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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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vermutlich zwei oder drei Tage schlafen würde.
    »'Kouras darf nicht länger hierbleiben«, sagte Arton und zupfte an Molins Tunika.
    Der S'danzojunge sprach selten zu jemand anderem als seinem Pflegebruder. Fackelhalter ließ Arton gewähren, als er seine Hand nahm und ihn in eine Ecke führte, fort von den anderen, die in die jetzt ruhige Kinderstube zurückkehrten.
    »Du mußt einen sicheren Ort für uns finden, Stiefvater.«
    »Ich weiß, ich schaue mich bereits danach um. Sobald ich von Gyskouras' Vater höre ...«
    »Du kannst nicht auf Tempus warten. Du mußt beten, Stiefvater Molin.«
    Mit Arton zu reden war nicht wie mit einem anderen Kind in seinem Alter. Die Seherin hatte ihn gewarnt, daß ihr Sohn die legendäre S'danzogabe haben könnte, die Zukunft vorherzusehen. Zuerst hatte Molin nicht an die Worte des Kindes glauben wollen, bis Arton Kadakithis so hartnäckig abgelehnt, und der Prinz zugegeben hatte, daß nicht er der wirkliche Vater Gyskouras war.
    »Ich habe keine Götter, zu denen ich beten könnte, Arton«, erklärte er dem Jungen, als er zur Tür schritt. »Ich habe nur mich und dich — vergiß das nicht.«
    Er zog den Vorhang zu. Die beiden Akoluthen, die Aldwists Leiche auf eine einfache Bahre gelegt hatten, traten zur Seite, damit der Hierarch die Worte des Todesrituals sprechen konnte. Als Kriegerpriester hatte Molin viele unkenntliche sterbliche Überreste geweiht, so daß kein Zittern sich in seine Stimme oder seine Gesten schlich. Er hatte gedacht, die Grausamkeiten des Todes ließen ihn unberührt, doch das zerschundene Gesicht des gütigen alten Priesters erfüllte ihn mit tiefer, quälender Verzweiflung.
    »Wir haben nicht genügend Bitterholz für den Scheiterhaufen. Was wir hatten, nahm Rashan mit sich«, sagte Isambard, der ältere der beiden Akoluthen.
    Molin drückte die Fingerspitzen zwischen die Augen — die übliche priesterliche Geste des Respekts für den Dahingeschiedenen, die ihm im gegenwärtigen Fall auch half, seine Tränen zu dämmen.
    Rashan war dieser ränkevolle Priester aus dem Hinterland, dessen einziger Lebenszweck, schon vor Vashankas Tod, es gewesen war, jede Reform zu vereiteln, die Molin einführte — oder es zumindest zu versuchen. Eine gewaltige Wolke der Wut, die Vashankas würdig gewesen wäre, wirbelte um Molin Fackelhalter. Er wollte Rashan stellen, der sich Auge Savankalas nannte, wollte jedes Scheit Bitterholz in die Kehle des bläßlichen Priesters stoßen und mit ihm Aldwists Scheiterhaufen anzünden. Er wollte seinen Zeremoniendolch ziehen und tief in Gyskouras' Brust stoßen, daß er hinten herausragte. Er wollte Isambards tränenüberströmtes Gesicht zwischen die Hände nehmen...
    Er blickte Isambard noch einmal an. Der Akoluth war selbst kaum mehr als ein Kind und konnte seine Trauer nicht verbergen. Molin schluckte seinen Zorn und seine Tränen und legte beruhigend die Hände auf die Schultern des Jungen.
    »Der Sturmgott wird Aldwist bei sich aufnehmen, egal, welches Holz wir für sein Todesfeuer verwenden. Kommt, bringt ihn in sein Gemach und singt die Klagelieder für ihn.«
    Stumm trugen sie ihn. Molin sang das erste Klagelied mit ihnen, dann zog er sich in seine eigenen Gemächer zurück. Er hoffte, die ehrliche Trauer der jungen Männer würde nicht nur das Bitterholz ersetzen, sondern Vashanka selbst, und die Stummheit seines eigenen Herzens. Der Priester nahm einen anderen Weg durch das Ganglabyrinth zur Betstube, die mit Vorhängen vom Amtsgemach abgetrennt war. Ein Gewand aus feiner, weißer Wolle wartete dort auf ihn. Er konnte Hoxa, seinen Schreiber, gedämpft das Kohlenbecken hinter dem dicken Wandteppich schüren hören. Seine Gemahlin und einige unzufriedene Rankanerinnen schwatzten in der Stube, die sein Amtsgemach von ihrem ehelichen Schlafgemach trennte.
    Er zog die Tunika über die Schultern und zuckte zusammen, als der Stoff sich von einer verkrusteten Wunde löste, an die er sich gar nicht erinnern konnte. Er tastete im Halbdunkel nach einem feinen Linnenstreifen, dann trat er hinaus ins Dienstgemach, nur in Stiefeln und Lendentuch, das Gewand über eine Schulter geschlungen, während Blut aus seinem linken Arm quoll. Zu seiner Ehre sei gesagt, daß Hoxa den Kelch mit Glühwein nicht fallenließ.
    »Lord Fackelhalter! Lord Fackelhalter, Ihr seid verwundet!«
    Molin nickte, als er sein Gewand auf Hoxas sorgfältig geordnete Schriftrollen fallen ließ und die zwei blutenden, hufeisenförmigen Wunden auf seinem Arm

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