Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden
und sie berühren konnte. Meine Fingerspitzen strichen über die ineinander verflochtenen Wirbel und badeten meine Haut in einem Gefühl von feinem Pulverschnee. Es kitzelte. Der Planet stieß ein leises Klagelied aus, ein dumpfer Walgesang aus unvorstellbaren Tiefen. Ich beobachtete fasziniert, wie sich seine energetische Hülle vor mir ausbreitete, die Magnetosphäre und die Partikelstürme, und ihn umfingen wie die milchigweiße Membran eines Embryos. Sie pulsierten langsam und zogen lange Schleier hinter sich her.
Dann wurde das Pulsieren aufgeregter, heftiger. Blasen stiegen auf und platzten, und ein goldener Dunst entsprang ihnen. Ein reißendes Geräusch verwandelte sich in lauten Donner, und der Ring unter meinen Füßen bebte.
Ich ruckte aus dem Bett hoch und war augenblicklich hellwach und nüchtern. Mein Herz raste, ich schwitzte am ganzen Leib, und ich war irgendwie voller Erwartung. Ich blickte mich in unserem dunklen Schlafzimmer um. Jocelyn bewegte sich unruhig. Aber irgendjemand beobachtete mich.
Das undeutliche Bild eines Mannes, der aufrecht in seinem Bett saß und sich mit wilden Blicken umsah.
»Was ist das?«
– Bitte entspannen Sie sich, Chief Parfitt. Es gibt nichts, über das Sie sich sorgen müssten. Sie fühlen sich lediglich desorientiert und verunsichert, während Ihre Symbionten sich mit meinem neuralen Stratum synchronisieren. Es ist ein weit verbreitetes Phänomen.
Es war keine hörbare Stimme; im Zimmer herrschte absolute Stille. Mir standen die Haare zu Berge, als würde jemand elektrischen Strom über meine Haut jagen. Es war die Erinnerung einer Stimme, aber es war nicht meine Stimme. Und es geschah jetzt und hier.
»Wer bist du?«, wollte ich fragen, doch ich brachte nur ein Krächzen hervor.
– Ich bin Eden.
»Oh, Herr im Himmel!« Ich fiel auf die Matratze zurück, und jeder Muskel in meinem Körper verknotete sich. »Weißt du etwa, was ich denke?« Das Erste, was mir einfiel, war der letzte Streit mit Jocelyn. Ich fühlte, wie meine Ohren brannten.
– Sie verströmen unkontrollierte Gedankenfragmente, genau so, wie Sie einige meiner autonomen Routinen empfangen haben. Man könnte es mit einem falsch abgestimmten Radioempfänger vergleichen. Ich möchte mich für jegliche Unannehmlichkeiten entschuldigen, die ich Ihnen bereite. Der Effekt wird rasch vergehen, je mehr Sie sich an die Affinität gewöhnen.
Wieder der Jupiter, eine helle Vision von der Art, wie sie die prähistorischen Propheten gehabt haben mögen. Der Gasriese schwebte gleichmütig unter mir dahin. Der Weltraum war erfüllt von winzigen Punkten aus Mikrowellen, die leuchteten wie smaragdfarbene Sterne. Hinter jedem dieser Punkte verbargen sich die massiven Umrisse einer industriellen Raumstation oder eines Schiffs.
»So siehst du also die Welt?«
– Ich registriere jede Energie, die auf meine Schale fällt, ja.
Ich riskierte es, wieder zu atmen, das erste Mal seit Stunden, jedenfalls kam es mir so vor. »Der Innenraum. Ich möchte den Innenraum sehen. Den ganzen Innenraum.«
– Wie Sie wünschen. Ich schlage vor, Sie schließen die Augen. Es macht die Wahrnehmung einfacher, wenn Ihr Gehirn nur ein Bild interpretieren muss.
Unvermittelt materialisierte rings um mich die Parklandschaft des Habitats. Die Dämmerung setzte ein und überzog die graue Umgebung mit ihrem kalten rosa-goldenen Licht. Ich sah alles, alles auf einmal. Ich spürte, wie sich das Leben zu regen begann, wie die Insekten erwachten, die Vögel, und wie sich der Rhythmus beschleunigte. Ich erkannte die axiale Lichtröhre, ein schlankes zylindrisches Gitter aus organischen Leitern, in deren magnetischem Feld fluoreszierendes Plasma eingeschlossen war. Ich spürte, wie Energie hineinschoss, direkt aus den Induktionskabeln, die sich draußen entlang zogen. Wasser floss durch die flachen Täler, ein kühles, angenehmes Gefühl auf meiner Haut. Und im Hintergrund das ständige Gemurmel von aufwachenden Menschen, die Tausende profaner Bitten an das Habitat richteten oder es einfach nur begrüßten. Wärme. Einigkeit. Zufriedenheit. Sie waren körperlich spürbar.
»Mein Gott!« Ich blinzelte in froher Verwirrung in die dünnen Bahnen aus Licht, die sich an den Seiten der Vorhänge hinter dem Fußende des Bettes ins Zimmer stahlen. Und bemerkte, dass Jocelyn mich misstrauisch anstarrte.
»Es hat angefangen, oder?«
So niedergeschlagen und unglücklich hatte ich sie seit der letzten Fehlgeburt nicht mehr gehört. Schuldgefühle
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