Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Ihrer Existenz.«
Alkad wandte sich wieder der Nachrichtensendung zu. Ein Reporter wanderte vor der Kamera durch eine der großen öffentlichen Hallen des Ayacucho. Die Sticker klebten überall. Ein Reinigungsmechanoid bemühte sich, einen der Sticker von der Wand zu lösen, doch die Chemikalien waren nicht imstande, den Kleber aufzuweichen. Schwarzes halb aufgelöstes Plastik tropfte an der Wand herab.
»Es ist, als wäre eine Seuche ausgebrochen«, berichtete der Reporter vergnügt. »Die ersten dieser Sticker sind vor etwa sechs Stunden aufgetaucht. Und wenn ich es nicht besser wüßte, so würde ich sagen, sie haben sich vermehrt wie Bakterien. Die Polizei hat mitgeteilt, daß die Sticker an Kinder ausgehändigt werden, und Beamte sind gegenwärtig damit beschäftigt, die Aufzeichnungen der Sicherheitsmonitore in dem Versuch zu überprüfen, die Verteiler zu identifizieren. Allerdings habe ich von vertraulichen Quellen im Büro des Polizeipräsidenten erfahren, daß man überhaupt nicht genau weiß, ob ein Gesetzesverstoß vorliegt.
Die Frage, die sich gegenwärtig jeder stellt, lautet: Wer ist diese Alkad, und vor wem läuft sie weg?«
Das Bild wurde dunkel, und dann war wieder der Nachrichtensprecher des Studios zu sehen. »Unsere Nachforschungen sind auf eine mögliche Antwort für das Geheimnis gestoßen«, sagte er mit ernster Baßstimme. »Zum Zeitpunkt des Genozids an der Bevölkerung Garissas arbeitete eine gewisse Dr. Alkad Mzu bei der nationalen Navy an fortschrittlichen Verteidigungswaffen. Man sagt, Mzu habe den Genozid überlebt und die letzten dreißig Jahre unter falschem Namen an der Universität der Dorados Physik gelehrt. Doch jetzt haben ausländische Geheimdienste als Reaktion auf omutanische Propaganda damit begonnen, sie zu jagen – unter dem Vorwand, sie würde illegale Technologien verbreiten. Ein Mitglied des Regierenden Rates der Dorados, das namentlich nicht genannt werden mochte, sagte heute: ›Diese Handlungsweise stellt eine gravierende Verletzung unserer nationalen Souveränität dar. Ich empfinde die Tatsache als geradezu obszön, daß die Omutaner derartige unhaltbare Anschuldigungen gegen eine unserer Bürgerinnen erheben können, noch dazu eine Frau, die ihr Leben der Erziehung unseres intelligentesten Nachwuchses gewidmet hat. Wenn den Omutanern nach dreißig Jahren der Sanktionen keine andere Verhaltensweise uns gegenüber einfällt, dann muß sich die Konföderation fragen lassen, warum sie die Blockade gegen Omuta überhaupt aufgehoben hat. Es ist doch offensichtlich, daß die Strafe nicht den erwarteten Zweck erfüllt und die aggressive Politik der omutanischen Regierung gedämpft hat. Das gegenwärtige Kabinett jedenfalls ist nichts weiter als ein neuer Hut auf einem alten Kopf.‹
Das Ratsmitglied fuhr fort und sagte, falls diese Alkad Mzu vor seiner Haustür auftauchte, würde er ihr ganz sicher Unterschlupf gewähren, genau wie jeder wahre Bürger der Dorados auch, und man würde nicht eher Ruhe geben, als bis alle ausländischen Agenten aus den Dorados ausgewiesen worden seien.«
»Heilige Mutter Maria!« stöhnte Alkad.
Sie schaltete den Holoschirm ab und ließ sich auf das Bett fallen. Die Kapuze des Chamäleonanzugs hing über ihre Schulter nach vorn. »Ich glaube das einfach nicht. Mutter Maria, sie machen mich allen Ernstes zu einer Medienberühmtheit!«
»Das steckt mein Onkel dahinter«, sagte Lodi. »Haben Sie den positiven Unterton in den Berichten bemerkt? Mutter Maria, man würde Sie glatt als Präsidentin nominieren, wenn wir hier wählen dürften.«
»Ihr Onkel?«
Er zuckte zusammen. »Ja, sicher. Cabral ist mein Onkel. Er ist zu Geld gekommen, indem er den kleingeistigen Garissanern nach dem Mund geredet hat. Sehen Sie sich doch um, die Leute, die hier leben. Sie saugen es begierig in sich auf.«
»Er muß wahnsinnig sein! Was glaubt er denn, was er da macht? Wie kann er mich so in das Licht der Öffentlichkeit stellen!«
»Er mobilisiert öffentliche Unterstützung für Sie. Diese Art von Propaganda macht den Geheimdiensten, die hinter Ihnen her sind, das Leben richtig schwer. Wer jetzt noch versucht, Sie gegen Ihren Willen vom Ayacucho zu verschleppen, wird von den Bewohnern gelyncht!«
Sie starrte ihn fassungslos an. Dieses eifrige Gesicht, aus dem so viel innere Wut und zugleich jugendliche Unschuld sprach. Ein Kind der gescheiterten Revolutionäre. »Wahrscheinlich haben Sie recht, Lodi. Es ist nur … ich hätte niemals gedacht, daß
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