Armageddon 05 - Die Besessenen
eine Stupsnase, und der Mund war ein geschwungener Halbkreis, der von lachenden Kommas begrenzt wurde. »Was bist du?« fragte Jay.
»Na ja, weißt du, mein Name ist Mickey. Ich bin ein Universalversorger. Aber kein gewöhnlicher, sondern ein ganz spezieller. Ich gehöre dir.« Der Mund bewegte sich synchron zu den Worten.
»Ach ja?« fragte Jay mißtrauisch. Dieses alberne Gesicht wirkte viel zu fröhlich für ihren Geschmack. »Und wozu ist ein Universalversorger gut?«
»Na, zum Versorgen natürlich.«
»Du bist eine Maschine.«
»Schätze, du hast recht«, sagte die Kugel mit einem dämlichen Grinsen.
»Ich verstehe. Und womit willst du mich versorgen?«
»Mit allem, was du dir wünschst. Jedes materielle Objekt, einschließlich Nahrung.«
»Sei nicht so albern. Du bist winzig, was, wenn ich mir … wenn ich mir einen Vakzug-Waggon wünschen würde?«
»Warum solltest du einen Vakzug-Waggon haben wollen?«
Jay starrte die Kugel herablassend an. »Ich will eben einen. Einfach so.«
Das Gesicht der Kugel nahm einen Ausdruck von gehorsamer Ergebenheit an. »Oh. Okey-dokey, meinetwegen. Aber es dauert eine Viertelstunde, den Waggon zusammenzusetzen.«
»Na und?« schnarrte Jay.
»Hey, das sind eine Menge kompliziertet Teile innen drin, weißt du?«
»Stimmt.«
»Hättest du nach etwas Einfacherem gefragt, hätte ich es dir auf der Stelle liefern können.«
»Also schön. Ich möchte die Diana-Statue aus der Pariser Arkologie. Das ist nur ein Klumpen behauener Felsen.«
»Nichts leichter als das.«
»Äh …« brachte Jay noch hervor.
Mickey jagte über den Strand, zu schnell, als daß sie ihm hätte folgen können. Sie wirbelte schwankend herum, gerade noch rechtzeitig, um zu sehen, wie sich die Kugel aufblies. Bei einem Durchmesser von zehn Metern sah das alberne Cartoongesicht gar nicht mehr so freundlich und harmlos aus, wie es über ihr aufragte. Ein paar Schuhe kamen unten am Boden der Kugel zum Vorschein. Sie waren so lang, wie Jay groß war. Mickey fing an, sich in die Luft zu erheben, und Beine wurden sichtbar, ein Rumpf …
… und dann stand die fünfzehn Meter hohe Granitstatue Dianas auf dem Strand und blickte ernst auf den Ozean hinaus. Taubenmist verunzierte ihre Schultern. Hoch über Jays Kopf schrumpfte Mickey wieder zusammen und schwebte zu ihr hinunter. Seine Mundwinkel waren in hündischer Dankbarkeit nach oben gezogen.
»Was hast du getan?« kreischte Jay voller Entsetzen.
»Dir die Statue besorgt, was denn sonst. Was ist los? Ist es die Falsche?«
»Nein! Ja!« Ihre Blicke schweiften gehetzt über den Strand. Sie sah Menschen bei den anderen Chalets und dem großen weißen Clubhaus, aber zum Glück schien es noch niemand bemerkt zu haben. Noch nicht. »Mach dieses Ding wieder weg!«
»Oh. Wie reizend!« Mickey blies sich wieder auf. Sein verletzter Schmollmund sah in diesem Maßstab schlichtweg grotesk aus. Er senkte sich auf die Statue und verschluckte sie im Ganzen. Das einzige, was noch von ihr übrigblieb: Ein paar gigantischer Fußabdrücke im Sand.
»Du bist verrückt!« schimpfte Jay, als Mickey wieder zu seiner ursprünglichen Größe geschrumpft war. »Vollkommen verrückt! Man sollte dich abschalten!«
»Warum denn das?« heulte Mickey auf.
»Weil du so etwas tust.«
»Ich hab’ doch nur getan, was du mir aufgetragen hast!« jammerte die kleine Kugel. »Schätzungsweise möchtest du jetzt auch deinen Waggon nicht mehr?«
»Genau!«
»Du solltest dir vielleicht früher überlegen, was du willst. Kein Wunder, daß sie meine Technologie nicht an die Konföderation weitergeben. Stell dir nur vor, all die Statuen, die überall herumstehen würden!« Seine Stimme nahm einen fast hysterischen Klang an. »Irgendwelche Menschen auf dieser Welt? Ja, sicher, ich sehe Millionen und Abermillionen von Obelisken, die sie aufgestellt haben, um die ehemaligen Wälder zu ersetzen.«
»Wie machst du das überhaupt?« fragte Jay in scharfem Ton. »Wie funktionierst du? Ich wette, daß du noch nie auf der Erde warst. Woher wußtest du, wie die Statue von Diana aussieht?«
Mickeys Stimme gewann ihren normalen Tonfall zurück.
»Die Kiint haben diese riesige Zentralbibliothek, weißt du? Da sind Informationen ohne Ende drin gespeichert, einschließlich eurer Enzyklopädien über Kunst und Geschichte. Ich muß nichts weiter tun als die entsprechenden Aufzeichnungen zu finden.«
»Und dann machst du sie in deinem Innern?«
»Kleinere Dinge, kein Problem. Ich bin dafür da, du
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