Armageddon 05 - Die Besessenen
seiner Ankunft auf der Erde einstecken mußte. Er war eben in der Grand Central Station eingetroffen und wollte einen Vakzug nach Paris nehmen. Es war nicht das ursprüngliche Bahnhofsgebäude auf Manhattan Island – die Insel war längst verlassen und von den Fluten überspült – doch die New Yorker waren in solchen Dingen sentimental. Es war das dritte Gebäude, das diesen alten Namen trug, fast einen Kilometer tief im Felsgestein unter Kuppel Fünf, und es bildete den Verkehrsknotenpunkt für das gesamte interkontinentale Streckennetz der Arkologie.
Einmal mehr hatte Quinn sich in das Reich der Geister zurückgezogen, um jedem Risiko einer Entdeckung auszuweichen. Plötzlich wurde ihm bewußt, wie viele Geister im Bahnhof und den anderen unterirdischen Sektionen der riesigen Arkologie spukten. Es waren Hunderte, die traurig zwischen den Strömen aus Pendlern hin und her trieben. Farblose, mutlose Gestalten, die voll Sehnsucht und Verzweiflung in die Gesichter der vorübereilenden Passanten starrten. Die Emotionen waren so überwältigend und stark, als würde jeder einzelne nach einem verlorenen Kind suchen. Sie bemerkten Quinn und starrten verblüfft zu ihm, während er über den Hauptgang in Richtung des Bahnsteigs marschierte. Er ignorierte sie vollkommen, wertlose Kreaturen, die außerstande waren, ihm bei seinem Kreuzzug zu helfen oder ihn zu behindern. Sie waren tatsächlich so gut wie tot.
Quinn befand sich noch vielleicht zwanzig Meter vor dem Aufzug nach Bahnsteig zweiundfünfzig, als die Rückkopplung von Ombey ihn traf. Der Aufprall war nicht besonders stark – er hatte in Banneths Händen viel Schlimmeres erdulden müssen. Es war die Plötzlichkeit des Angriffs, die ihn überraschte. Ohne jede Vorwarnung fand er sich laut schreiend wieder. Wogen aus Schmerz aus dem Zentrum seines Gehirns ergriffen Besitz von seinem gesamten Körper. Edmund Rigbys gefangene Gedanken wanden sich in Agonie, als sie vom Ansturm aus Qualen durchbohrt wurden.
Quinn geriet in Panik. Das Unbekannte versetzte ihm einen höllischen Schrecken. Bis zu diesem Augenblick hatte er sich für praktisch allmächtig gehalten, doch jetzt wurde er von irgendeiner verhexten Macht auf eine Art und Weise angegriffen, die ihm völlig unerklärlich war. Die Seelen im Jenseits schrien vor Entsetzen. Die Geister rings um Quinn begannen zu stöhnen und sanken betend in die Knie. Quinns Kontrolle über die energistischen Kräfte brach zusammen, als seine Gedanken sich in Chaos auflösten.
Bud Johnson hatte nicht die geringste Vorstellung, woher der Bursche so unvermittelt gekommen war. In der einen Sekunde eilte er noch auf den Aufzug zu, auf dem Weg zu seinem Zug nach San Antonio – und im nächsten kauerte ein Typ in einem eigenartigen schwarzen Umhang auf allen Vieren vor ihm auf den polierten Marmorfliesen. Es war vollkommen unmöglich. Jeder, der auf der Erde und in den Arkologien aufwuchs, entwickelte von Kindesbeinen an einen Instinkt für Menschenmengen und die unlogischen Ströme von Leibern, die ununterbrochen auf den Beinen waren. Bud wußte immer, wo sich andere Menschen in Relation zu ihm befanden, bereit, jeder möglichen Kollision auszuweichen. Niemand konnte einfach so vor ihm erscheinen.
Buds Schwung sorgte dafür, daß sein Oberkörper die Richtung beibehielt, während seine Beine vollständig blockiert waren. Er verlor das Gleichgewicht, segelte über den Kauernden hinweg und krachte mit voller Wucht auf den kalten Marmor. Sein Handgelenk gab ein splitterndes Geräusch von sich, und heißer Schmerz schoß in seinen Arm hinauf. Und Buds neurale Nanonik unternahm nichts! Nichts! Keine Axonenblocker, kein medizinischer Statusbericht, nichts. Bud stieß einen unkontrollierten Schmerzensschrei aus und blinzelte die Tränen aus den Augen, um etwas zu sehen.
Diese Tränen hätten vielleicht das eine oder andere neugierige Gesicht erklären können, das nun auf ihn herabsah. Bleich und verängstigt, mit extrem merkwürdigen Hüten auf den Köpfen. Bud blinzelte ein weiteres Mal, sein Blick klärte sich, und die Gesichter waren verschwunden. Er umklammerte seine gebrochene Hand. »Aua, mein Gott, tut das weh!« Über seinem Kopf erhob sich ein überraschtes Murmeln, in seltsamem Kontrast zu den lauten Rufen und Schreien, die sonst den Rest der Station erfüllten. Niemand schien sich um ihn zu kümmern.
»Hey, meine neurale Nanonik ist ausgefallen«, rief er. »Kann mir bitte jemand einen Arzt rufen? Ich glaube, ich habe mir
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