Armageddon 04 - Der Neutronium-Alchimist
Befreiung von Mortonridge erläuterten. – Glaubst du, es könnte funktionieren?
– Ich besitze nicht die Informationen der Königlichen Navy, deswegen kann ich nichts mit absoluter Gewißheit sagen. Aber die Königliche Navy würde sich nicht auf ein solches Unternehmen einlassen, wenn sie sich des Ausgangs nicht sicher wäre.
– Ich kann nicht glauben, daß das der richtige Weg sein soll, um Menschen zu retten, die von Possessoren besessen sind. Sie werden Mortonridge zerstören, und dabei werden viele ihr Leben verlieren.
– Niemand hat je behauptet, daß Krieg eine saubere Sache ist.
– Und warum dann das alles?
– Weil es in der Regel nicht um die Sache selbst, sondern um ein politisches Ziel geht. In diesem Fall sogar ziemlich sicher.
– Also kann ich es verhindern? Falls ich mich weigere, Alastair die Sequenz zu geben?
– Du kannst mit der Stimme der Vernunft sprechen, das ist gewiß. Aber wer würde es dir danken?
– Beispielsweise die Menschen, die nicht ihr Leben verlieren?
– Die Menschen, von denen du sprichst, sind gegenwärtig von fremden Mächten besessen, und sie würden jedes Opfer auf sich nehmen, um diesen Zustand zu beenden. Sie verfügen nicht über den Luxus deiner akademischen Moralvorstellungen.
– Das ist nicht fair! Du kannst mich nicht verurteilen, weil ich ein Blutvergießen verhindern will!
– Nicht, wenn du eine Alternative anzubieten hast. Ansonsten würde ich empfehlen, ihnen die Sequenz zu geben. Selbst wenn du dich in Ausreden flüchtest, würdest du die Befreiungsaktion nicht verhindern. Du würdest nichts weiter erreichen als eine Verzögerung von ein paar Wochen, während die Edeniten einen geeigneten Servitor entwickelten.
– Du weißt verdammt genau, daß ich keine andere Wahl habe!
– Das ist Politik, Ione. Du kannst nicht verhindern, daß Mortonridge befreit wird. Indem du dabei hilfst, wirst du zu einer wertvollen Verbündeten, vergiß das nicht. Du hast gelobt, diejenigen zu schützen, die in mir leben. Und möglicherweise benötigen wir dazu fremde Hilfe.
– Nein, tun wir nicht! Du allein von allen Habitaten bist der letzte Zufluchtsort vor den Besessenen.
– Selbst das ist nicht sicher. Prinz Noton hat ganz recht: Überall zerfällt die alte Ordnung und mit ihr die alten Gewißheiten.
– Und was soll ich tun?
– Du bist die Lady Ruin. Du triffst die Entscheidung.
Als Ione den alten Prinzen ansah, sein leidenschaftsloses Gesicht und seine ruhige Entschlossenheit, da wurde ihr bewußt, daß sie keine Wahl hatte, nie eine Wahl gehabt hatte. Die Saldanas hatten geschworen, ihre Untertanen zu beschützen, und darauf gründete die gesamte Gesellschaft Kulus. Im Verlauf der Geschichte des Königreichs hatten Hunderttausende ihr Leben gelassen, um dieses gegenseitige Vertrauen zu bewahren.
»Selbstverständlich stelle ich Ihnen die DNS-Sequenz zur Verfügung«, sagte Ione. »Ich wünschte nur, ich könnte mehr tun, um zu helfen.«
Es war eine Ironie, die Ione beinahe körperlich schmerzte: Zwei Tage nach Prinz Notons Rückreise nach Kulu meldeten sich Parker Higgens und Oski Katsura bei ihr. Sie hatten eine Aufzeichnung vom Suizid einer Raummutter gefunden.
Nahezu jegliche andere Arbeit auf dem Campus des Forschungsprojekts war zum Erliegen gekommen, so daß die Mitarbeiter der einzelnen Abteilungen beim Durchsehen der entschlüsselten Sensorium-Aufzeichnungen helfen konnten. Trotzdem schien in der Abteilung für Elektronik nicht mehr Betrieb zu herrschen als bei Iones letztem Besuch. Die Entschlüsselungsoperation war abgeschlossen, und damit konnten sämtliche Informationen, die in den Speicherclustern lagerten, in menschliche Standardwahrnehmung übertragen werden.
»Einzig und allein die Durchsicht der Aufzeichnungen stellt jetzt noch einen Flaschenhals dar«, berichtete Oski Katsura, während sie Ione in das Labor führte. »Es ist uns gelungen, sämtliche Daten aus den Speichern zu kopieren, so daß wir inzwischen permanenten Zugriff darauf besitzen. Wie sich herausgestellt hat, waren lediglich zwölf Prozent der Dateien verstümmelt, womit wir auf eine Gesamtdauer der Aufzeichnungen von mehr als achtzigtausend Stunden kommen. Selbstverständlich arbeitet eine Gruppe von Spezialisten an der Restauration der zerstörten Dateien.«
Der Laymil-Speichercluster war endgültig abgeschaltet worden. Techniker drängten sich um die transparente Schutzkuppel und lösten die Verbindungen der Klimatisierungsanlage.
»Was geschieht damit?«
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