Armeen Der Nacht
besänftigen könnte, falls das eine oder andere überhaupt möglich war.
»Ich bin voll Sorge, o Sturmbringer. Ich bitte um Hilfe, um Vashankas Macht an ihrem rechtmäßigen Ort wiederzuerrichten.«
»VASHANKA IST NICHT MEHR UND WIRD NICHT MEHR SEIN. ER IST NICHT GRUND DEINER SORGE. DEINE SCHWIERIGKEITEN SIND SOWOHL GRÖSSER WIE GERINGER.«
»Ich habe nur ein echtes Bedürfnis, o Sturmbringer: Vashankas Avatars zu dienen.«
»BENÜTZE KATZENPFOTE, UM DEINEN AVATARS ZU DIENEN. DAS IST DEIN GERINGERES PROBLEM. MIT DEM GRÖSSEREN WERDE ICH DIR NICHT HELFEN.« Die wallende Wolke, die sich Sturmbringer nannte, der absolute Sturmgott, atmete sich selbst ein. »DIESER DORN UND DIE LINDERUNG LIEGEN IN DEINER VERGANGENHEIT«, flüsterte sie, ehe sie mit den ersten rosigen Streifen des neuen Morgens verschmolz.
Molin blieb knien und zweifelte nicht daran, daß er verdammt war. Er hatte sich noch nicht von Ischades Vorschlägen und Andeutungen erholt, nun sprachen die Götter auch noch in Rätseln: benütze Katzenpfoten; größere und geringere Schwierigkeiten; Dorn und Linderung. Er kniete immer noch, als Walegrin ihm auf die Schulter klopfte.
»Ich hatte nicht erwartet, Euch hier betend vorzufinden.«
Der Soldat zuckte zusammen, als Molin sich ihm zuwandte.
»Habe ich mich in einer Nacht so sehr verändert?« fragte der Priester.
»Wart Ihr die ganze Nacht hier? Die Seeluft ist gefährlich für jene, die sie nicht gewohnt sind.«
»Und Lügen ist gefährlich für jene, die es nicht gewöhnt sind.« Molin nahm Walegrins Arm und erhob sich. »Nein, ich besuchte zuerst Ischade in ihrem Haus am Schimmelfohlenfluß. Sie sagte mir, daß unser vermißter Magier Randal im Netz der Nisihexe gefangen ist, um den Köder für Roxanes Liebsten zu spielen.« Er blickte auf die Schwerter, die Walegrin mitgebracht hatte. »Ich glaube, wir werden uns heute Morgen nur unterhalten und ein bißchen umherreiten — bis ich wieder ein Gefühl in den Füßen habe. Hoxa würde sich Vorwürfe machen, wenn ich hinkend zurückkehrte. Es war keine angenehme Nacht ...«
Walegrin unterbrach ihn. »Von ihr weggehen zu können, ist Grund für ein Gebet.«
Molin tat das Mitgefühl des anderen mit einem Schulterzucken ab. »Ich kam hierher, weil ich nicht mehr wußte, was ich tun sollte. Und meine Gedanken, nicht Gebete, beschworen etwas — einen Gott, der sich Sturmbringer nannte. Ich weiß nicht — vielleicht war es auch bloß ein Traum. Er sagte, ich müsse mich Katzenpfoten bedienen, um Gyskouras und Arton zu dienen — doch das sei mein geringeres Problem. Das größere liege in mir. Gott oder Traum, ich komme nicht hinter den Sinn.«
Walegrin war wie vom Blitz getroffen stehen geblieben. »Katzenpfote? Randal ist der Köder für Roxanes Liebsten?«
»Das hat Ischade zumindest gesagt.«
»Das paßt, Molin!« rief der blonde Soldat begeistert und benutzte zum erstenmal in ihrer langen Bekanntschaft den Vornamen des Hohepriesters. »Niko wurde in der Söldnergilde gesehen.«
»Niko? Nikodemus der Stiefsohn? Ich habe ihn einmal gesehen — mit Tempus. Ist auch Tempus zurück?« Molins Miene hellte sich auf.
»Nicht daß ich wüßte. Aber Niko — er muß dieser Liebste sein, wenn es stimmt, was man munkelt. Doch wichtiger: Er ist Katzenpfote!«
Fackelhalter lehnte sich an den Wallach. Die Angewohnheit, Kriegsnamen anzunehmen, war nicht auf die Stiefsöhne beschränkt.
Er selbst war eines Nachts auf dem Schutzwall von Valtostin Fackelhalter geworden.
»Sucht ihn. Vereinbart ein Treffen. Versprecht ihm, wenn nötig, was er will.« Molin schwang sich in den Sattel, vergaß seine steifen Glieder und seine Müdigkeit.
»Hoppla!« Walegrin faßte die Zügel des Wallachs und blickte Molin eindringlich an. »Dieser Sturmbringer hat gesagt, das wäre Euer geringeres Problem. Hoxa sagt, daß Ihr nicht einmal soviel eßt wie einer Eurer Raben und Ihr auf dem Schmutz unter Eurem Tisch schlaft. Ihr seid der einzige im Palast, den meine Leute respektieren — der einzige, den ich respektiere —, und es wäre nicht richtig, wenn Ihr Euch irgendwohin begebt, um Euch mit >größeren Problemen< herumzuschlagen.«
Molin seufzte und fand sich mit dieser Verschwörung zwischen dem Offizier und seinem Schreiber ab. »Meine größeren Probleme, wurde mir mitgeteilt, liegen in meiner Vergangenheit. Ihr werdet zulassen müssen, daß ich mich auf meine eigene Weise mit ihnen befasse.«
Schweigend ritten sie vom Tempel weg. Walegrin hielt mit seiner Stute
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