Arme Milliardäre!: Der große Bluff oder Wie die amerikanische Rechte aus der Krise Kapital schlägt
den er in der Legislative angehäuft hatte, als Lobbyist zu DLA Piper zog, einer der weltweit größten Anwaltskanzleien (die auch den ehemaligen demokratischen Mehrheitsführer im Senat, Tom Daschle, beschäftigt). Armey gehörtezwar nicht selbst zum Kreis der mächtigsten Männer dieses Planeten, aber er war ein Berater dieser mächtigsten Männer. Ob in einem Buch voll marktgläubiger Aphorismen, das er 2003 veröffentlichte, oder in seinen Bemühungen um die Ausbeuterbetriebe auf den Marianen, stets stand er den Wohlhabenden hilfreich gegen die Armen zur Seite. Doch nun bittet er uns mit Tränen in den Augen darum, einmal zu bedenken, wie viel Geringschätzung und Kränkung er dafür im Verlauf seiner langen Karriere erdulden musste.
Warum soll die Welt davon überzeugt werden, dass Dick Armey ein Opfer ist? Aus demselben Grund, aus dem Glenn Beck den Geist von Martin Luther King heraufbeschwört, aus dem Paul Ryan »Nieder mit dem Big Business« ruft und aus dem Konservative ihre politischen Gegner gerne mit dem Ausdruck »Faschist« belegen: weil sie alle, bewusst oder unbewusst, eben einer Strategie folgen, die in schlechten Zeiten funktioniert.
Armeys Lobbyistengruppe FreedomWorks gibt sich beispielsweise stets große Mühe, wie eine linke Organisation aufzutreten und zu wirken. Die Idee dahinter, so Armey, ist, »nicht nur von den Gegnern auf der Linken zu lernen, sondern sie mit ihren eigenen Mitteln zu schlagen«. Nachdem die Tea Party die Republikanische Partei und dann den Kongress übernommen hat, schreiben die Führer dieser Truppe, ist der nächste Schritt, »Amerika aus den Fängen von ›The Man‹ zu befreien«, und erklären gleich hilfreich: »Dies ist der Ausdruck, den die neue Linke für das politische Establishment prägte.« Die Gruppe empfiehlt Aktivisten zur Weiterbildung, sich in die Geheimnisse der Führungstechniken der Kommunistischen Partei einzuarbeiten [17] und ein Buch des bekannten Pioniers der Nachbarschaftsarbeit, Saul Alinsky, zu lesen. Ihre Idee zu einem Marsch nach Washington bezog sie aus einem anderen ihrer Lieblingstexte, einer verbreiteten Geschichte des gewaltfreien Widerstands. Dass Demonstranten für die freie Marktwirtschaft auf die Straße strömen – das ist, man höre und staune, nach Armey und Kibbe »in Washington, D.C. etwas Radikales. Sogar Gefährliches.« Es ist so radikal und gefährlich, dass »das Establishment es gar nicht gerne sieht«. [18]
»Harte Arbeit schlägt Papis Geld«, sagen die Revolutionäre von FreedomWorks, die lustigen, listigen Gegner von Privilegien, gerne. [19]
Und in diesem Slogan steckt sogar ein Körnchen Wahrheit, sofern man »schlägt« als »schützt«, »vermehrt« oder »hegt« versteht. So ziehen sie also los, studieren kommunistische Taktiken und tun alles in ihrer Macht Stehende, um den Kampf für die Utopie der freien Marktwirtschaft wie eine legitime demokratische Protestbewegung aussehen zu lassen: Papis Geld vermehrt und verzinst sich und schlägt Purzelbäume vor Freude, Papis Geld düst im Privatjet zum Dulles Airport, immer mit einem Lächeln im Gesicht, und verhilft dir zu einer langen Karriere in der Truppe, die angetreten ist, Washington zu Fall zu bringen.
∗ Das Buch hat wenig mit echter Korruption unter der Regierung Obamas zu tun, da es nur einige Monate nach dessen Amtseinführung veröffentlicht wurde. Es beschäftigt sich vielmehr mit der dunklen Vorgeschichte der neuen Funktionsträger, besonders mit den Lobbyisten und sonstigen Getreuen, die nun mit Ämtern belohnt wurden, und suggeriert unter anderem, Michelle Obamas Vater habe einst einen Job in Chicago durch Beziehungen bekommen.
∗ Geithner ist New Yorker. Er ist auch kein besonders ausgeprägter Macho. Zudem war er die längste Zeit Republikaner, konnte also gar nicht im politischen Getriebe Chicagos mitgemischt haben.
KAPITEL 8
BROTHER, CAN YOU SPARE A DIME
Dieses Lied, das so etwas wie die Hymne der Weltwirtschaftskrise war, bringt eindrucksvoll die abgrundtiefe Hoffnungslosigkeit zum Ausdruck, die 1932 herrschte. In den Worten eines ganz normalen Arbeiters spricht es dem Patriotismus, dem amerikanischen Traum, ja dem Versprechen einer besseren Zukunft Hohn.
They used to tell me I was building a dream,
and so I followed the mob.
When there was earth to plough or guns to bear,
I was always there, right on the job.
They used to tell me I was building a dream,
with peace and glory ahead.
Why should I be standing in line,
just waiting
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