Armageddon 06 - Der nackte Gott
Halo hinauf? Die Vakzüge und die Orbitaltürme sind deaktiviert, und Raumflugzeuge sind in der irdischen Atmosphäre längst nicht mehr gestattet.«
»Hast du denn nicht zugehört? Charlie ist die Regierung. Er kann tun und lassen, was immer er will.« Sie grinste und zog Genevieve dichter zu sich heran. »Wie ich dieses B7 einschätze, kann die ganze verdammte Kuppel hinauf in den Orbit fliegen.«
»Wirklich?«
»Das werden wir bald genug herausfinden.«
Langsam umrundeten sie das Haus, und sie schöpften Trost aus der Vertrautheit von allem. Auf der anderen Seite des Obstgartens fanden sie ein großes baufälliges Treibhaus, dessen Regale mit Tontöpfen voller Kakteen und Geranien vollgestellt waren. Ein Servitor-Schimp mit einer Schlauchspritze schlurfte durch den Mittelgang und befeuchtete Töpfe mit kleinen grünen Sprößlingen.
»Sieht so aus, als hätten sie in dieser Kuppel einen Winter«, stellte Louise fest, als sie durch die Tür nach innen spähten.
Hinter dem Treibhaus befand sich eine von Kirschbäumen gesäumte Allee. Zwei große Pfauen stolzierten unter den Ästen her, und ihre schrillen Rufe hallten durch die schwere Luft. Die Schwestern blieben stehen und beobachteten, wie einer der Vögel seinen grünen und goldenen Schwanz spreizte und den Kopf majestätisch in den Nacken legte. Die schnatternde Schar von Hennen ignorierte den Anblick und pickte ungestört unter den Bäumen weiter.
Als sie den Fahrweg überquerten, war kein Zeichen mehr von dem viersitzigen Jeep zu entdecken, genausowenig wie von Ivanov Robson. Sie kamen durch eine Lücke in einer Hecke aus weißen Fuchsienbüschen und fanden sich zurück am Swimmingpool. Charlie war aus dem Patio verschwunden.
Eine der jungen Frauen am Pool erblickte die beiden Schwestern und winkte, dann kam sie rufend herbeigerannt.
Sie war vielleicht zwei Jahre älter als Louise und trug einen purpurnen Stringtanga.
Louise wartete höflich, und ein neutraler Gesichtsausdruck verbarg ihr Unbehagen. Der Bikini war ausgesprochen knapp.
Sie versuchte den Gedanken zu verdrängen, daß kein Geschäft auf ganz Norfolk jemals ein solches Kleidungsstück verkaufen würde, aus Gründen der Schicklichkeit. Genevieve schien sich überhaupt nichts daraus zu machen.
»Hi!« sagte die junge Frau freundlich. »Ich bin Divinia, eine von Charlies Freundinnen. Er hat uns gesagt, daß ihr kommen würdet.« Sie blickte mit geschürzten Lippen auf Genevieve herab. »Magst du vielleicht ins Wasser kommen? Du siehst aus, als wäre dir heiß und langweilig.«
Genevieve sah sehnsüchtig zu der Gruppe lachender junger Leute, die vergnügt im Pool planschten. Einige von ihnen waren fast so jung wie sie selbst. »Darf ich?« fragte sie Louise.
»Äh … wir haben keine Badeanzüge.«
»Kein Problem«, sagte Divinia. »Im Umkleideraum gibt es genügend.«
»Dann geh schon.« Louise lächelte. Genevieve grinste freudig und rannte in Richtung des Hauses davon.
»Ich möchte nicht unhöflich erscheinen«, sagte Louise, »aber wer bist du?«
»Das hab’ ich dir doch schon gesagt, Süße. Charlies Freundin. Eine sehr gute Freundin.« Divinia bemerkte Louises Blicke und kicherte. Sie streckte ihre Brüste noch weiter heraus. »Wenn du welche hast, dann zeig sie auch, Süße. Sie halten schließlich nicht für ewig, nicht einmal mit genetischer Verbesserung und Kosmetik. Am Ende schlägt uns die Gravitation immer. Ehrlich, es ist schlimmer als die Steuer.«
Louise errötete so heftig, daß sie ein Blockprogramm in ihrer neuralen Nanonik aktivieren mußte.
»Tut mir leid«, sagte Divinia und lächelte zerknirscht. »Ich und mein großer Mund. Ich bin nicht an Leute mit starken Körpertabus gewöhnt.«
»Ich habe keine Körpertabus. Ich muß mich nur erst noch daran gewöhnen, wie es hier auf der Erde ist, weiter nichts.«
»Meine Güte, du armes Ding, diese Welt muß für dich schrecklich laut und aufdringlich sein, und ich bin dir auch keine besondere Hilfe.« Sie nahm Louises Finger und zog sie hinter sich her in Richtung Pool. »Komm mit, ich stell’ dich den anderen vor. Sei nicht so schüchtern. Es wird dir Spaß machen, versprochen.«
Nach einer Sekunde des Widerstands ließ sich Louise von ihr mitziehen. Man konnte nicht lange böse sein auf jemanden mit einer solchen Frohnatur.
»Weißt du, was Charlie macht?« fragte sie vorsichtig.
»O Gott, ja, natürlich, Süße. Er ist einer von den Supervisoren. Das ist schließlich der Grund, warum ich mit ihm zusammen
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