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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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Nase gegen die Windschutzscheibe. »Was ist mit Tieren? Gibt es noch Tiere?«
    »Das weiß niemand so genau. Ich habe schon gesehen, wie sich hier draußen etwas bewegt hat, aber es war zu weit entfernt, also könnten es auch Büschel von totem Tapegras gewesen sein, die vom Wind herumgewirbelt wurden. Es heißt, daß in einigen flutfreien Tälern Kaninchen in großen unterirdischen Bauten leben. Freunde von mir sagen, sie hätten sie gesehen, andere Fahrer. Ich bin nicht sicher, ob es stimmt. Das ultraviolette Licht müßte ihnen die Augen ausbrennen. Sie müßten an Krebs verenden. Vielleicht hat eine Rasse Widerstandsfähigkeit entwickelt; sie vermehren sich jedenfalls schnell genug, um sich anzupassen, und sie waren schon immer ziemlich hart auszurotten. Und jede Wette, daß es auch noch überlebende Ratten hier draußen vor den Kuppeln gibt.«
    »Warum fahren Sie überhaupt nach draußen?« fragte Louise.
    »Die Wartungsmannschaften haben reichlich Arbeit an den Vakzugröhren. Dann gibt es noch die ökologischen Trupps, deren Aufgabe die Beseitigung der schlimmsten Erosionsschäden ist. Sie pflanzen neues Tapegras an und reparieren Flußböschungen, die vom Wasser fortgerissen wurden.«
    »Warum?«
    »Die Arkologien expandieren noch immer, trotz aller Emigrationsbewegungen. Ich habe gehört, daß allein London noch dieses Jahrhundert zwei neue Kuppeln erhalten soll. Birmingham und Glasgow sind auch schon wieder überfüllt. Wir müssen uns um das Land kümmern, um den Boden – würden wir das nicht, würde alles ins Meer gespült und wir hätten bald Kontinente, die nur noch aus kleinen Felsplateaus bestehen. Diese Welt hat bereits genug Schaden erlitten. Stellen Sie sich vor, wie die Meere aussehen würden, wenn man zuläßt, daß all das Erdreich hineingeschwemmt wird. Nur die Ozeane halten uns noch am Leben. Ich schätze, es ist letzten Endes reiner Eigennutz, wirklich. Aber das bedeutet zumindest, daß wir niemals aufhören werden, unser Land zu behüten. Und das ist doch schon etwas Gutes, oder?«
    »Sie mögen das hier draußen, oder?« fragte Louise.
    Yves Gaynes lächelte sie glücklich an. »Ich liebe es.«
    Sie fuhren weiter durch das zerstörte Land, das geschützt unter seinem einzigen, lebenden Mantel lag. Louise empfand die Einöde als beinahe deprimierend. Das Tapegras, so stellte sie sich vor, war wie eine sterile Verpackung, welche die ursprünglichen Felder und Wälder schützte, die sich darunter verbargen. Sie sehnte sich nach etwas, das die Uniformität durchbrach, einer Spur der alten Wälder, die aus ihrem Winterschlaf erwachten und das Land einmal mehr mit Farbe und Vielfalt erfüllten. Was hätte sie nicht für den Anblick einer einzelnen stolzen Zeder gegeben: ein einziges Zeichen des Widerstands in dieser passiven Resignation vor den unnatürlichen Elementen. Die Erde von allen Planeten mit ihren technologischen Wundern und ihrem Reichtum sollte dazu imstande sein.
    Sie fuhren stetig weiter nach Norden und verließen das Tal der Themse. Yves Gaynes zeigte ihnen alte Städte und Dörfer. Die Wände der einstigen Gebäude waren nur noch schemenhaft zu erkennen, überwuchert von Tapegras, und ihre Namen verfielen zu bloßen Wegmarken, deren Koordinaten in das Leitsystem des Transporters eingespeist waren. Das Fahrzeug hatte die einfache Straße schon vor einer ganzen Weile hinter sich gelassen, als Louise schließlich in die Passagierkabine zurückkehrte und ein paar Beutel Fertignahrung zum Mittagessen erhitzte. Der Transporter fuhr inzwischen querfeldein über das Gras, und die mächtigen Reifen hinterließen zwei dunkelgrüne Spuren in der Uniformität der Landschaft. Das Land wurde zunehmend zerklüfteter, die Täler tiefer, die Hügelspitzen nackter Fels, an den sich grau-grüne Flechten klammerten. In Wasserrinnen plätscherten dampfende Bäche, und in jeder Senke hatten sich Tümpel gebildet.
    »Da wären wir«, sagte Gaynes vier Stunden, nachdem sie London hinter sich gelassen hatten.
    Ivanov Robson quetschte seinen mächtigen Leib in die Fahrerkabine hinter die beiden Schwestern und starrte mit einer Neugier nach vorn, die der von Louise und Genevieve in nichts nachstand. Mitten in der unbewohnten Landschaft erhob sich eine einzelne schmucklose geodätische Kristallkuppel mit einem Durchmesser von nahezu fünf Meilen, wie Louise schätzte; ihr Rand verlief über Hänge und durch Täler. Die Kuppel selbst war grau, als wäre sie mit dichtem Nebel angefüllt.
    »Was ist das?«

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