Armageddon 06 - Der nackte Gott
gehabt, sie gegen ihn einzusetzen. Es wäre meine letzte noble Geste gewesen. Ich war darauf vorbereitet, ihm gegenüberzutreten.«
Louise blickte rasch in die Runde, und ihre Augen suchten den Garten nach einer Spur jenes Teufels ab, dessen Gesicht sie niemals vergessen würde. Es war eine törichte Reaktion, doch der Gedanke, daß Dexter sie heimlich durch die desolate Landschaft verfolgt haben könnte, ließ sie frösteln. »Aber er ist nicht gekommen.«
»Diesmal nicht, leider. Und deswegen wäre ich froh, Sie beide mit mir zu nehmen, wenn ich von hier weggehe. Ich werde sicherstellen, daß man Ihnen eine Passage zum Jupiter gibt.«
»Sie waren es, der all meine Nachrichten an Joshua abgefangen hat!«
»Ja.«
»Ich will mit ihm sprechen. Sofort!«
»Das ist eine weitere schlechte Nachricht, fürchte ich. Er befindet sich nicht länger in Tranquility. Er ist zusammen mit einem Geschwader der Konföderierten Navy zu einem Schlag gegen die Besessenen aufgebrochen, doch selbst ich war nicht imstande herauszufinden, wie sein genauer Auftrag lautet. Sie dürfen gerne eine Nachricht an die Lady Ruin absetzen, um sich die Bestätigung einzuholen.«
»Das werde ich auch«, sagte Louise erzürnt. Sie erhob sich und streckte die Hand nach Genevieve aus. »Ich möchte jetzt spazieren gehen, das heißt, falls das nicht ebenfalls gegen Ihre Gesetze verstößt. Ich muß über all das nachdenken, was Sie gesagt haben.«
»Selbstverständlich. Sie sind meine Gäste. Gehen Sie, wohin auch immer sie mögen. In der gesamten Kuppel gibt es nichts, das Ihnen gefährlich werden könnte. Oh, abgesehen natürlich von ein paar der großen Bärenklausträucher. An einem der Bäche wächst eine Gruppe davon. Sie stechen ziemlich übel.«
»Wunderbar. Was auch immer.«
»Ich hoffe, Sie leisten mir beim Abendessen Gesellschaft? Normalerweise treffen wir uns vorher auf der Terrasse, um einen Aperitif zu nehmen. So gegen halb sieben?«
Louise vertraute ihrer eigenen Stimme nicht, deswegen schwieg sie. Mit Genevieves Hand fest in der eigenen ging sie über den Rasen davon, weg vom Swimmingpool und den vergnügten Menschen.
»Das war absolut ultra-unglaublich!« sprudelte Genevieve hervor.
»Ja. Es sei denn, er ist der größte Lügner in der gesamten Konföderation. Ich war so schrecklich dumm! Ich habe alles getan, was er wollte, wie eine dumme Marionette, die man aufziehen kann. Wie konnte ich nur jemals glauben, daß man uns mit nichts als einer Ermahnung gehen lassen würde, nachdem wir versucht haben, einen Besessenen auf die Erde zu schmuggeln? Sie exekutieren Menschen schon wegen viel kleinerer Verbrechen.«
Genevieves Gesichtsausdruck war kindlich-traurig. »Das konntest du doch nicht wissen, Louise. Wir kommen von Norfolk, und man hat uns nie etwas darüber gesagt, wie es auf anderen Welten ist. Außerdem sind wir diesem schrecklichen Quinn Dexter zweimal aus eigener Kraft entkommen! Das ist mehr, als Charlie jemals zustande gebracht hat.«
»Ja.« Das Dumme mit ihrer Wut war, daß sie sich ganz und gar nach innen richtete, gegen sie selbst. Diese Leute von B7 hatten tatsächlich alles in ihrer Macht Stehende getan, um die Erde zu schützen. Charlie hatte recht, sie war durch und durch entbehrlich. Sie hatte erst jetzt wirklich begriffen, welche Gefahr Dexter für das Universum darstellte. Und nicht die leiseste Ahnung gehabt von dem, was um sie herum geschah, mit Ausnahme einer vagen Unruhe wegen Ivanov Robson … Wie ausgesprochen dumm!
Sie spazierten über den Rasen und durch eine der Magnolienhecken, und plötzlich fanden sie sich in einem Obstgarten voller Apfelbäume wieder. Die kurzen Bäume verrieten ihr hohes Alter durch knorrige graue Rinde und verdrehte Stämme. In ihren Kronen hingen große Misteln, deren parasitäre Wurzeln das Holz darunter zu unregelmäßigen Beulen hatten anschwellen lassen. BiTek-Konstrukte, die aussahen wie Miniaturschafe mit goldbraunem Fell, grasten rings um die Bäume und trimmten auf diese Weise das Gras zu einem gepflegten Rasen.
Genevieve beobachtete eine Weile ihre trägen Bewegungen, fasziniert von ihrem niedlichen Aussehen. Ganz und gar nicht die Teufelsbrut, die der Vikar von Colsterworth bei jeder Sonntagspredigt von seiner Kanzel herab verdammt hatte. »Glaubst du, er wird uns nach Tranquility bringen? Ich würde es so gerne sehen. Und Joshua«, beeilte sie sich hinzuzufügen.
»Ich denke schon. Er braucht uns jetzt schließlich nicht mehr.«
»Aber wie kommen wir zum
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