Armageddon 05 - Die Besessenen
Mortonridge zurückkehrte.
Cochrane starrte in den Himmel hinauf. Die Wolken hatten sich in durchscheinende Schleier aus grauer Seide verwandelt, und das Licht drang mitten hindurch. »Wow! Wer hat denn da die Sonne wieder eingeschaltet, Mann?« Dann zerplatzte die Unterseite der Wolke in leuchtende Splitter, die durch die Luft herabjagten. Strahlend helle Sternschnuppen zogen einen kegelförmigen Hurrikan aus violettem Licht hinter sich her. Stephanie mußte die Augen abschirmen, so hell waren sie.
»Das ist das Ende der Welt, Leute«, kreischte Cochrane aufgeregt.
Innerhalb von fünf Sekunden schlugen alle eineinhalb Millionen kinetische Harpunen ein. Eine Gruppe war auf ein Kabel gezielt, das in einer Entfernung von vier Kilometern am Tal vorbeilief, und die irrsinnige Geschwindigkeit verwandelte sich beim Aufprall in eine einzige gigantische Hitzeexplosion. Der strahlende orangefarbene Blitz ließ die Felsenklippen am Rand des Tals in schwarzer Dunkelheit versinken, doch dahinter leuchtete es lange genug auf, um die Trümmerwolke zu erkennen, die in den Himmel stieg.
»Heilige Scheiße«, grunzte Cochrane. »Dieser Mister Hiltch mag uns wirklich nicht.«
»Was war das?« fragte Stephanie. Sie konnte kaum glauben, daß sie noch immer in ihren Körpern steckten. Ein derartiger Schlag mußte alles auslöschen, was in seinen Weg geriet.
»Wahrscheinlich ein orbitales Bombardement«, antwortete Moyo. »Scheint auf Eklunds Truppen gezielt gewesen zu sein.« Er klang nicht überzeugt.
»Gezielt? Das war überall!«
»Und warum wurden wir dann nicht getroffen?« fragte Rana.
Moyo zuckte die Schultern. In diesem Augenblick erreichte sie die Schallwelle der Explosionen, ein langgezogenes Rumpeln, das laut genug war, um jedes Wort untergehen zu lassen.
Stephanie hielt sich die Ohren zu und sah erneut nach oben.
Die Wolke war in wilder Bewegung. Die gesamte Unterseite schien zu schäumen. Geisterhafte Schwaden aus leuchtender purpurner Luft, von den Harpunen erzeugt, schlängelten sich um die dicht gepackten Wolkentürme, als wollten sie sich mit ihnen vermischen, doch es gelang nie ganz, wie Flüssigkeiten verschiedener Dichten. Stephanie legte die Stirn in Falten und blinzelte, als es wieder dunkler wurde. Dichter schiefergrauer Dunst trat aus den Wolken und verschluckte sowohl die Blitze als auch die letzten Schleier von ionisiertem Dampf. Er dehnte sich aus, und es wurde rasch dunkler.
»Zurück ins Haus!« flüsterte sie, noch während die letzten Echos der Explosionen durch das Tal hallten. Alle drehten sich zu ihr um und blickten sie an. Die dicken Regentropfen waren zurückgekehrt. Ein Wind erhob sich und rupfte an ihrer Kleidung. »Los, rein. Schnell! Der Regen geht jeden Augenblick richtig los!«
Alle blickten erschrocken und angstvoll hinauf zu dem herabsinkenden Dunst, als das Begreifen einsetzte.
»Nichts!« Wütend schrie Annette Eklund den Prozessorblock an. Das primitive Diagramm auf dem Display bewies, daß der Apparat funktionierte, und doch beantwortete niemand ihre Rufe. »Wir sind abgeschnitten!«
Hoi Son untersuchte das Display seines eigenen Blocks. »Soweit ich das sehen kann, sind sämtliche Kommunikationsleitungen unterbrochen.«
»Nun werde nicht absurd! Man kann nicht ein ganzes Kommunikationsnetz ausschalten. Das ist völlig unmöglich!« protestierte Annette. Zweifel stiegen in ihr auf. »Absolut unmöglich.«
»Ich denke, genau das war die Idee hinter diesem Bombardement«, widersprach Hoi Son ungerührt. »Es war ein ziemlich spektakuläres Schauspiel, oder nicht? Sie hätten nicht soviel Aufwand betrieben ohne einen Grund dahinter. Und wir hatten von Anfang an kein vollständig funktionsfähiges Netz, lediglich die wichtigsten Knotenpunkte.«
»Verdammt! Wie zur Hölle soll ich jetzt den Widerstand organisieren?«
»Jeder hat seine ursprünglichen Befehle. Uns bleibt keine Wahl, wir müssen kämpfen. Es bedeutet nur, daß du nicht länger das Kommando über die Besessenen hast, weiter nichts.«
Unter ihrem Blick geriet selbst Hoi Sons Selbstzufriedenheit ins Wanken. »Ach, tatsächlich?« fragte sie gefährlich leise.
Draußen wurde es schnell dunkler. Annette stapfte zum großen Vorderfenster und sah hinaus. Sie hatten ein volkstümliches Restaurant mitten in Cold Overton bezogen, von wo aus die Hauptstraße in ihrer gesamten Breite einzusehen war. Draußen auf dem Marktplatz standen fünfzig Fahrzeuge geparkt, während die zugehörigen Besatzungen in den umliegenden
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