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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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nähernden Zug zuglitten. Äste und Zweige von den Hecken wurden vom Sturm aufgewirbelt und davongetragen. Sie prallten harmlos gegen den schwarzen Eisenbug der Lokomotive und wirbelten im wilden Fahrtwind an den Seiten entlang.
    Luca brüllte voll wortlosem Jubel und fügte dem vorbeijagenden Sturm die Luft aus seinen Lungen hinzu. Er hatte sich inzwischen zu einer Naturgewalt erhoben, die machtvoll an ihm zerrte. Er verschränkte die Arme mit seinen Nachbarn, und gemeinsam suchten sie Halt am Boden. Der vereinte Wille war wieder da, und mit ihm eine unvergleichliche Macht über die Luft. Jetzt, da der Wind eingesetzt hatte, konnten sie anfangen ihn zu formen, zogen seine Spitze immer weiter zusammen und richteten sie rachsüchtig gegen den Zug. Die Papierkörbe auf dem Bahnsteig zerrten und rissen an ihren Verankerungen und schwangen parallel zum Boden.
    Der Zug wurde langsamer, gebremst von der unheimlichen Wucht des horizontalen Tornados, der gegen ihn geschleudert wurde. Dampf aus undichten Flanschen und Übergängen wurde abgerissen und vermischte sich mit dem tödlichen Gas. Die Marodeure konnten nicht mehr richtig zielen; der Wind zerrte und rüttelte an den Waffen und drohte sie ihnen aus den Händen zu reißen. Die Kanonenläufe wurden aus der Zielrichtung gedrückt. Sie hatten bereits aufgehört zu feuern.
    Inzwischen hatten sich sämtliche Verteidiger zusammengeschlossen; sie alle trugen ihren Willen zum rasenden Sturm bei und lenkten ihn direkt gegen den Zug. Hundert Yards vor dem Bahnhof kamen die Waggons schwankend zum Stehen. Die Verteidiger verdoppelten ihre Anstrengungen, aufgestachelt vom Adrenalin in ihren Adern. Die eiserne Bestie wankte, als wögen die Panzerplatten nichts.
    »Wir können es schaffen!« brüllte Luca, und die Worte wurden ihm vom übernatürlichen Sturm von den Lippen gefetzt. »Macht weiter!« Es war eine Aussicht, die von allen geteilt wurde, ermutigt durch die ersten kreischenden Bewegungen der mächtigen Zugmaschine.
    Die Angreifer setzten ihre gesamten Kräfte darein, sich und die Waggons zu verankern. Sie waren einfach nicht zahlreich genug, um diesen Kräftewettbewerb zu gewinnen.
    Granitschotter von den Geleisen prasselte gegen den Zug. Die Schienen selbst wurden auseinandergerissen und gegen die Zugmaschine geschleudert, wo sie sich um den Kessel wickelten. Schwellen bohrten sich tief in die Seiten der Waggons.
    Eine Reihe von Rädern an der Seite der Lokomotive verließ den Boden. Einen Augenblick lang schwebte die Maschine reglos in der Luft, während die Insassen sich verzweifelt bemühten, die Kippbewegung zu kontern. Doch die Verteidiger verstärkten den Mahlstrom noch, den sie erschaffen hatten, und verdrehten den Waggon direkt hinter der Lokomotive um neunzig Grad.
    Hätte es sich um eine natürliche Entgleisung gehandelt, wäre die Sache damit vorbei gewesen. Doch die Verteidiger drückten weiter. Die Zugmaschine kippte erneut, und ihr zerfetztes Drehgestell zeigte direkt in den Himmel. Wütende Dampffontänen schossen aus den abgerissenen Ventilen, nur um vom Wirbelsturm augenblicklich aufgelöst zu werden. Erneut drehte sich die Zugmaschine, als der Hurrikan ihre hintere Flanke erfaßte, und fegte die verbliebenen Waggons um. Der Schwung gewann an Wucht und verwandelte die Drehbewegung in ein konstantes Rollen. Die Kupplungen zwischen den Waggons rissen ab. Die schweren Wagen verteilten sich über die Felder und walzten jeden Baum um, der in ihren Weg geriet, bis sie in Gräben und Vertiefungen knarrend liegen blieben.
    Die Zugmaschine rollte weiter und weiter, angestoßen und vorangetrieben vom Sturm, den ihre beabsichtigten Opfer entfacht hatten. Schließlich barst der Kessel und durchtrennte das mächtige Rückgrat der Lok. Eine Dampfwolke explodierte aus dem großen Riß und verschwand augenblicklich in dem kreischenden Sturm, gefolgt von einer Lawine aus Trümmern. Fragmente sehr modern aussehender Maschinerie regneten auf das zerstörte Land ringsum. Jede Illusion einer dampfgetriebenen Lokomotive war mit einem Schlag verschwunden, und halb vergraben im aufgewühlten Erdreich lag eine von Norfolks ganz gewöhnlichen achträdrigen Zugmaschinen.
    Nachdem der Wind abgeklungen war, organisierte Marcella erste Hilfe für die Opfer des heimtückischen Gasangriffs. Selbst jetzt noch schwebte ein widerlicher Gestank über den Granattrichtern. Die wenigen Besessenen aus vergangenen Jahrhunderten, die über Kenntnisse auf diesem Gebiet verfügten, meinten, es

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