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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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kamen die Worte, brachen sogar durch, wenn er stoned und betrunken war, lenkten ihn von Beaver und Wally und Lumpy Rutherford ab, erfüllten ihn mit Rastlosigkeit. Die Worte kamen, und Sandy konnte nichts anderes tun, als sie zu Papier zu bringen.
    Das war im Januar. Januar war sein Monat zum Briefeschreiben. Er schaltete den Fernseher ein für allemal aus, schloß seine Schreibmaschine an und kauft ein paar Blocks gelbes Juristenpapier. Seine Briefe waren lang, sprunghaft und verworren. Es waren ebenso Briefe an ihn selbst wie an die Adressaten. Manche davon überarbeitete er immer wieder, versuchte zum Kern der Dinge zu kommen und schaffte es nie so ganz.
    Der Brief, den er Maggie schrieb, war zwanzig Seiten lang, obwohl er wußte, daß sie ihn wahrscheinlich nie beantworten würde. Er mußte lang sein. Es war ein einziges Herumtasten, voller Verwirrung und voller Schmerz.
    Sein Brief an Froggy war noch länger und unzusammenhängender. Er erzählte von Edan Morse und den Nazgûl und von Music to Wake the Dead, versuchte, einen Sinn darin zu finden, indem er Worte zu Papier brachte, scheiterte jedoch. Er redete von Sex und Liebe und alten TV-Titelsongs. Er sprach über Alan Vanderbeck und Sharon und seine Schriftstellerei, und er redete viel von seinem Wagen.
    Er fühlte sich veranlaßt, auch Bambi zu schreiben; irgendwie fühlte er sich ihr jetzt näher als zuvor, hatte das Gefühl, einen neuen Einblick in eine Situation zu haben, in der sie früher gesteckt hatte. Das schrieb er ihr auch, nachdem er ihr ein bißchen von seinen Problemen erzählt hatte.
    Er begann einen Brief an Slum, stellte jedoch fest, daß er keine Lust dazu hatte. Er wußte verdammt genau, daß Butcher oder Jane Dennison Slums ganze Post durchschnüffeln würden, und die Chance, daß etwas durchkam, was Sandy schrieb, war gleich Null, also schien es nicht viel Zweck zu haben.
    Nicht daß es wirklich etwas ausmachte. Als die Briefe an Maggie, Froggy und Bambi fertig waren, verschloß er jeden davon in einem Umschlag, klebte eine Briefmarke darauf und adressierte sie, kam jedoch nie ganz dazu, sie einzuwerfen. Nach einer Weile wurde ihm klar, daß er nie die Absicht gehabt hatte, sie einzuwerfen. Es ging nicht darum, sie einzuwerfen. Es ging darum, sie zu schreiben.
    Und als er sie geschrieben hatte, fühlte Sandy sich endlich bereit, wieder in die Welt zu treten. Er fing damit an, indem er einen Rechtsanwalt wegen Slum aufsuchte. Der Mann versprach, die Situation zu prüfen und zu schauen, was man tun konnte, aber er war nicht sehr ermutigend. Sandy begann wieder Zeitung zu lesen, sogar den Hog, und fragte sich, wie lange es wohl dauern würde, bis er auf die Ankündigung einer Nazgûl-Reunion stoßen würde; er fürchtete den Tag und sehnte ihn doch zugleich herbei. Er räumte sogar sein Apartment ein bißchen auf, entledigte sich etwa der Hälfte seiner Möbel, holte seine Bücher aus den Pappkartons und stellte sie in seine Bücherregale.
    Zur Zeit der Wiederkehr von Lincolns Geburtstag hatte Sandy eine Menge nachgedacht. Er hatte zwei Möglichkeiten. Er konnte so tun, als ob alles, was sich seit dem Tag ereignet hatte, an dem Lynch ermordet wurde, ein schlechter Traum gewesen war, es alles vergessen und sich daranmachen, sein Leben und seine Karriere wie ein gesunder, vernünftiger Mensch neu aufzubauen. Oder er konnte sich wieder in die Sache einklinken und bis zum Ende mitspielen.
    Es war überhaupt keine Alternative, nicht wirklich. Er fühlte sich wie eine Motte, die eben die Große Feuersbrunst von Chicago gesichtet hatte. Er ging an seinen Plattenschrank, zog Musik to Wake the Dead heraus und legte sie auf.
    In den folgenden Monaten spielte Sandy das Album so oft, daß er schließlich ein Ersatzexemplar in dem Plattenladen unten auftreiben mußte, weil das seine langsam arg abgenutzt war. Je mehr er sich die Musik anhörte, desto sicherer war er sich. Das einzige, was nicht ganz zu passen schien, war das letzte Stück auf Seite eins, »Prelude to Madness«. Der Titel war klar genug, aber der Text war unzusammenhängend, kryptisch. Right is wrong, black is white, who the hell’s got the justice tonight? hieß es in dem Song. Wolfman looked into the mirror and Lon Chaney looked back out, ging eine andere Zeile. Der Refrain lautete: Queens beat aces every time, yeah; Dead man’s hand, dead man’s hand! And Charlie is the joker in the deck. Aber wer zum Teufel war Charlie?
    Er spielte »Prelude to Madness« mehr als jedes andere

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