Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
»Das Dumme ist, wir haben keinerlei Vorstellung vom Maßstab. Vielleicht eine Art Wolke um einen binären Neutronenstern herum … oder der Emissionsjet eines Weißen Lochs … das würde die Form erklären. Aber nichts von alledem könnte man als schlafend bezeichnen.«
»Noch würde es gegen menschliche Besessene helfen«, fügte Parker hinzu.
»Und doch reicht allein der Hinweis auf die Existenz dieses Schlafenden Gottes aus, um die Kiint in helle Aufregung zu versetzen«, sinnierte Ione. »Und die Kiint sind eine Rasse, die Monde bauen können. Monde.«
»Glauben Sie, dieser Schlafende Gott könnte auch uns helfen?« wandte sich Kelly an den alten Astronomen.
»Eine gute Frage, Ma’am«, antwortete Kempster. »Eine extrem nüchterne Rasse denkt, dieses Wesen könne ihnen gegen die Besessenen helfen. Ergo wäre es in der Lage, das gleiche auch für uns zu tun. Obwohl die Begegnung Jahrtausende her sein muß. Wer weiß, wie die Begebenheit im Lauf dieser gewaltigen Zeitspanne verändert wurde, selbst von einem Volk wie den Tyrathca? Und wenn es ein Ereignis war und kein Objekt oder Wesen, dann ist dieses Ereignis inzwischen wahrscheinlich zu Ende. Vergessen Sie nicht, daß die Astronomen der Konföderation unsere Galaxis inzwischen recht sorgfältig kartographiert haben. Sie hätten ganz bestimmt jegliche Anomalie in einem Umkreis von zehntausend Lichtjahren erwähnt. Aus diesem Grund neige ich zu der These, daß es sich in der Tat um ein inertes Objekt handeln muß. Ein wunderbares Puzzle, das Sie uns da mitgebracht haben, junge Frau, alles was recht ist. Ich würde zu gerne wissen, was genau das ist, was die Tyrathca da gefunden haben.«
Kelly winkte ungeduldig ab und beugte sich vor. »Sehen Sie?« wandte sie sich an Ione. »Es ist wichtig, wie ich es gesagt habe. Und jetzt habe ich Ihnen genügend Informationen geliefert, damit Sie weitermachen können, oder?«
»Ja«, erwiderte Ione mit unerwarteter Schroffheit.
»Und? Erhalte ich jetzt meine Fluggenehmigung?«
»Was hat das zu bedeuten? Was für eine Fluggenehmigung?« fragte Parker.
»Kelly möchte den Jupiter besuchen«, erklärte Ione. »Und dazu benötigt sie meine offizielle Genehmigung.«
»Kriege ich jetzt die verdammte Genehmigung oder nicht?« Kelly brüllte fast.
Ione rümpfte indigniert die Nase. »Ja. Und jetzt schweigen Sie bitte, es sei denn, Sie haben etwas zum Thema beizutragen.«
Kelly warf sich wieder zurück in das Sofa, und auf ihrem Gesicht stand ein furchterregendes Grinsen.
Parker musterte sie für einen Augenblick. Es gefiel ihm nicht im geringsten, was er sah, doch er verbiß sich einen Kommentar. »Die Hinweise, die wir bisher finden konnten, sind bestürzend mager, doch nach meinem Empfinden handelt es sich bei dem Schlafenden Gott eindeutig nicht um ein natürliches Objekt. Vielleicht ist er eine funktionierende Von-Neumann-Maschine; sie würde ohne Zweifel die gottgleichen Fähigkeiten besitzen, die ihr von jeder Kultur mit unterlegener Technologie zugeschrieben würden. Oder vielleicht, wie ich bedauerlicherweise nicht ausschließen kann, handelt es sich auch um eine Art von alter Waffe.«
»Möglicherweise also ein Artefakt, der imstande ist, die Besessenen durch den interstellaren Raum hindurch zu attackieren. Das ist ein wirklich ziemlich beunruhigender Gedanke«, sagte Kempster Getchell. »Obwohl das Attribut ›Schlafend‹ in diesem Fall zugegebenermaßen eher angemessen erscheint.«
»Wie Sie ganz richtig sagen«, erwiderte Ione, »besitzen wir nicht annähernd genug Informationen, um zu diesem Zeitpunkt über wildes Raten hinaus zu Ergebnissen zu gelangen. Wir benötigen weitere Informationen, und dabei gibt es ein ernstes Problem. Die Tyrathca haben jeden Kontakt zu uns Menschen abgebrochen. Ich wüßte nicht, wie wir an diese Informationen kommen könnten, ohne die Tyrathca zu fragen.«
»Und ich würde ganz dringend zu dieser Vorgehensweise raten. Die bloße Möglichkeit, daß der Schlafende Gott Wirklichkeit ist und vielleicht sogar imstande, in welcher Weise auch immer die Besessenen zu schlagen, verlangt nach weiterer Untersuchung. Wenn wir vielleicht …« Seine Stimme erstarb, als Iones Hände sich in die Lehnen ihres Sessels krallten und ihre weit aufgerissenen blauen Augen etwas ausdrückten, von dem Parker niemals geglaubt hätte, es an einer Person wie ihr zu sehen: nacktes Entsetzen.
Meredith Saldana schwebte auf die Brücke der Arikara. Jede einzelne Beschleunigungsliege in der
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