Armageddon 06 - Der nackte Gott
ist mit Ihnen?« wandte sich Ivanov an Banneth. »Sollen wir ein Taxi teilen?«
»Nein danke. Ich weiß genau, wohin ich gehen muß.« Sie wandte sich ab und ging in Richtung der Aufzüge davon, die ringsum in die halbkreisförmige Wand der Kaverne eingelassen waren.
»Keine Ursache«, murmelte Louise mürrisch hinter ihr her.
»Ich schätze, sie ist Ihnen wirklich dankbar«, sagte Ivanov. »Wahrscheinlich weiß sie nur nicht, wie sie es zum Ausdruck bringen soll.«
»Sie könnte sich ruhig ein wenig mehr anstrengen.«
»Kommen Sie, wir bringen Sie beide nach Hause und ins Bett. Es war ein langer Tag.«
Quinn beobachtete, wie sich die Aufzugstüren hinter Banneth schlossen. Er machte sich nicht die Mühe, hinter ihr herzueilen – es würde relativ einfach sein, sie wiederzufinden. Köder waren niemals zu gut versteckt. Oh, nicht daß es offensichtlich wäre – er würde seine Zeit benötigen, und Ressourcen obendrein und sich anstrengen müssen. Aber ihr Versteck würde bis zu den Unterstädtern von London durchsickern, die Sektenquartiere und die Banden würden Bescheid wissen. Schließlich war das der Grund, weshalb er hergelockt worden war. London war die größte und ausgeklügeltste Falle, die jemals für einen einzelnen Mann aufgestellt worden war. Auf gewisse Weise fühlte er sich äußerst geschmeichelt. Es war ein Zeichen für den gewaltigen Respekt, den man vor ihm hatte, daß die Superbullen tatsächlich bereit waren, eine ganze Arkologie für ihn zu opfern. Sie fürchteten Gottes Bruder ganz genau so, wie Er gefürchtet werden sollte.
Er folgte Louise und ihrer kleinen verzogenen Schwester, als die beiden in Begleitung des riesigen Privatschnüfflers ihrerseits zu den Aufzügen gingen.
Louise war sehr müde, was ihr Gesicht ein wenig entspannter wirken ließ. Die Gesichtszüge waren unverstellt und natürlich, ein Zustand, der ihre Schönheit nur noch unterstrich. Quinn hätte am liebsten die Hand ausgestreckt und ihre exquisite Wange gestreichelt, um ihr Lächeln auf seine sanfte Berührung hin zu sehen. Zu sehen, wie sie ihn willkommen hieß.
Sie runzelte die Stirn und rieb sich die Arme. »Es ist plötzlich so kalt hier unten.« Der Augenblick zerbrach.
Quinn fuhr zusammen mit dem Trio nach oben, doch als sie sich in Richtung des Taxistands davonmachten, verließ er sie. Statt dessen benutzte er eine Unterführung unter der geschäftigen Straße hindurch und eilte dann eine der Hauptstraßen entlang, die sternförmig von King’s Cross aus verliefen. Ihm würde nur wenig Zeit bleiben, bevor die Superbullen die Vakstationen schlossen.
Bereits in der zweiten Nebenstraße fand er, wonach er gesucht hatte. Das Black Bull, ein kleines, billiges Pub, gefüllt mit harten Zechern. Er betrat die Kneipe und bewegte sich ungesehen zwischen den Männern hindurch, während seine erweiterten Sinne ihre Kleidung und ihre Schädel sondierten. Keiner von ihnen besaß eine neurale Nanonik, aber ein paar trugen Prozessorblocks bei sich.
Er folgte einem von ihnen auf die Toilette, wo es nur einen einzigen elektrischen Stromkreis gab: den für die Beleuchtung.
Jack McGovern stand vor dem gesprungenen Urinal und erleichterte sich, als ihn eine eisige Hand im Nacken packte und sein Gesicht mit unwiderstehlicher Kraft gegen die Wand schlug. Seine Nase brach von der Wucht des Aufpralls, und ein Blutschwall spritzte auf das schäbige Porzellan.
»Du wirst jetzt deinen Prozessorblock aus der Manteltasche nehmen«, sagte eine unsichtbare Stimme. »Dann wirst du deinen Aktivierungskode benutzen und einen Anruf für mich tätigen. Tu es jetzt oder stirb, Schwanzgesicht.«
Jack mochte vielleicht eine Ratte sein, aber der überentwickelte Selbsterhaltungstrieb gestattete seinem Verstand mit bemerkenswerter Klarheit, die beiden Möglichkeiten zu durchdenken. »In Ordnung«, murmelte er, und bei der Lippenbewegung tropfte weiteres Blut über die Wand.
Er kramte nach seinem Prozessorblock. Das kleine Gerät war mit einem Polizeinotruf gesichert, der ausgelöst wurde, indem er den falschen Aktivierungskode eingab.
Der schreckliche Griff in seinem Nacken ließ ein wenig nach, und Jack konnte sich umdrehen. Als er sah, wer sein Angreifer war, verschwand jeder Gedanke an einen Hilferuf schneller aus seinem Kopf als eine Schneeflocke in der Hölle schmelzen konnte.
Quinn kehrte nach King’s Cross zurück und teilte sich mit einer Gruppe von Vigilanten einen Lift nach unten in die große unterirdische Halle. Er
Weitere Kostenlose Bücher