Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
in den Berichten ausgestrahlt hatte.
Kelly lächelte fröhlich, ein in letzter Zeit selten gewordener Anblick. Und jemand, der eine Menge Kontakt mit den Kiint haben muß.
– Überprüfe bitte jede einzelne Unterhaltung, in die ein Kiint in der letzten Woche verwickelt war, befahl Ione. – Alles, was irgend jemand über Lalonde erzählt hat, ganz gleich, wie trivial es gewesen sein mag. Und wenn du nichts finden kannst, dann gehst du eine Woche weiter zurück. So lange, bis du etwas hast.
– Ich bin bereits dabei, die entscheidenden Szenen durchzugehen. Es könnte allerdings schwierig werden, weiter als vier Tage zurückzugehen. Die Kapazität meines Kurzzeitgedächtnisses reicht nur hundert Stunden zurück, danach werden Details verworfen und nur noch die augenfälligen Dinge gespeichert. Ohne diese Vorgehensweise wäre selbst meine Erinnerung nicht imstande, mit den Geschehnissen in meinem Innern Schritt zu halten.
– Das weiß ich alles selbst! Aber es kann nur ganz kurze Zeit zurückliegen, wenn Lieria sich mitten in der Nacht aufmacht und das Habitat durchquert! Ich nehme nicht an, daß die Kiint sich verbal unterhalten haben? Großvaters Garantie der Privatsphäre hat ja wohl in diesem Fall sicherlich keine Gültigkeit?
– Ich stimme dir zu. Allerdings bin und war ich nie imstande, detaillierte Affinitätskonversationen zwischen einzelnen erwachsenen Kiint zu empfangen. Bestenfalls etwas, das man als undeutliches Murmeln bezeichnen könnte.
– Mist! Wenn du dich nicht erinnern kannst, müssen wir den gesamten Stab des Laymil-Projekts heranziehen und jeden einzeln befragen.
– Das wird nicht nötig sein. Ich habe es gefunden.
»Phantastisch!« – Zeig her.
Tranquilitys Erinnerung erwachte ringsum zum Leben. Der Strand lag in strahlendem Sonnenschein, und kleine Wellen plätscherten leise über den Sand. Direkt vor ihr stand eine riesige Sandburg. Ach, du heilige Scheiße.
Jay wurde von einer Hand geweckt, die ihre Schulter sanft, aber beharrlich schüttelte. »Mami!« rief sie ängstlich. Wo auch immer sie war, es herrschte Dunkelheit, und noch dunklere Schatten hatten sich über sie gebeugt.
»Tut mir leid, meine Kleine«, sagte Kelly Tirrel leise. »Ich bin’s nur, nicht deine Mami.«
Das Entsetzen wich aus Jays Gesicht. Benommen setzte sie sich auf, zog die Beine an und schlang die Arme darum. »Kelly?«
»Jepp. Und es tut mir wirklich leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken.«
Jay sog prüfend die Luft ein, und ihre Neugier erwachte. »Was ist das für ein Gestank? Und wie spät ist es überhaupt?«
»Sehr spät. Schwester Andrews wird mich umbringen, wenn ich länger als ein paar Minuten bleibe. Sie hat mich nur reingelassen, weil sie weiß, wieviel Zeit wir beide an Bord der Lady Macbeth miteinander verbracht haben.«
»Du warst seit Ewigkeiten nicht mehr bei mir!«
»Ich weiß.« Kelly war fast überwältigt von den Emotionen, die der Vorwurf des kleinen Mädchens auslöste, der Enttäuschung in ihrer Stimme. »Ich hab’ mich in letzter Zeit nicht wohl gefühlt. Ich wollte nicht, daß du mich so siehst.«
»Und jetzt geht es dir wieder besser?«
»Sicher. Ich bin bald wieder die alte.«
»Gut. Du hast versprochen, mir die Studios zu zeigen, wo du arbeitest.«
»Und ich halte mein Versprechen auch. Hör zu, Jay, ich hab’ ein paar wirklich wichtige Fragen. Sie betreffen dich und Haile.«
»Was denn?« fragte Jay mit plötzlichem Mißtrauen.
»Ich muß wissen, ob du dich mit Haile über Lalonde unterhalten hast, ganz besonders in den letzten Tagen. Es ist sehr wichtig, Jay, wirklich. Ich würde nicht fragen, wenn es nicht so wäre.«
»Ich weiß.« Jay schürzte die Lippen und dachte angestrengt nach. »Heute morgen haben wir über Religion geredet. Haile versteht nicht viel davon, und ich bin nicht sehr gut im Erklären.«
»Und über was genau habt ihr geredet?«
»Es ging darum, wie viele Götter es gibt. Ich hab’ Haile von diesem Tempel des Schlafenden Gottes erzählt, den die Tyrathca gebaut hatten, du erinnerst dich? Du hast mir die Aufzeichnung gezeigt. Haile wollte von mir wissen, ob es der gleiche Gott ist wie unser Jesus.«
»Natürlich!« entfuhr es Kelly. »Es ging nicht um menschliche Besessene, es ging um die Tyrathca! Und davon war in keiner Sendung etwas zu sehen.« Sie beugte sich vor und küßte Jay auf die Stirn. »Ich danke dir, Kleine. Du hast soeben ein Wunder vollbracht.«
»War das schon alles?«
»Ja. Das war alles.«
»Oh.«
»Du
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