Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
genaue Gegenteil von einer Krönung. Quinn hob die silberne Kappe mit einer beinahe ehrfürchtigen Sanftheit vom Schädel des Bandenchefs. Sie löste sich mit einem weichen, schmatzenden Geräusch. Der Knochen darunter war von klebrigem, rotem Schleim überzogen. Lymphatische Flüssigkeiten tropften über Twelve-T’s Gesicht und vermischten sich mit seinen Tränen.
Lawrence nahm die Schädelkappe von Quinn entgegen, indem er sich wie ein Hoffnarr des Königs verhielt. Ein leises irres Lachen entwich den Lippen des Jungen, als er dem geschlagenen Twelve-T die verspiegelte Kappe vor die Nase hielt, um sicherzustellen, daß er darin seine Erniedrigung zum impotenten Vasallen beobachten konnte.
Quinns Hände senkten sich erneut. Diesmal gab es ein lauteres Geräusch, als der Schädelknochen aufbrach. Er hob die Schädeldecke in die Höhe und lächelte die blutige Trophäe an. Twelve-T’s ungeschütztes Gehirn glitzerte ihn an, eingehüllt in empfindliche Membranen und Flüssigkeiten, die sich zwischen den dicht gepackten Windungen aus Gewebe sammelten.
»Jetzt kann ich ganz genau im Auge behalten, was du denkst«, sagte Quinn.
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4. Kapitel
»Also ist eure Gruppe gar nicht wirklich organisiert?« erkundigte sich Alkad.
»Doch, wir sind organisiert«, beharrte Lodi Shalasha. »Aber nicht formell. Wir sind lauter Gleichgesinnte, die miteinander in Verbindung stehen und sich gegenseitig helfen.«
Alkad schlüpfte in die Hosenbeine ihres Chamäleonanzugs. Das Gewebe war noch immer ein wenig feucht vom Schweiß der vergangenen Nacht. Sie rümpfte unbehaglich die Nase, ohne ihre Ankleidebemühungen jedoch einzustellen. »Sie haben gesagt, Sie hätten Juniorkader; diejenigen, die für uns die Spinnen beseitigen. Das klingt in meinen Ohren wie eine richtig hierarchisch geordnete Untergrundorganisation.«
»Nicht wirklich. Einige von uns arbeiten in den Tagesstätten. Auf diese Weise halten wir die Erinnerung der Kinder an den Genozid wach. Niemand darf vergessen, was man uns angetan hat.«
»Da stimme ich Ihnen voll und ganz zu.«
»Tatsächlich?« Er klang überrascht.
»Allerdings. Die ursprünglichen Flüchtlinge scheinen alles vergessen zu haben. Das ist schließlich der Grund, aus dem ich im Augenblick in dieser Klemme stecke.«
»Keine Sorge, Doktor. Voi wird Ihnen helfen, den Ayacucho zu verlassen.«
»Vielleicht.« Alkad war sich sicher, daß das Schlafprogramm wirklich das beste für Voi gewesen war. Als die junge Frau am Morgen aufgewacht war, war ihre Stimmung zwar noch immer gedrückt, aber sie hatte wieder klar denken können. Sie trauerte um ihren Vater, wie es sein sollte, aber es beeinträchtigte ihre geistigen Fähigkeiten nicht mehr.
Beim Frühstück hatte Alkad erklärt, wo ihre Prioritäten lagen: Sie wollte so schnell wie möglich von den Dorados verschwinden, nachdem die Geheimdienste von ihrem Aufenthaltsort erfahren hatten; ansonsten war da die immer noch vorhandene Notwendigkeit, ein kampftüchtiges Schiff zu organisieren (sie brachte es nicht über sich, den Alchimisten zu erwähnen).
Eine Besatzung, die ausschließlich aus garissanischen Patrioten bestand, war wahrscheinlich zuviel verlangt, also würden es auch Söldner tun. Sie hatten zu dritt über die möglichen Optionen geredet, und dann hatten Voi und Lodi angefangen zu überlegen, wen sie wegen der Einzelheiten am besten kontaktieren sollten.
Schließlich war Voi aufgebrochen, um ein Raumschiff zu organisieren. Es war viel zu riskant für Alkad, sich wieder mit ihr blicken zu lassen. Als Paar waren sie zu auffällig, ganz gleich, wie gut der Chamäleonanzug ihre äußeren Merkmale verbergen mochte.
»Hey, Sie haben es tatsächlich bis in die Nachrichten geschafft!« Lodi wedelte aufgeregt mit seinem Kommunikatorblock. Er hatte ein Suchprogramm gestartet, um die Nachrichtensendungen nach wichtigen Einzelheiten zu filtern. »Schalten Sie auf Cabral NewsGalactic.«
Alkad zwängte ihre Schultern in den Anzug, dann aktivierte sie per Datavis den Holoschirm des Raums und schaltete den entsprechenden Kanal ein.
Cabral NewsGalactic zeigte einen holomorphen Sticker mit einer jungen Frau darauf, die begeistert ihren silbernen Stock schüttelte und dazu rief: »Lauf, Alkad, lauf!«
»Heilige Mutter Maria!« murmelte Alkad. »Ist das das Werk Ihrer Gruppe?«
»Nein! Ehrenwort, ich schwöre. Ich habe diesen Sticker noch nie gesehen! Außerdem weiß außer Voi und mir niemand Ihren Namen. Keiner von den anderen ahnt etwas von
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