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Armee der Toten

Armee der Toten

Titel: Armee der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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es gleich sehen.« Sie stocherte mit dem Schlüssel im Schloss, drehte einmal nur, dann hörten wir ein Schnacken, und die Tür war offen.
    »So, Sie können hinein.«
    Das ließen wir uns nicht zweimal sagen. Im Haus roch es nach Holz, und das war uns nicht unangenehm. Es war so ein frischer Geruch, der uns entgegenströmte, sich aber nicht lange hielt, denn er wurde von einem anderen abgelöst.
    Ich glaubte, einen staubigen Geruch wahrzunehmen. Da hatte ich mich nicht getäuscht, denn wir mussten uns nach rechts wenden, wo sich das Atelier des Künstlers befand.
    Wir hatten das Haus von der Vorderseite betreten und auch nur sie gesehen. An der Rückseite sah es anders aus. Da war es weiter hinausgebaut worden. Bei mir in London hätte man von einem Wintergarten gesprochen, der sich dem Betrachter auftat. Doch das hier war praktisch der herausgezogene Anbau, und Licht fiel durch das große Glasfenster.
    Wie immer man sich das Atelier eines Bildhauers vorstellt, das hier kam den Vorstellungen sehr nahe. Es gab eine Leiter, es gab Sockel, auf denen noch zwei angefangene Werke standen. Ein Brennofen war ebenfalls vorhanden. Ein dicker Holztisch. Werkzeuge lagen darauf, wohl geordnet in Reih und Glied. Lappen, Tücher, Decken, ein bis zum Rand mit Kippen gefüllter Aschenbecher aus Metall – das alles bot sich unseren Augen. Jeder musste einfach das Gefühl haben, dass der Meister sein Atelier nur kurz verlassen hatte und in den nächsten Minuten zurückkehrte, um seine Arbeit wieder aufzunehmen.
    Ich sah an der Wand ein Bild. Auch auf ihm hing wie überall eine dünne Schicht aus hellem Staub.
    Svetlana bemerkte, wohin ich schaute. »Das ist Isaac Kromow.«
    Ich trat näher an das Bild heran und betrachtete es aus einem anderen Winkel. So wurde ich von der Sonne nicht zu sehr geblendet.
    Eine Vorstellung hatte ich mir von Kromow eigentlich nicht gemacht. Aber sein Aussehen überraschte mich trotzdem. Ich sah einen Mann, der sehr dünn war und auf dessen Kopf kein einziges Haar wuchs. Das Gesicht war hager. Besonders scharf trat die Nase hervor. Unter ihr malten sich die Lippen eines sehr schmalen Mundes ab. Das Kinn trat spitz hervor, und die Haut spannte sich über den Knochen. Ich konzentrierte mich auf die Augen und nahm einen stechenden Blick wahr.
    Karina stand neben mir. »Das ist er also!«
    »Ja.«
    »Mehr sagst du nicht dazu?«
    »Nein, aber ich würde ihn gern persönlich erleben.«
    »Ich auch.« Leise fügte sie hinzu: »Irgendwie ist mir der Typ unsympathisch. Wie geht es dir?«
    »Mal abwarten.« Ich warf noch einen letzten Blick auf das Foto unter Glas und registrierte jetzt einen Teil des Oberkörpers, der nackt war. Bei dieser Gestalt standen sogar einige Brustknochen hervor. So sahen Hungerleider aus. Aber zu Essen und zu Trinken hatte er bestimmt genug gehabt, wenn seine Werke sich gut verkauften.
    Einige von ihnen standen in einem mehrstöckigen Regal. Es waren kleine Figuren, die Karina und ich uns sehr genau anschauten. Ich dachte dabei sofort an die Soldaten-Figuren und suchte nach Ähnlichkeiten.
    Es gab sie nur von der Form her, wenn er Menschen hergestellt hatte. Kleine Körper von Männern und Frauen, keine abstrakt, alle noch konkret, aber im Aussehen stets unterschiedlich.
    Die Körper zeigten alle eine rötlich-braune Färbung und hatten keine Glasur bekommen.
    In den unteren Regalen stand die moderne Kunst. Manche Dinger konnte man als Vase benutzen, doch bei den meisten blieb es der Fantasie des Betrachters selbst überlassen, was sie darstellen sollten. Und die war bei mir recht beschränkt.
    Mir kam eine Idee, die ich einfach loswerden musste, und ich wandte mich an Svetlana Lanski.
    »Auch wenn Sie keinen persönlichen Kontakt zum Künstler gehabt haben, ist Ihnen zufällig bekannt, woher das Material stammt, das er für seine Kunst gebraucht hat?«
    »Klar.«
    Ich blickte sie so überrascht an, dass sie lachen musste. »Das ist ganz einfach. Es gibt hier in der Nähe einen Steinbruch, aus dem das Rohmaterial stammt.«
    »Alle Achtung!«
    »Wieso? Ist das so ungewöhnlich?«
    »Nein, nein. Irgendwoher muss er das Zeug ja bekommen.«
    »Das habe ich aber auch nicht gewusst«, erklärte Karina. »Sonst hätte ich es längst erwähnt.«
    »Und wie weit ist der Steinbruch von hier entfernt?«, wollte ich wissen.
    Svetlana hob die Schultern. »So genau weiß ich das auch nicht. Ich würde sagen, fünf Kilometer. Sie müssen die Strecke in Richtung Westen fahren, dann sind Sie

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