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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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viel zu wünschen ließ. Nicht einmal ein Schneesturm am Hexenwall führte eine Kälte mit sich, die so bis in die Knochen drang wie der Freistätter Hafennebel, und selbst die stärksten Wohlgerüche konnten die Tatsache nicht verheimlichen, daß die Stadt in ihren Kohlenbecken Abfälle und Dung verheizte.
    Es wohnten immer noch zu viele Personen im Palast, Beysiber und andere, obgleich ein gutes Dutzend Landhäuser außerhalb der Stadtmauern beschlagnahmt worden waren. Molin, der eine Aussöhnung mit seiner Gemahlin verweigerte, hauste in einer kahlen Kammer in der Nähe der Verliese, mit denen sie viel gemein hatte. Er hatte seine Verantwortung für die rankanischen Staatskulte an Rashan übertragen, der sich ganz offensichtlich in Lowan Vigeles' Gunst schmeicheln wollte. Das Auge Savankalas zog sogleich mit seiner gesamten, unzufriedenen Koterie in sein Landhaus in Landende, in der Hoffnung nicht nur, daß sich die rankanische Oberschicht dort ungestört durch die Anwesenheit der Beysiber erhalten, sondern auch irgendwie das ersehnte Wunder herbeiführen könnte, Prinz Kadakithis erfolgreich auf den Kaiserthron zu setzen.
    Molin seinerseits verbrachte die ganze Zeit damit, die Berichte zu lesen, die ihm seine Helfer und Spitzel brachten, und sie nach Hinweisen zu studieren, die ihm verraten könnten, welche der zahllosen Freistätter Fraktionen die mächtigste und welche die unbedeutendste waren. Er hatte aufgehört, sich um rankanische Angelegenheiten zu kümmern, und dachte nur noch an das Los Freistatts. Er verließ sein Amtsgemach lediglich, um nach den Kindern zu sehen und für seine Waffenübungen mit Walegrin im Morgengrauen jeden Tages.
    »Abendessen, Lord Fackelhalter?« erkundigte sich Hoxa.
    »Später, Hoxa.«
    »Es ist bereits spät, Lord Fackelhalter. Nur Ihr und die Foltermeister sind noch wach. Eure alten Gemächer sind jetzt leer. Ich habe mir die Freiheit genommen, eine neue Matratze für Euch zu beschaffen. Lord Fackelhalter, was immer Ihr auch sucht, Ihr werdet es nicht finden, wenn Ihr Euch nicht endlich einmal ausschlaft!«
    Molin spürte sehr wohl seine Müdigkeit, und er erinnerte sich mit Beschämung, daß er seit Tagen nicht mehr gebadet hatte und wie ein gewöhnlicher Arbeiter stank. Humpelnd folgte er seinem Schreiber in den Nebenraum, wo Hoxa ihm frisches Linnen bereitgelegt und ihm jetzt allerdings nur noch lauwarmes Wasser in einer Wanne hatte bringen lassen. Auch ein Abendessen wartete dort auf ihn. Seine Glasfenster waren durch schmutziges Pergament ersetzt worden, seine goldenen Kelche durch Holzkrüge und einfache Becher, und sein mygdonischer Teppich war verschwunden. Wenigstens hatte seine teure Gemahlin nicht gewagt, seinen Arbeitstisch anzurühren.
    »Trinkt einen Schluck Wein mit mir, Hoxa, und verratet mir, wie man sich fühlt, wenn man für einen in Ungnade gefallenen Priester arbeitet.«
    Hoxa war der Sohn eines einfachen Freistätter Kaufmanns. Er nahm den Becher und roch vorsichtshalber daran. »Die Damen und die anderen Priester haben den Palast verlassen, nicht Ihr. Ich finde nicht, daß Ihr es seid, der in Ungnade gefallen ist ...«
    Er hätte noch mehr gesagt, doch ein Krächzen vor dem Fenster ließ ihn zusammenzucken. Sein Becher rollte über den Boden, als der schwarze Vogel mit Schnabel und Krallen das Fensterpergament aufschlitzte. »Er ist zurück!« keuchte der junge Mann.
    Der Rabe — Molin glaubte, daß er zumindest als Rabe geboren worden war — trug Nachrichten zwischen dem Palast und einem baufälligen Häuschen am Schimmelfohlenfluß hin und her. Er hatte seinen ersten derartigen Flug gemacht, lange ehe die beysibische Flotte aufgebrochen war, und hatte dem Priester ein kostbares Kleinod gebracht, die Halskette der Einigkeit, direkt vom Hals des Gottes Ils. (2) Seither hatte er andere Vögel abgerichtet, doch keiner war so gewesen wie dieser Rabe mit seinen böse funkelnden Augen und dem leuchtenden Ring um ein Bein, der ihn gegen fremde Magie schützte.
    »Schenkt ihm Wein ein«, forderte Molin Hoxa auf. »Er hat eine Botschaft, die er anbringen möchte.«
    Der Schreiber hob seinen Becher auf und füllte ihn für den Vogel, doch er wagte sich nicht näher als bis zum gegenüberliegenden Tischende heran und wich bis in die Ecke zurück, als Molin den Raben auf seinen Arm lockte. Im Gegensatz zu seinen anderen gefiederten Boten, die winzige Behälter trugen, überbrachte dieser Vogel seine Botschaft in einer Zunge, die nur der richtige Empfänger

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