Armegeddon Rock
Hochglanzfoto entgegenlächelten. Sie hatten sehr weiße Zähne, dachte Sandy. Hinter dem Schild war der große, leere Club. Er konnte eine Bühne ausmachen, die noch mit Instrumenten und Sound-Equipment übersät war, eine Tanzfläche, eine große Zahl von Tischen und Stühlen und mindestens drei Bars, eine lange an der westlichen Wand und zwei kleinere, runde in der Mitte des Saales, umringt von Barhockern. Die getäfelten Wände waren mit alten Rock-Postern bedeckt, die ihn unangenehm an Jamie Lynchs Büro erinnerten.
Hinter einer der runden Bars richtete ein junger Bursche alles her und sprach mit einem großen Kerl in einem Nadelstreifenanzug, der sich gegen das Geländer lehnte und ein wenig wie ein Mafia-Killer aussah. Sandy schaute sich um und sah kein Zeichen von sonst jemand, also ging er auf sie zu. Sie beobachteten beide, wie er näher kam. »Wir haben geschlossen«, rief ihm der Barman schließlich zu.
»Ich weiß«, sagte Sandy. »Ich suche Gopher John. Wann, meinst du, kommt er?«
Der Mann in dem Nadelstreifenanzug räusperte sich. »Ich bin John Slozewski«, sagte er. Er streckte die Hand aus. »Du bist Sandy Blair, stimmt’s? Ich erinnere mich an dich.«
Sandy schüttelte ihm die Hand und bemühte sich, eine zweite Spätzündung zu vermeiden. Gopher John Slozewski war ein riesiger, finster dreinschauender Bär von einem Mann gewesen, der gern zerrissene Jeans und buntgefärbte Kittel getragen hatte. Mit seinem gewaltigen schwarzen Bart, seinem Mondgesicht, den geröteten Wangen und dem Bauch hatte er Sandy manchmal an ein finsteres Gegenstück zum Weihnachtsmann erinnert. Der Mann, der ihm die Hand schüttelte, war ein Fremder, an dem er auf der Straße wahrscheinlich ohne einen zweiten Blick vorbeigegangen wäre. Slozewski hatte Gewicht verloren; sein Gesicht war nicht mehr rund und engelhaft, und er war unter seiner Weste gut in Form. Der Bart war fort, und das schwarze Haar, das langsam zurückzuweichen begann, war modisch geschnitten und frisiert. Nur die Größe hatte sich nicht geändert. Die Hand, die Sandys Hand umschloß, war riesig, dieselbe mächtige rote Faust, die voller Schwung den rechtschaffenen, schonungslosen Beat der Nazgûl herausgehämmert hatte. »Ich hätte dich nie erkannt«, sagte Sandy.
»Die Zeiten ändern sich«, erwiderte Slozewski. »Ich muß meinen Laden hier am Laufen halten. Mister John Slozewski kann das wesentlich reibungsloser als ein Hippie namens Gopher John mit Haaren bis zum Arsch. Du würdest es nicht glauben, ich bin jetzt Mitglied der Handelskammer. Was trinkst du?«
»Ein Bier«, sagte Sandy.
»Zapf ihm eins, Eddie«, sagte Slozewski. Der Barmann füllte das Glas und schob es zu Sandy hinüber. Slozewski nickte ihm zu. »Geh und richte die Hauptbar her, damit wir reden können, okay?« Der Barmann verschwand. »Du bist also immer noch beim Hog, hm?«
»Ja und nein«, sagte Sandy. Er schlürfte sein Bier und ließ sich auf einem Barhocker nieder. »Das ist ein freier Auftrag. Heute schreibe ich im wesentlichen Romane.«
»Gut für dich«, sagte Slozewski flach. Weder seine Stimme noch sein Gesicht verrieten eine Spur von Wärme, aber Sandy wußte, daß das irreführend war. Gopher John Slozewski war für seine ständige finstere Miene und seine knappe, kurzangebundene Art im Umgang mit der Presse und der Öffentlichkeit berühmt gewesen. Das und sein wildes Trommeln hatten ihm den Ruf eingetragen, ein bißchen bösartig zu sein, ein bißchen verrückt und mehr als nur ein bißchen dumm. Nichts davon entsprach der Wahrheit, wie Sandy herausgefunden hatte, als er die Nazgûl zum erstenmal interviewte. Wenn überhaupt, war Slozewski einer der sanftesten und freundlichsten Männer in der Welt des Rock, aber sein Charme war gut versteckt hinter seiner angeborenen Scheu und Zurückhaltung. In dieser Hinsicht hatte er sich anscheinend nicht sehr verändert. Nachdem er seinen Kommentar abgegeben hatte, saß er still da und wartete, daß Sandy fortfuhr.
Sandy nahm sein Notizbuch heraus. »Du kannst dir wahrscheinlich denken, worüber ich mit dir sprechen will«, sagte er.
Slozewski blickte auf den Notizblock und lächelte dünn und flüchtig. »Schau sich einer das an«, meinte er. »Ist ’ne Ewigkeit her, daß ich ’n Reporter gesehen hab, der sich den Kram aufschreibt. Die Neuen benutzen alle kleine Kassettenrecorder.« Er seufzte. »Du willst mich wahrscheinlich über Lynch ausfragen, stimmt’s? Und über die Nazgûl?«
Sandy nickte.
»Das war
Weitere Kostenlose Bücher