Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
sendet.
Ione verspürte einen Anflug von Sorge. – Vielleicht hast du recht. Wenn irgend jemand um deine wahren Fähigkeiten weiß, dann sind es meine königlichen Verwandten.
– Ich bezweifle, daß er mit einem unehrenhaften Ansinnen gekommen ist.
Ione mußte die letzten zwanzig Meter rennen, während sie noch an dem Verschluß ihres Kostüms nestelte. Sie hatte sich für ein formelles grünes Geschäftskostüm aus Tropical entschieden, zusammen mit einer unifarbenen Bluse; schick, aber nicht herrschaftlich. Der Versuch, Prinz Noton mit Kleidung zu beeindrucken, so vermutete sie, war reine Zeitverschwendung.
Der Waggon war bereits in der Vakstation des De-Beauvoir-Palastes eingelaufen, Iones offiziellem Regierungssitz. Zwei Sergeants eskortierten den Prinzen und sein Gefolge durch die lange Halle. Ione rannte auf Socken durch das Audienzzimmer, warf sich hinter dem Schreibtisch in ihren Sessel und zog hastig die Schuhe über.
– Wie sehe ich aus?
– Wunderschön.
Sie verzog angesichts der mangelnden Objektivität das Gesicht und strich sich mit der Hand das Haar nach hinten. – Ich wußte, daß ich noch einmal zum Friseur hätte gehen sollen. Sie warf einen Blick in die Runde, um das Arrangement zu überprüfen. Vor dem Schreibtisch waren sechs hochlehnige Sessel aufgestellt. Menschliche Dienstboten bereiteten in einem der informellen Empfangsräume ein Büfett vor (Hausschimps wären wohl ein Fauxpas gewesen angesichts der Haltung, die das Königreich gegenüber BiTek einnahm). – Die Beleuchtung ist zu grell.
Die Hälfte der vom Boden bis zur Decke reichenden Lichtpaneele wurde dunkel, die andere veränderte ihren Brechungswinkel. Zehn große helle Flächen erstrahlten in Richtung des Schreibtisches und hüllten sie in einen warmen astralen Glanz. – Das ist zuviel … o verdammt!
Die Flügeltüren schwangen auf. Ione erhob sich aus ihrem Sessel, als Prinz Noton eintrat.
– Geh um den Schreibtisch herum und begrüße ihn. Vergiß nicht, daß du zur Familie gehörst, und rein technisch betrachtet hat es nie einen Bruch zwischen uns und dem Königreich gegeben.
Ione tat, wie ihr geheißen, und setzte ein neutrales Lächeln auf von der Sorte, die sich jederzeit in Herzlichkeit oder Eis verwandeln konnte. Es lag ganz an ihrem Besucher.
Sie streckte ihm die Hand entgegen. Prinz Notons Zögern war nahezu unmerklich, doch dann erwiderte er ihren Gruß höflich-formell. Seine Augen hefteten sich auf ihren Siegelring.
»Willkommen in Tranquility, Prinz Noton. Ich fühle mich sehr geschmeichelt, daß Alastair mich durch den Besuch eines so hochrangigen Verwandten ehrt. Ich wünschte nur, wir hätten uns in glücklicheren Zeiten kennengelernt.«
Das Gefolge des Prinzen blickte starr geradeaus. Hätte Ione es nicht besser gewußt, sie hätte geglaubt, sie würden beten.
Prinz Noton brauchte peinlich lange, um zu antworten. »Es ist eine Ehre, meinem König durch mein Herkommen zu dienen.«
Ah! »Touché, Cousin«, entgegnete sie gedehnt.
Ihre Blicke durchbohrten sich, während der Stab des Außenministeriums nervös das Geschehen beobachtete.
»Sie mußten eine Frau sein, wie?«
»Selbstverständlich. Obwohl es, wie ich gestehe, reiner Zufall war. Daddy hatte keine exo-uteralen Kinder. Die familiäre Tradition des erstgeborenen Saldanas kam nicht zum Tragen.«
»Sie hassen Traditionen?«
»Im Gegenteil. Ich bewundere Tradition. Ich halte viele unserer Traditionen aufrecht. Allerdings bin ich nicht bereit, Traditionen nur um ihrer selbst willen zu tolerieren.«
»Dann sind Sie jetzt sicherlich in Ihrem Element. Überall in der Konföderation zerfällt die hergebrachte Ordnung.«
»Das, mein lieber Noton, war unterhalb der Gürtellinie.«
Er nickte schroff. »Verzeihung. Ich weiß nicht, warum Alastair mich für diese Mission ausgewählt hat. Diplomatie war nie meine Stärke.«
»Diese Frage kann ich Ihnen leider nicht beantworten. Aber ich denke, er hat eine gute Wahl getroffen. Bitte nehmen Sie doch Platz.« Sie kehrte zu ihrem eigenen Sessel zurück. Tranquilitys Sensoren zeigten ihr die erleichterten Gesichter von Notons Gefolge hinter ihrem Rücken. »Was genau möchte Alastair von mir?«
»Diese Dinger.« Prinz Noton deutete in Richtung eines Sergeants. »Ich bin beauftragt, Sie um ihre DNS-Sequenz zu bitten.«
»Wozu denn das?«
»Ombey.«
Sie lauschte mit wachsendem Unbehagen, während Prinz Noton und die Mitarbeiter des Außenministeriums von Kulu die Einzelheiten der geplanten
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