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Armeen Der Nacht

Armeen Der Nacht

Titel: Armeen Der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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Tod.«
    »Priester! Gottwähler, Ihr glaubt, weil Ihr einen bereitwilligen Käufer für Eure Seele habt, daß Ihr besser dran seid als jene, die ihre stückweise verkaufen müssen.«
    Sie war verärgert, und ihre dunklen Augen drohten ihn zu verschlingen. Molin erhob sich unsicher von seinem Stuhl, doch er blickte sie an, ohne mit der Wimper zu zucken.
    »Madame, ich bin kein Seelenverkäufer, kein Magier, Zauberer, Nekromant oder dergleichen. Ihr sprecht von Interessen und Fehlschlägen, als würdet Ihr meine kennen. Ich diente Vashanka und dem Rankanischen Reich; jetzt diene ich Vashankas Söhnen ...« Er stockte, zögerte, den letzten Satz auszusprechen, der ihm gerade erst eingefallen war.
    Ischades Stimme wurde weicher. »Und Freistatt?« beendete sie den Satz für ihn. »Ihr seht, wir sind uns gar nicht so unähnlich: Nicht ich wählte Freistatt, sondern mein Eigennutz wählte es für mich. Mein Leben wird gleichermaßen durch Feinde wie Verbündete kompliziert. Jeder Schritt, zu dem mein Eigennutz mich zwingt, führt mich weiter auf einem Pfad, dem ich nicht aus freiem Willen folgen würde.«
    »Dann wollt Ihr mir helfen, Ordnung in Freistatt zu schaffen?«
    »Ordnung bringt Licht in alle Ecken und Schatten. Nein, Fackelhalter, Träger des Lichtes, ich habe nicht vor, Euch zu helfen, Eure Ordnung in Freistatt zu schaffen. Ich finde aber, daß Schlangen, ob sie nun Roxane gehören oder Shupansea, nicht in meinem Interesse sind.«
    »Meine Dame, wir beide bedienen uns schwarzer Vögel. Macht das Euch zur Priesterin oder mich zum Zauberer? Bedeutet es, daß wir wie Roxane sind, die einen schwarzen Adler vorzieht, oder wie die Beysiber, die einen weißen Vogel fast ebenso sehr verehren wie ihre Schlangen? Hat unsere ungewollt geteilte Sorge um dieses Höllenloch von Stadt uns nicht zu Verbündeten gemacht?«
    »Wir könnten mehr als Verbündete sein.« Lächelnd kam sie näher, bis ihm der süße Moschusduft in die Nase stieg, der sie umgab. Molin übermannte die Furcht. Verfolgt von ihrem Lachen stürzte er aus dem so sonderbaren Haus. Die Worte, die sie ihm nachrief, hallten in seinen Ohren: »Wenn Ihr Randal trefft, fragt ihn nach Shamsi und Hexenblut.«
    Stilcho war nicht zu sehen. Der Wallach hatte weiße Ringe um die Augen, und Irrlichter flackerten um den Sattel. Kaum hatte Molin die Füße in den Steigbügeln, schoß das Pferd aus dem nebelverhangenen Garten. Die ganze Uferpromenade entlang versuchte Molin, den Wallach wieder in seine Gewalt zu bringen, während er an den neugierigen Fischern vorbeigaloppierte, die auf die Flut warteten und auf die Verlockungen der paar Dirnen, die noch keinen Freier für die Nacht gefunden hatten. Sie näherten sich Vashankas verlassenem Tempel, kamen vorbei an den Holz- und Steinstapeln, die nun für den Wiederaufbau der alten Ilsiger Landhäuser um Freistatt beschlagnahmt worden waren.
    Ein Stein jedoch, ein gewaltiger schwarzer Block, der bei Vashankas Vernichtung herausgebrochen und tief ins Erdreich gesunken war, würde sich nie wieder bewegen lassen. Molin näherte sich ihm zu Fuß. Er konnte sich nicht zu den Worten der Anrufung Vashankas überwinden, die er seit seiner Kindheit kannte, noch brachte er es fertig zu beten wie ein ganz gewöhnlicher Andächtiger zu einem anderen Gott.
    »ÖFFNE DIE AUGEN, STERBLICHER. ERSCHAUE DEN STURMBRINGER UND KNIE VOR IHM NIEDER!«
    Was auch immer Ischade glauben mochte, Priestern war der Anblick ihrer Götter selten vergönnt. Molin hatte Vashanka nur ein einziges Mal gesehen: in den chaotischen Augenblicken vor der Vernichtung des Gottes. Vashanka war über seine Niederlage höchst erzürnt gewesen, aber sein Gesicht war das eines Menschen. Die Erscheinung, die nun über dem Stein flackerte, war aus den Abgründen der Hölle gekommen. Molins zitternde Knie halfen ihm rasch auf den Boden.
    »Vashanka?«
    »FORT. ICH HABE DEINE GEBETE GEHÖRT. ICH HABE AUF DICH GEWARTET.«
    Priester brachten die Gebete der Andächtigen in eine Form, die für den Gott annehmbar war. Jede Priesterschaft entwickelte eine Liturgie, die für einen geziemenden Abstand zwischen Gott und Gläubigen sorgte. Von privaten Gebeten wurde abgeraten, denn sie konnten dieses empfindliche Gleichgewicht stören. Molins Gebete waren so persönlich gewesen, daß sein wacher Verstand nicht wußte, welches Sehnen diese wirbelnde Wesenheit aus ihrer überirdischen Ebene geholt hatte. Er hatte auch nicht die geringste Ahnung, wie er sie zurücksenden oder auch nur

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