Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Tür des Operationszentrums der ESA stehen und bedachte Samuel mit einem verlegenen Blick. Seine Augen glitten über die Schulter des großen Edeniten zu dessen sechs Kollegen, die geduldig hinter Samuel im Korridor warteten.
»Hören Sie«, begann er umständlich, »ich möchte ja nicht unhöflich erscheinen, aber von hier aus wird unser gesamtes Netz aus Verbindungsleuten für ganz Tonala gesteuert. Müssen Sie wirklich alle hereinkommen?« Seine Augenbrauen hoben sich erwartungsvoll.
»Selbstverständlich nicht«, erwiderte Samuel wohlwollend.
Monica seufzte ergeben. Sie kannte Samuel inzwischen gut genug und benötigte keine Affinität, um die Gedanken in seinem Kopf zu hören: Was für eine merkwürdige Einstellung. Wenn ein Edenit hineinging, dann konnten genausogut alle hineingehen. Rein technisch machte es keinerlei Unterschied. Sie gab ihm einen verlegenen Wink, und er zwinkerte ihr verstohlen zu.
Das Operationszentrum hätte ein beliebiges Büro eines kommerziellen Unternehmens sein können. Klimatisiert, doch mit merkwürdig stiller Luft, mit ganz gewöhnlichen Schreibtischen und Prozessorblocks (höher entwickelt als üblich), großen Wandschirmen, AV-Projektorsäulen an der Decke und Nebenräumen mit massiven, getönten Glaswänden. Elf Stabsoffiziere der ESA saßen in großen Ledersesseln und beobachteten die gegenwärtigen militärischen und strategischen Aktionen Tonalas. Informationen wurden rasch zu einer kostbaren Ressource, während das Kommunikationsnetz von Tonala stärker und stärker beeinträchtigt wurde.
Die einzig sichere Erkenntnis aus den gewonnenen Eindrücken war, daß der orbitale Konflikt sich unmittelbar zu einer totalen Konfrontation auszuweiten drohte.
Der in Tonala ausgerufene Notstand hatte die restlichen Nationen veranlaßt, das gleiche zu tun. Im Verlauf der letzten zwanzig Minuten hatte das Oberkommando verlautbart, daß die Spirit of Freedom von unbekannten ausländischen Mächten übernommen worden war. Als Antwort hatte man fünf Kriegsschiffe abkommandiert, um die Urschel, die Raimo und die Pinzola abzufangen und herauszufinden, was geschehen war.
Die restlichen Regierungen hatten in scharfen Protestnoten verkündet, daß die Entsendung der fünf Schiffe zu diesem Zeitpunkt als ein Akt vorsätzlicher Provokation aufzufassen sei.
Adrian führte Monica und Samuel zu einem Konferenzraum auf der gegenüberliegenden Seite des Operationszentrums. »Mein Chefanalyst glaubt, daß es noch maximal zwei Stunden dauert, bevor ein richtiger Krieg im Gange ist«, sagte er düster, während er am Kopfende eines langen Tisches Platz nahm.
»Ich sage das nicht gerne, aber für unsere Mission ist das absolut nebensächlich«, entgegnete Monica. »Wir müssen Mzu finden und ergreifen. Sie darf unter keinen Umständen getötet oder gefangengenommen werden. Es wäre das größte Desaster für die gesamte Konföderation.«
»Ja, ich habe den Bericht studiert«, erwiderte Adrian düster. »Der Alchimist selbst ist schlimm genug. In den Händen der Besessenen …«
»Was Sie vielleicht noch nicht wissen«, sagte Samuel, »die Fregatten Urschel, Raimo und Pinzola stehen im Dienst der Organisation. Capone muß wissen, daß Mzu hier ist. Seine Leute werden keinerlei Skrupel haben, um sie zu fassen. Das könnte durchaus einen globalen Krieg auslösen.«
»Um Himmels willen! Diese Schiffe haben Raumflugzeuge zur Oberfläche geschickt, nachdem sie eingetroffen sind. Keiner weiß, wo sie gelandet sind; die orbitale Beobachtung ist so gut wie nicht mehr existent.«
»Wie steht es mit der lokalen Luftverteidigung über der Stadt?« fragte Monica.
»Sie funktioniert noch halbwegs. Die Hardware stammt von Kulu und ist inzwischen elf Jahre alt. Kaum das Modernste vom Modernen, aber es muß reichen. Die Botschaft wird vom Verteidigungsministerium Tonalas mit Informationen versorgt.«
»Also sind Sie imstande uns zu warnen, falls die Raumflugzeuge der Organisation unvermittelt über Harrisburg auftauchen?«
»Kein Problem.«
»Sehr gut. Das sollte ausreichen, um uns ein paar Minuten Luft zu verschaffen. Nächste Frage: Haben Sie Mzu gefunden?«
Adrian tat, als sei er beleidigt.
»Selbstverständlich haben wir sie gefunden«, grinste er. »Wir sind die ESA, oder haben Sie das vergessen?«
»Stimmt. Die Wahrheit ist immer schlimmer als das Gerücht. Wo befindet sie sich?«
Adrian rief per Datavis den Beamten, der die Überwachung Mzus leitete.
Dann sagte er: »Sie hat sich unmittelbar nach
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