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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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draußen im Saal wie auf Stichwort alle Lichter aus.
    Man konnte die Stille spüren, das Gefühl von Erwartung. Man konnte hören, wie die Gespräche erstarben. Man konnte den Puls der Menge fühlen, den flatternden, erregten Herzschlag der Masse in der Dunkelheit. Man konnte den Geruch von Hoffnung und Angst wittern.
    Dunkles Schweigen für einen langen Moment.
    Dann erfüllte die Stimme des Ansagers die atemlose Stille. »LADIES AND GENTLEMEN, ZUM ERSTENMAL SEIT 1971 DIE NAZGÛL!«
    Drei flammend rote Spots stachen herab und trafen auf die pechschwarze Bühne, und da standen sie, wie sie so oft bei Konzerten dagestanden hatten, die längst Vergangenheit waren – vergangen, aber nicht vergessen. Rick Maggio grinste und riß seine langen, harten Nägel über seine Telecaster, lehnte sich auf sein Wah-Wah-Pedal und schickte einen wilden, verzerrten Schrei hinaus, um die Nacht herauszufordern. Gopher John, mit finsterem Gesicht hinter den rotschwarzen Drums, fiel mit einem zittrigen Wirbel auf dem Standtom ein. Peter Faxon stand da, den Baß vor sich wie ein Schutzschild gegen die Welt, das Gesicht still und ausdruckslos. Er stimmte den Rickenbacker so gelassen, als wäre er allein in seinem Zimmer.
    Die Menge kam auf die Beine; jubelnd, klatschend, pfeifend und stampfend schrien sie Beifall. All die Rufe verschmolzen zu einem lauten, zusammenhanglosen Lärm, einem Willkommensdonner, der weiter und weiter und weiter ging, ein Getöse, das den matten Klang von Gopher Johns Trommelwirbel, die tiefen Vibrationen von Faxons Baß und das bohrende Heulen von Maggios Gitarre erstickte. Der Lärm wuchs und wuchs, bis es so aussah, als würde er nie mehr aufhören, als würde die Band überhaupt nicht mehr zum Spielen kommen… und dann kam die Stimme von Larry Richmond, als ob die Stimme Gottes selbst aus dem Himmel dröhnte, mit den Worten von Patrick Henry Hobbins, den Worten, die auf Hobbins’ Grabstein hätten geschrieben stehen sollen. »Alright, Kids«, sagte die Stimme und schnitt wie ein Messer durch das Getöse, »jetzt gibt’s Rock, bis uns die Ohren bluten!«
    Der weiße Spot flammte plötzlich auf, unglaublich hell, novaheiß, ein strahlender Schaft, der gestochen scharf und staubflimmernd durch das Halbdunkel fuhr. Er leuchtete auf und kam herab und erfaßte ihn, und da war er, kam um die Drums herum, da war er, sein weißes Haar leuchtend in diesem Licht, seine Kleidung so schwarz und glänzend wie die Sünde und so rot wie das Verderben, seine Augen brannten, da war er, da war er, schnallte sich die Gitarre um, ging ans Mikrofon, da war er, da war er, es war unmöglich, er war tot und begraben, es konnte nicht sein, aber da war er, Patrick Henry Hobbins, da war er, Hobbit selbst, in Person, auf der Bühne, zurück von den gottverdammten Toten.
    Der Applaus verebbte und hörte auf. Für einen endlosen Moment war der Saal von der Stille der Ungläubigkeit erfüllt. Die Glaubensstarken standen da und glotzten, unfähig, ihren Augen zu trauen. Weit hinten schrie jemand hysterisch. Und dann begann der Jubel von neuem, doppelt so laut wie zuvor, so wild und erregt und rauh, daß er das Hallendach abzuheben drohte. Die Nazgûl sonnten sich darin. Sandy sah, wie sie einer nach dem anderen lächelten. Es war lange her, lange, lange her.
    Peter Faxon war es, der zuerst wieder zu sich fand und den Bann brach. Er hob den Kopf, grinste und sagte: »Hey, wollt ihr ’n bißchen Rock ’n’ Roll?« Das Publikum schrie wie ein Mann zurück, und der Jubel flaute langsam und unregelmäßig ab. Die Nazgûl sahen einander an. Maggio setzte mit dem zischenden Auftakt-Riff von ›Napalm Love‹ ein, die Menge erkannte es wieder und brüllte auf, Richmonds Rhythmusgitarre griff den Song auf und fiel hinter Maggio ein, ließ die Kontraste aufklingen, und dann kamen der Baß und die Drums, das schneller werdende Tempo, und die Menge brüllte noch lauter, und Larry Richmond warf sein langes weißes Haar mit einem Ruck des Kopfes zurück und gab ihnen die Einleitungszeile:
    Hey baby, what’s that in the skyyyyy?!
    Maggios Zementmischer- und Whisky-Stimme gab die Antwort:
    It’s loooooove!
    Und dann waren sie mit voller Kraft drin, die Gitarren schrien miteinander, Slozewski schaute immerzu finster drein, Richmond ging von einer Hobbit-Pose zur nächsten über, tanzte Boogie, setzte sich in Positur und bearbeitete seine Gibson, während er zu Faxons beißendem Text sein Bestes gab.
    Ein paar Minuten lang schien die Menge darauf

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