Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
mein Wille und meine Entschlossenheit die gleichen sein werden, sollte ich in einem anderen Körper zurückkehren. Ich werde keinen neuen Alchimisten bauen. Der Grund für die Existenz des ersten besteht nicht mehr, deswegen muß auch er verschwinden.«
Voi bog die Knie, um Alkad besser in die Augen sehen zu können, als würde sie dadurch tiefer in die Psyche der Wissenschaftlerin blicken. »Sie sind wirklich fest dazu entschlossen, nicht wahr? Sie wollen sich tatsächlich umbringen.«
»Ich denke, Kamikaze begehen wäre ein angemessenerer Ausdruck. Aber keine Angst, ich habe nicht vor, Sie mit mir zu ziehen. Ich denke nicht, daß das hier Ihr Kampf ist. Das habe ich nie geglaubt. Sie sind keine Garissaner, nicht wirklich – für Sie gibt es keinen Grund, die Hände so tief in Blut zu tauchen. Und jetzt seien Sie bitte still und beten Sie zu Mutter Maria, daß wir wenigstens noch ein wenig aus diesem Scheißhaufen retten und Sie und Lodi heil hier rausschaffen können.« Sie wandte sich an Gelai. »Falls einer von Ihnen Einwände haben sollte, so möge er bitte jetzt sprechen.«
»Nein, Doktor«, sagte Gelai mit einem schwachen Lächeln auf den Lippen. »Ich habe keine Einwände. Im Gegenteil; ich bin sehr froh, daß der Alchimist nun doch nicht gegen einen Planeten eingesetzt wird, sei es durch Sie oder durch diesen Capone. Aber glauben Sie mir, Sie werden es bereuen, wenn Sie sich töten. Wenn Sie erst das Jenseits kennen, dann ist der Druck, den Capone mit dem Versprechen eines neuen Körpers ausüben kann, nahezu unwiderstehlich.«
»Ich weiß«, erwiderte Alkad. »Aber ich hatte in meinem Leben noch nie eine große Wahl.«
Der ausgerufene Notstand hatte das Verkehrsaufkommen in der Hauptstadt Tonalas noch einmal drastisch reduziert. Normalerweise hätten die durchdrehenden Reifen des stockenden Nachmittagsverkehrs den Schnee in Matsch verwandelt und damit die Fußgänger bespritzt.
Jetzt jedoch blieben die großen Flocken auf den Fahrbahnen liegen, und die Schneedecke wurde höher. Die Arbeitsmechanoiden von Harrisburg hatten die Schlacht verloren.
Das Verkehrsamt überdachte die Auswirkungen, die der eisige Belag auf die Bremsverzögerung hatte, und ordnete eine generelle Geschwindigkeitsverringerung an, um Unfälle zu vermeiden. Die neue Verkehrsvorschrift wurde per Datavis in die Kontrollprozessoren der individuellen Fahrzeuge eingespeist.
»Möchten Sie, daß ich den Befehl für diesen Wagen neutralisiere?« erkundigte sich Keaton, als Joshua ungeduldig auf dem Sitz hin und her rutschte.
Die Antwort lautete ja, doch er sagte trotzdem nein, weil Geschwindigkeitsüberschreitung das Dümmste war, was ein verdächtiger Fremder in einem Land am Rand eines Krieges tun konnte, dem zwei Polizeifahrzeuge folgten.
Dank des Mangels an anderen Fahrzeugen war die Eskorte offensichtlich, die sich konstant fünf Meter hinter ihnen hielt. Ihre Anwesenheit hinterließ allerdings keinen besonderen Eindruck bei Joshua und seinen Begleitern. Die beiden Sergeants waren so wachsam wie Mechanoiden, während Melvyn durch die Scheiben auf die Stadt unter ihrer eisigen grauen Decke starrte, das genaue Gegenteil von Dahybi, der vornübergesunken in seinem Sitz saß, fast als würde er beten. Dick Keaton schien die Fahrt zu genießen – ein beinahe kindliches Vergnügen, das Joshua nicht wenig irritierte. Er bemühte sich, die Prioritäten seiner Mission abzuwägen, während er gleichzeitig über das nachdachte, was er Mzu sagen sollte. Eine ernste, nichtsdestotrotz nachdrückliche Aufforderung, nach Tranquility zurückzukehren. Der Hinweis, wie tief sie in der Tinte saß, und daß sein Raumschiff wartete. Nicht, daß Joshua um Worte verlegen gewesen wäre – doch diese hier waren so verdammt entscheidend. Wie genau bringt man die halb psychopathische Besitzerin einer Weltuntergangswaffe dazu, friedlich mitzukommen und keinen Aufstand zu machen?
Sein Kommunikatorblock nahm eine gesicherte Datavis-Übertragung von Ashly entgegen und leitete sie direkt in Joshuas neurale Nanonik weiter.
»Eine neue Entwicklung, Boß«, meldete Ashly. »Die edenitischen Flieger haben soeben ihre Ionenfelder aktiviert.«
»Starten sie bereits?«
»Bisher sieht es nicht danach aus. Sie stehen noch am Boden, aber in voller Bereitschaft. Die Agenten scheinen Mzu dicht auf den Fersen zu sein.«
»Mist. Irgendwelche Neuigkeiten aus dem Orbit?«
»Nicht das geringste. Die Lady Macbeth kommt erst in acht Minuten wieder über den Horizont.
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