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Armee der Toten

Armee der Toten

Titel: Armee der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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großer Entfernung zu erkennen war.
    Da hatte dieser Büromensch Recht gehabt. Dass wir eine gewisse Zeit in der Felswand unterwegs gewesen waren, merkten wir daran, wie stark sich das Licht verändert hatte. Der Himmel war nicht mehr hell, man konnte ihn auch nicht als grau ansehen, denn jetzt war er bereits eingedunkelt. Ein Zeichen, dass die Dämmerung auf dem Vormarsch war und sich die Schatten der Nacht bald anschlichen.
    Diese dunkle Haube über uns bot den perfekten Kontrast zum roten Höllenlicht.
    »Die warten auf etwas, John.«
    »Das werden wir auch tun.«
    »Kannst du sehen, wo die Treppe endet?«
    Ich drehte den Kopf nach rechts. »Nein, dazu müsste ich mich weiter nach vorn schieben. Ist mir aber zu riskant. Ich denke, dass wir hier gut und sicher liegen.«
    »Noch.«
    »Probleme?«
    »Nicht direkt, aber ich habe allmählich das Gefühl, dass es uns kaum gelingen wird, diese Armee zu stoppen. So viel Munition kannst du gar nicht einstecken.«
    »Noch tun sie nichts.«
    »Ha, ha, ich weiß. Aber...«
    Sie sprach nicht mehr, denn wir hatten in der Stille ein Geräusch gehört. Es stammte nicht von den Soldaten, die standen nach wie vor stramm in Reih und Glied. Das Geräusch erreichte uns auch nicht aus ihrer Richtung. Es war von rechts zu hören, und dort befand sich die Treppe, von der wir nur wenige Stufen sahen.
    »Da kommt jemand hoch!«, flüsterte Karina.
    Plötzlich tauchte dieser Jemand auf.
    Ein nackter Körper.
    Ein Kopf ohne Haare.
    »Also doch«, stöhnte Karina leise. »Er ist es. Isaac Kromow!«
    Wir schoben uns ein wenig zurück, denn wenn der Künstler den Kopf drehte, konnte er uns sehen, und das passte uns im Moment wirklich nicht.
    Isaac stieg die Stufen weiter hoch. Er wollte das Podest erreichen, und er bewegte sich mit einer Gleichmäßigkeit, die für einen Menschen eigentlich unüblich war.
    Wir hörten ihn auch nicht atmen. Er sah aus wie ein Mensch, doch für mich war er mehr ein Roboter. Ich sah seine schlanke Gestalt, die so dünn war, dass die Haut schon Falten warf. Er war völlig nackt, bis auf den breiten Gürtel um seine Hüfte. Und Karina Grischin verzog die Lippen, weil sie ihn einfach widerlich empfand.
    Die letzte Stufe nahm er mit der gleichen Schrittlänge. Dann hatte er die obere Seite der Steinstele erreicht und blieb dort stehen. Wir hatten uns etwas zurückgezogen. Wenn er nach links schaute, musste er uns sehen, doch Kromow zeigte an uns kein Interesse. Er blieb kerzengerade stehen, drehte uns den Rücken zu und ließ seinen Blick über die angetretenen Soldaten gleiten.
    »Ob er die Befehle gibt, John?«
    »Möglich.«
    »Das kann ich kaum glauben. Er ist ein Künstler, und er ist dem Militär nicht zugetan.«
    »Frag lieber, ob er ein Mensch ist. Denk daran, wie seine Augen geleuchtet haben. Sogar durch das verdammte Tuch. Das ist alles andere als normal.«
    Der Maler wartete. Seine Arme lagen ebenso eng am Körper wie die ausgestreckten Finger der Hände. Er wirkte wie der perfekte Soldat, dem noch die Uniform fehlte.
    Irgendwas würde passieren, das stand für mich fest. Er musste einfach reagieren. Es brachte nichts, wenn er nur stand und seine kleine Armee beobachtete. Wenn ich recht darüber nachdachte, schien er auf etwas Bestimmtes zu warten.
    Waffen trug er nicht. Trotzdem war er eine Gestalt, die für Unbehagen bei mir sorgte.
    Zwischen der Galerie und dem Stein gab es eine Lücke. Sie war nicht besonders breit. Karina und ich würden sie mit einem Satz überspringen können. Gedanklich beschäftigte ich mich bereits mit einem verwegenen Plan. Aufstehen, auf den Stein springen und Kromow nach unten stoßen. Sich dann um den Stein kümmern, denn ich wollte wissen, warum er von innen so rot leuchtete.
    Das Kreuz hatte ich in die Seitentasche gesteckt. Es war mir in der letzten Zeit wirklich in Fleisch und Blut übergegangen. Als ich mit der Hand über das geweihte Silber hinwegstrich, spürte ich schon die leichte Wärme. Ich sah es als einen Vorteil an, denn das Kreuz konnte die Kräfte der Hölle bekämpfen.
    »Sollen wir ihn uns holen?«, fragte Karina leise.
    »Daran habe ich auch gedacht.«
    »Wir hätten einen Trumpf.«
    In diesem Moment kam Bewegung in den Trumpf. Es begann mit einem leichten Zucken der Schultern. Er hob sie in die Höhe, und dann verlagerte der fast Nackte sein Gewicht auf den linken Fuß, um sich auch in diese Richtung zu drehen.
    Wir konnten uns nur einen Grund für sein Verhalten vorstellen. Er hatte uns entdeckt, und das

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