Jünger blickten sich voller Verwirrung an. Keiner von ihnen hatte es gewagt, sich über seine Befremdung lustig zu machen. Einen Augenblick lang dachte er an die unbekannte Gestalt auf dem Raumhafen von Norfolk und den mächtigen Flammensturm, den er ausgelöst hatte. Doch das war Lichtjahre weit entfernt, und niemandem außer dieser jungen Kavanagh war die Flucht von Norfolk gelungen.
    »Diese Tunnels sind schon immer unheimlich gewesen, Quinn«, sagte Bonham. Bonham war einer der neuen Konvertierten. Er besaß den Körper von Lucky Vin, doch er hatte begonnen, ihn in eine Ghoulform zu zwängen: die Haut war bleicher, die Zähne schärfer, die Augen quollen hervor. Dichtes Tierhaar sproß aus seinem silbernen Schädel. Er behauptete, im späten neunzehnten Jahrhundert in einer Familie venezianischer Aristokraten geboren worden zu sein. Er war vor seinem siebenundzwanzigsten Geburtstag im Ersten Weltkrieg gestorben, doch erst nachdem er die Dekadenz und blinde Grausamkeit jeder Epoche geschmeckt hatte. Ein

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