Armageddon 05 - Die Besessenen
Daten. Man mußte einen Planeten schon physisch auslöschen, bevor die Datenströme versiegten.
Mortonridge jedoch war kein ganzer Planet, und das Netz war isoliert von der Redundanz, die der Rest Ombeys bot. Die Position jedes einzelnen Knotens war bis auf einen Meter genau bekannt. Unglücklicherweise lagen mehr als neunzig Prozent der Knoten in verbotenem Gebiet, inmitten bebauter städtischer Flächen. Die resultierenden Verluste unter den Menschen wären entsetzlich gewesen.
Damit blieben nur noch die Kabel draußen auf dem freien Land. Viele davon waren entlang den Straßen verlegt, in tiefen langen Röhren neben oder unter hartem Carbo-Beton, doch noch mehr zogen sich quer durch unbewohntes Land, verlegt von Mechanoiden, die sich in monatelanger unbeaufsichtigter Arbeit durch Wälder und unter Flüssen hindurchgegraben hatten, und nichts auf der Oberfläche verriet ihre Existenz.
Die KI hatte die längst archivierten Dateien hervorgeholt und analysiert und die strategischen Punkte errechnet unter der Bedingung, daß in einem Umkreis von siebenhundertfünfzig Metern kein bewohnbares Gebäude stand. Angesichts der beträchtlichen Verteidigungsfähigkeiten der Besessenen wurde diese Distanz für mehr als ausreichend erachtet.
Stephanie Ash lag zitternd am Boden, unfähig, sich zu bewegen, selbst dann noch, als ihr Bewußtsein sich völlig aus der Kommunikation mit den anderen Verlorenen Seelen zurückgezogen hatte. Der Verlust war schlimmer als der Schmerz, den der Elektronenstrahlangriff auf die Wolke ausgelöst hatte. Die Einheit mit den anderen hatte ihr Hoffnung gegeben. Solange die Besessenen sich gegenseitig unterstützten, das wußte sie, blieben sie in einem gewissen Rahmen menschlich, trotz allem anderen. Doch jetzt war ihnen selbst diese zerbrechliche Sicherheit genommen worden.
»Stephanie?« rief Moyo. Seine Hand rüttelte sie sanft an der Schulter. »Stephanie, ist mit dir alles in Ordnung?«
Die Furcht und Sorge in seiner Stimme weckten Schuldgefühle in ihr. »Mein Gott, nein.« Sie schlug die Augen auf. Das Schlafzimmer war nur von einer kleinen bläulichen Flamme erhellt, die aus seinem Daumen kam. Draußen vor dem Fenster war alles in Schwärze gehüllt. »Was haben sie getan?« Sie spürte den psychischen Druck nicht mehr, der von der anderen Seite der Feuerschneise gekommen war. Nur das Tal war da, sonst nichts.
»Ich weiß es nicht. Aber es ist nicht gut.« Er half ihr auf die Füße.
»Sind die anderen in Ordnung?« Sie konnte ihre Bewußtseine spüren, schwache Funken voller Angst und Schmerz, überall im Gebäude verteilt.
»Ich schätze, es geht ihnen wie uns«, antwortete Moyo. Ein heller Blitz draußen vor dem Fenster brachte ihn zum Verstummen. Beide traten vor und sahen hinaus. Heftiges Wetterleuchten zuckte über die Unterseite der Wolke.
Stephanie erschauerte unbehaglich. Was sie so lange erfolgreich vor dem offenen Himmel abgeschirmt hatte, war nun zu einer gefährlich großen Masse viel zu dicht über ihren Köpfen geworden.
»Wir haben keine Kontrolle mehr über die Wolke«, flüsterte Moyo. »Wir haben sie losgelassen.«
»Was wird jetzt damit geschehen?«
»Es wird regnen, schätze ich.« Er warf ihr einen besorgten Blick zu. »Und das ist eine verdammt große Wolke dort oben. Wir haben sie immer größer gemacht, wie die Sicherheitswindel eines Babys.«
»Vielleicht sollten wir die Tiere reinholen.«
»Vielleicht sollten wir machen, daß wir so schnell wie möglich von hier verschwinden. Die Armee der Prinzessin wird bald kommen.«
Sie lächelte traurig. »Aber wir können nirgendwo hin. Das weißt du.«
Bis sie Cochrane, Rana und Quigley gefunden hatten, damit sie ihnen beim Fangen der Hühner und Schafe halfen, die normalerweise frei auf dem Hof herumliefen, hatte sich die Zahl der Blitze dramatisch gesteigert. Die ersten dicken Tropfen platschten herunter.
Moyo streckte die Hand aus, mit der Handfläche nach oben. Als würden sie noch eine Bestätigung benötigen. »Ich hab’s dir gesagt«, grinste er selbstgefällig.
Stephanie verwandelte ihre Strickjacke in einen Anorak, obwohl sie nicht viel Hoffnung hatte, trocken zu bleiben. Die Regentropfen waren dicker als alles, was sie jemals erlebt hatte. Sämtliche Hühner waren durch das offene Tor nach draußen gerannt, und die Schafe waren in der grauenhaften Nacht verschwunden. Stephanie wollte gerade vorschlagen, daß sie den Versuch aufgeben sollten, ihr Vieh einzufangen, als das Tageslicht nach
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