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Armageddon 06 - Der nackte Gott

Armageddon 06 - Der nackte Gott

Titel: Armageddon 06 - Der nackte Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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wanderte um die geschlossenen Kioske und Verkaufsstände herum und achtete darauf, den geschäftigen Reinigungsmechanoiden nicht in den Weg zu kommen. Die Aufzüge spien immer neue Bandenmitglieder aus, die unverzüglich die Gleitstege hinunter zu den Bahnsteigen nahmen. Er behielt die Informationsholos im Auge und schenkte den Ankunftsschirmen besondere Aufmerksamkeit. Im Verlauf der beiden nächsten Stunden trafen fünf weitere Vakzüge von Edmonton ein. Die Abfahrten wurden im Gegensatz dazu weniger und weniger, bis gar keine Züge mehr London verließen.
    Um fünf Minuten nach fünf fuhr der Zug aus Frankfurt ein. Quinn ging zum Gleitsteg und wartete am oberen Ende. Sie waren die letzten, die aus dem Zug stiegen: Billy-Joe und Courtney führten eine mit Drogen betäubte Frau zwischen sich. Die beiden Akolythen hatten sich äußerlich merklich verändert und ähnelten inzwischen eher heruntergekommenen Universitätsstudenten als ungebildeten Barbaren aus der Unterstadt. Ihr Opfer, eine Frau mittleren Alters in einem zerknitterten Kostüm mit einer offenstehenden Strickjacke besaß den typischen leeren Blick eines Menschen, der unter Triazothin stand: Die Körperfunktionen völlig normal, doch das Gehirn im fortgeschrittenen Stadium der Hypnorezeption. Sie hätte auf der Stelle gehorcht, wenn man ihr jetzt befohlen hätte, von der Spitze einer Arkologiekuppel zu springen.
    Die drei bewegten sich mit zielstrebigen Schritten über den Bahnsteig und stiegen in einen Aufzug. Quinn wäre am liebsten augenblicklich materialisiert, nur um einen lauten Jubelschrei auszustoßen. Endlich wendete sich das Schicksal. Gottes Bruder hatte Seinem Messias ein weiteres Zeichen gesandt, daß er auf dem richtigen Weg war.
    Um fünf Uhr dreißig traf der sechste Zug aus Edmonton ein. Eine Notiz glitt über die Informationsholos und verkündete, daß die Strecken nach Nordamerika auf Befehl von GovCentral hin von nun an geschlossen waren. Fünf Minuten später wurden sämtliche Abfahrten annulliert. Vakzüge auf dem Weg nach London wurden nach Glasgow und Birmingham umdirigiert. London war nun physikalisch vom Rest der Erde isoliert.
    Es war schon ein wenig unheimlich, wie genau Quinns Vorhersage Wirklichkeit geworden war. Andererseits wiederum war es kein Wunder – schließlich war er von Gottes Bruder erleuchtet.
    Die Menschen kamen von den Bahnsteigen herauf; die letzten Passagiere, die Vigilanten (die sich bereits wieder mißtrauisch beäugten, nun, da der Grund für ihren Waffenstillstand vorüber war), die Polizisten auf Wache, die Bediensteten der Bahnhofsgesellschaft. Die Informationsholos über ihren Köpfen lösten sich in Luft auf wie platzende Seifenblasen, und Bildschirme wurden dunkel. Die Verkaufsstände, die vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet waren, packten zusammen, und das Personal schwatzte lebhaft, während es mit den Aufzügen an die Oberfläche fuhr. Die Gleitstege blieben stehen. Die Lichtpaneele verringerten ihren Photonenausstoß, und die große Halle versank in einem schwachen Dämmerlicht. Selbst die Ventilatoren der Klimaanlage liefen langsamer, und ihr helles Surren sank um mehrere Oktaven.
    Es war der paranoide Augenblick, den jeder Solipsist fürchtet. Die Welt war eine Bühne, die ringsum aufgebaut war, und dieser Bereich der Bühne wurde abgeschaltet, als gehörte er nicht länger zum Schauspiel. Einen Augenblick lang fürchtete Quinn, daß er nichts mehr sehen würde, wenn er zur Kuppelwand ging und nach draußen blickte.
    »Noch nicht«, sagte er zu sich selbst. »Bald. Bald genug.«
    Er warf einen letzten Blick in die Runde, dann ging er zu einer der Feuertreppen und machte sich an den langen Aufstieg zur Oberfläche und zu dem verabredeten Treffpunkt hin.
     
    Überrascht stellte Louise fest, wie sehr sie das Hotelzimmer inzwischen mit ihrem Zuhause assoziierte. Doch es war ein beruhigendes Gefühl, nach der Zerreißprobe von Edmonton wieder zurück zu sein. Teilweise, weil nun ihre Verpflichtung zu Ende war und sie ihr Versprechen gegenüber Fletcher Christian eingelöst und Banneth gewarnt hatte. Ein kleiner Schlag gegen dieses Monster Quinn Dexter (obwohl er es wahrscheinlich niemals erfahren würde). Die Tatsache, daß das Ritz so komfortabel war, half auch ein ganzes Stück weiter.
    Nachdem Ivanov Robson sie am Hotel abgesetzt hatte, schliefen die beiden jungen Frauen bis weit in den Morgen hinein. Als sie endlich nach unten gingen, um zu frühstücken, informierte die Rezeption Louise,

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