Armageddon 05 - Die Besessenen
daran hindern.«
»Komm mit uns.«
Er wandte sich vom Fenster ab und bemerkte den ängstlichen Gesichtsausdruck seiner Schwester. Er lächelte beruhigend. »Sicher, Kleine. Kein Problem.«
Die Kombüse war einer der wenigen Räume, die Rocio nicht mit Hilfe seiner energistischen Fähigkeiten umgebaut hatte. Die Metall- und Kompositoberflächen der Einrichtung sahen kahl und zweckmäßig aus wie eh und je. Allerdings erweckte die Küche den Eindruck, als wäre eine plündernde Armee hindurchgezogen. Eine gewaltiger Berg leerer Verpackungen bedeckte den Boden, festgeklebt durch sirupartige Flüssigkeiten. Schranktüren standen weit offen und gaben den Blick auf leere Regale frei. Die Zeitschaltuhr eines Induktionsofens summte unablässig.
Eine zehnminütige Suche förderte fünf Tüten Trinkschokolade, einen Beutel Haferkuchen und eine Fertigpizza mit Anchovis zutage.
Voller Bestürzung musterte Jed den kläglichen Rest. »So ein verdammter Mist! Es ist nichts mehr zu essen an Bord!« Er wußte genau, was das bedeutete. Einer von ihnen würde sich in den Asteroiden schleichen müssen, um Vorräte aufzutreiben. Und er wußte ganz genau, wer für diese Aufgabe auserwählt werden würde.
Jay erwachte in einem wunderbar weichen Bett, eingewickelt in einen Kokon aus sauberen Baumwollaken, die schwach nach Lavendel dufteten. Es war ein warmer, dösiger Zustand, wie er stets einem langen, langen Schlaf folgte. Sie drehte sich träge um und genoß das Gefühl, mit sich und der Welt im Frieden zu sein. Irgendein kleines Objekt hatte sich unter ihre Schulter gezwängt, härter als das luxuriöse Kissen. Ihre Hand schloß sich darum und zerrte es hervor. Rauhes Fell kitzelte ihre Finger. Stirnrunzelnd schlug sie die Augen auf und betrachtete den … Teddybären. Zerfleddertes altes Ding. Sie lächelte zärtlich und legte Prince Dell neben sich. Kuschelte sich erneut in die Matratze.
Und riß die Augen weit auf. Ein Nebel aus grauem Licht drang durch einen unifarbenen navyblauen Vorhang. Er erleuchtete ein hübsches Zimmer mit Holzboden und einer schiefen Decke, die von mächtigen Balken getragen wurde. Die Wände bestanden ebenfalls aus Holz und waren in einem samtenen Grün gestrichen. Landschaftsbilder in Wasserfarben hingen in hübschen Rahmen, doch es gab auch ein paar vergilbte historische Photographien mit Menschen in Kostümen, wie man sie nur noch in didaktischen Geschichtskursen fand. Ein glasiertes Waschbecken mit Messingarmaturen stand auf einem Untergestell in der Ecke, daneben hing ein Handtuch. Am Fußende des Bettes bemerkte Jay einen Korbstuhl mit ein paar dicken Kissen darin. Im Hintergrund war das leise Rauschen von Wellen zu hören, die sich sanft an einem Strand brachen.
Sie warf das Laken beiseite und glitt aus dem Bett. Ihre Füße berührten warmen Teppich, und sie tappte hinüber zum Fenster. Vorsichtig hob sie den Vorhang zuerst an einer Ecke, bevor sie ihn weit auseinanderriß. Der Strand lag noch immer da: Ein kurzes Stück Rasen, das in weißen Sand überging, gefolgt von wunderbarem türkisfarbenem Wasser, das sich bis in den in schwachem Dunst liegenden Horizont erstreckte. Über dem Dunst erhob sich ein strahlend blauer Himmel, so weit das Auge reichte – und mitten in diesem Himmel der gigantische Bogen aus hell strahlenden silbernen Planeten. Jay lachte voll staunender Verzückung. Es war real. Es war tatsächlich real!
Die Schlafzimmertür führte in einen Gang hinaus. Jay preßte Prinz Dell an sich und rannte los, hinaus auf die Veranda des Chalets. Der Saum ihres Nachthemds flatterte um ihre nackten Füße. Draußen schlugen Hitze und salzige Feuchtigkeit und grelles Sonnenlicht über ihr zusammen. Sie sprang die Treppen hinunter und auf das Gras, tanzend und jubilierend. Der Sand war so heiß, daß sie von einem Bein aufs andere hüpfend wieder auf das Gras zurückkehrte. Sie warf einen verzweifelten Blick auf das phantastische Wasser. Wie wunderbar es doch gewesen wäre, direkt hineinzuspringen! Haile würde diesen Ort lieben!
»Einen schönen guten Morgen, kleine Jay Hilton.«
Sie schrak zusammen und wirbelte herum. Einen halben Meter über ihrem Kopf schwebte eine der roten Kugeln, die sie bereits in der letzten Nacht gesehen hatte. Verblüfft zog sie die Nase kraus. Die Kugel schien das Opfer eines talentierten Graffiti-Künstlers geworden zu sein, der ihr zwei schwarz-weiße Cartoonaugen unter schwarzen Augenbrauen aufgepinselt hatte. Weitere schwarze Linien imitierten
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