Armee der Toten
eben andere Helfer gesucht. Sich in seiner Not an den Teufel oder die Hölle gewandt. Und diese Mächte scheinen ihn erhört zu haben. So etwas passiert öfter.«
»Aber General Paschkin...«
»Er ist auch nur ein Mensch.«
»Wirklich?«
»Glaubst du nicht?«
»Er hat schon damals den Ruf gehabt, eine Maschine zu sein. Menschliche Regungen sind ihm völlig fremd gewesen. Er wollte nur siegen, immer wieder siegen.«
»Wenn es stimmt, was wir annehmen, hat die Hölle ihren richtigen Partner gefunden.«
Karina schwieg. Meine Antwort war nicht leicht zu verdauen. Sie kämpfte noch immer mit dem Gedanken an Paschkin. Für mich war er nur irgendein Gegner. Nicht so für Karina Grischin. Sie kannte ihn aus der Vergangenheit, und es war für sie nicht einfach, seine Veränderung zu begreifen. Doch wenn es stimmte, was sie sagte, dann gehörte dieser General zu den Menschen, an die sich der Teufel gern heranwarf. Wobei der Begriff Teufel nicht zu wörtlich genommen werden durfte. Da war es vielleicht besser, von den Mächten des Bösen zu sprechen.
»Wir werden ihn stoppen«, sagte ich und ging einen Schritt vor. Dabei hatte ich noch mitbekommen, wie Karina ihre rechte Hand hob. Ihr Ziel war meine Schulter, aber sie hielt mich nicht zurück, denn ebenso wie ich sah sie, was geschah.
Der General drehte sich herum!
Bisher hatten wir nur auf seinen Rücken geschaut und praktisch seine Uniform betrachten können. Nun wollte er sich uns zeigen. Bestimmt wusste er, was mit seinen Helfern passiert war. Für ihn konnte es etwas Besonderes sein, seinen Feinden Auge in Auge gegenüberzustehen, um zu wissen, wer ihm da ins Handwerk pfuschte.
Der General stand tiefer. Von der Größe her kam er mir gleich. Das konnte allerdings auch an der Mütze liegen, die ihn größer machte. Er hatte sie nach vom gezogen. Der Schirm war in die Stirn gezogen, so dass sein Gesicht weiterhin verborgen blieb. Ich sah praktisch nur zwei Drittel davon, und mir fielen auch keine roten Augen auf. Darüber war ich etwas enttäuscht.
Isaac Kromow blieb weiterhin auf der Stele stehen, ohne sich zu bewegen. Er verließ sich voll und ganz auf seinen General, und auch ich war der Meinung, in ihm den eigentlichen Feind zu sehen.
Das eckige, breite Kinn. Dünne, blasse Lippen. Nasenfalten, die halbmondförmig nach unten wuchsen und eine Verlängerung an den Mundwinkeln bildeten. Von der Nase selbst sah ich nicht alles, nur die untere Hälfte, die in die Breite gezogen war.
Um mich zu sehen, musste Paschkin den Kopf in den Nacken legen. Wieder hoffte ich darauf, einen Blick in seine Augen zu erhaschen. Leider war dies nicht möglich. Ich verspürte den Wunsch, mit ihm zu reden. Meine Sprachkenntnisse waren zu begrenzt, und so sollte Karina das für mich übernehmen. Ich wollte endlich wissen, was hinter dieser teuflischen Show steckte.
In diesem Augenblick passierte etwas anderes. Mein Kreuz strahlte eine so starke Wärme ab, dass ich erschrak. Es war eine Warnung für mich, und es war zugleich eine Aufforderung, den Talisman aus der Tasche zu holen.
Ich tat es.
Ich hielt es ihm entgegen.
Hinter mir blieb Karina Grischin still. Sie wusste genau, was es mit meinem Kreuz auf sich hatte, und wartete ab. Mein Sprung auf den rot leuchtenden Stein verzögerte sich, und immer stärker breitete sich die Kraft aus.
Sie nahm auch von den beiden Personen Besitz. Mir war klar, dass ich dies meinem Kreuz zu verdanken hatte. Es strahlte ab. Es wusste, dass es einen starken Gegner gab, aber ich bekam in den nächsten Sekunden die Lösung präsentiert. Plötzlich wurde mir klar, weshalb dieser General so war, denn es gab ihn nicht nur als Menschen, sondern auch als eine zweite Person.
Mein Herz schlug schneller, als ich die Veränderung in seinem Gesicht entdeckte. Etwas völlig anderes und Fremdes nahm von dem Besitz, was sich unter der Mütze abzeichnete. Das Rot, das ich bisher nur in den Augen gesehen hatte, breitete sich auf den Zügen aus und war so stark, dass es sich an der Haut zu schaffen machte und diese allmählich auflöste. Darunter kam seine zweite Existenz zum Vorschein. Alte, graue und rissige Knochen. Tiefe Augenhöhlen. Ein offenes Maul ohne Lippen, in dem trotzdem eine Zunge zu sehen war. Eine Nase, die von einer Säure wie angefressen wirkte. Ein Kinn, das nur mehr aus bleichgrauen Knochenstücken bestand.
Und sein altes Gesicht, das wie bei der Überblendung eines Films im Hintergrund schwamm.
Zwei Gesichter besaß dieser Mann!
Ich hatte
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