Armageddon 06 - Der nackte Gott
Zeichen für die verantwortungsvolle Politik des Bürgermeisters und seine Entschlossenheit, London nicht zu einem zweiten New York werden zu lassen. Also bitte, kooperieren Sie mit uns, und bis zum Wochenende haben wir alles wieder im Griff.
Louise schaltete angewidert ab. Noch immer keine Nachricht von Joshua.
Genevieve schnallte sich ihre Gleitstiefel um und fuhr in die Empfangshalle hinunter, um dort ihre Slalomtechnik zu perfektionieren. Louise ging mit ihrer Schwester und half ihr dabei, eine Reihe von Cola-Kartons auf dem polierten Marmor aufzubauen.
Das junge Mädchen war halb durch den abgesteckten Kurs hindurch und in voller Fahrt, als sich die Drehtür in Bewegung setzte und Ivanov Robson eintrat. Genevieve kreischte überrascht und verlor alle Konzentration. Die Beine schossen unter ihr hervor, und sie purzelte ein weiteres Mal schmerzhaft auf den Marmor. Ihr eigener Schwung ließ sie weiterrutschen, genau auf Robson zu. Sie prallte heftig gegen seine Schuhe.
»Aua!« Sie rieb sich ein Knie und die Schulter.
»Wenn du schon unbedingt mit diesen Dingern herumflitzen mußt, dann solltest du zumindest die richtige Schutzausrüstung tragen«, sagte Robson. Er streckte ihr seine mächtige Hand entgegen und zog sie wieder auf die Beine.
Genevieves Füße glitten erneut auseinander; hastig doppelklickte sie mit dem rechten Absatz, bevor sie ein weiteres Mal würdelos hinfallen konnte.
»Was machen Sie hier?« fragte sie staunend.
Er warf einen Blick zu der Empfangsdame. »Man hat mich gebeten, euch beide abzuholen.«
Louise blickte durch die Glasflächen der Drehtür. Draußen parkte ein Polizeifahrzeug mit undurchsichtigen Fenstern. Privatdetektive besaßen keine offizielle Ausnahmegenehmigung während einer öffentlichen Ausgangssperre, ganz gleich, wie gut ihre Kontakte angeblich sein mochten. »Wer hat Sie gebeten?« erkundigte sie sich leichthin.
»Jemand mit der entsprechenden Autorität.«
Louise war angesichts dieser neuerlichen Entwicklung nicht im geringsten beunruhigt. Ganz im Gegenteil, es war wahrscheinlich das allererste Mal, daß dieser Robson offen und ehrlich zu ihnen war. »Stehen wir unter Arrest?«
»Absolut nicht.«
»Und wenn wir uns weigern?«
»Bitte tun Sie das nicht.«
Louise legte den Arm um ihre Schwester. »Also schön. Wohin genau fahren wir?«
Ivanov Robson grinste munter. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Ich bin selbst gespannt, das herauszufinden.« Er begleitete sie zu ihrer Suite hinauf und drängte sie, so schnell wie möglich alles zusammenzupacken. Der Portier und zwei der Hotelpagen nahmen ihre Koffer auf und mühten sich mit ihnen nach unten.
Robson beglich ihre Rechnung an der Rezeption, nachdem er Louises halbherzigen Protest abgewehrt hatte. Dann ging es durch die Drehtür hinaus und in den Fond des Polizeifahrzeugs, während ihr Gepäck im Kofferraum verstaut wurde.
»Wirklich sehr komfortabel«, stellte Louise fest, nachdem Robson eingestiegen war und ihr gegenüber Platz genommen hatte. Das Innere des Wagens erinnerte eher an eine Luxuslimousine als an einen Streifenwagen, mit dicken Ledersitzen, Klimaanlage und einseitig durchsichtigem Glas. Halb erwartete Louise eine Cocktailbar.
»Nicht ganz ein gewöhnliches Polizeiauto, wie?« sagte Robson.
Sie beschleunigten über den Picadilly hinweg und kurvten sanft die Rampe zum Expreßweg hinauf. Jetzt endlich sah Louise all die Hologrammwerbung über den leeren Straßen tief unten am Boden, die einzige sichtbare Bewegung in der gesamten Arkologie. Die intensiven Farben und die kindische Begeisterung der Protagonisten gaben ihrer Bedeutungslosigkeit mitten zwischen all den stillen Gebäuden eine bittere Schärfe.
Der Wagen schoß über das Netz hochliegender Straßen dahin, die sich um die Wolkenkratzer wanden, und Louise stellte sich Millionen Augenpaare hinter den blanken Glasfassaden vor, die ihrem Wagen folgten. Die Menschen würden sich fragen, wohin sie fuhren und ob es vielleicht einen neuen Ausbruch von Besessenen gegeben hatte. Es gab keinen anderen Grund für die Polizei, aktiv zu werden. Nicht einmal der Bürgermeister selbst durfte sein Quartier in der Downing Street Nummer 10 verlassen, wie sein Pressesprecher an diesem Morgen hundertfach betont hatte.
Neugier machte sich unaufhaltsam in Louises Kopf breit. Sie war gespannt auf die Person, die sie aus dem Hotel hatte holen lassen. Offensichtlich war eine ganze Menge rings um sie herum vorgegangen, von der sie nichts geahnt hatte. Es
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