Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
Blick, die Sandy sich vorgestellt hatte, sah er einen schlanken, glattrasierten, lächelnden Mann Mitte Dreißig. Morse trug einen weißen Rollkragenpullover und steife neue Bluejeans. Sein hellbraunes Haar lief vorne zu einer kleinen Witwenspitze zu. Er hatte große braune Augen, eine Kerbe im Kinn und Grübchen. Der Mann, der mitgeholfen hatte, die American Liberation Front zu gründen, sah aus, als ob die einzige paramilitärische Gruppe, mit der man ihn möglicherweise in Zusammenhang bringen könnte, die Pfadfinder seien. Für einen flüchtigen, bizarren Moment fragte sich Sandy, ob Ray ihm bloß einen Bären aufgebunden hatte, um ihn loszuwerden.
    Dann bemerkte er Morses Schmuck, und das Bild der Normalität bekam einen kleinen Sprung. Er trug einen schweren, mit astrologischen Zeichen bedeckten Anhänger, und an seiner linken Hand hatte er einen riesigen silbernen Ring, anscheinend mit einer in Luzit eingeschlossenen toten Schwarzen Witwe. Und da war auch etwas in seinen Augen. Hinter der sanften, braunen Wärme an der Oberfläche glitzerte kurz etwas und war dann verschwunden. Sandy suchte danach, fand keine Spur davon und senkte verwirrt den Blick. Vielleicht war es nur so, daß er sah, was er zu sehen erwartet hatte: einen Fanatiker. Ein Journalist mußte sich vor seinen vorgefaßten Meinungen in acht nehmen.
    Morses erste Worte waren harmlos genug, und sie waren an Ananda gerichtet, nicht an Sandy. »Wie war deine Fahrt?« fragte er.
    »Keine Probleme«, erwiderte sie. »Sieht aus, als könnte es ein schöner Abend werden. Nicht zu kühl.«
    »Gut«, sagte Morse. Er schnippte mit den Fingern. »Wo bleiben meine Manieren?« sagte er. »Gort, holst du Sandy einen Stuhl, bitte? Der große, bequeme aus dem Spielezimmer wäre prima.«
    Der Riese ging schweigend fort und kam kurz darauf zurück. Mit einer Leichtigkeit, mit der Sandy vielleicht einen Klappstuhl tragen würde, schleppte er einen enormen, überpolsterten Lehnstuhl. Er stellte ihn mit einem Grunzen mitten im Zimmer ab. Sandy setzte sich hinein, schlug die Beine übereinander und sah Edan Morse ins Gesicht. Er mußte jetzt aufschauen; Morses Sessel war höher als seiner.
    Sie tauschten ein paar bedeutungslose Höflichkeiten aus, und dann schickte Morse sowohl Gort als auch Ananda hinaus. Als sich die Tür leise hinter ihnen schloß, wurde Morses Lächeln gespannt, und sie kamen zur Sache. »Es war nicht nötig, eine solche Nachricht für mich zu hinterlassen«, sagte er. Er nahm den silbernen Dolch auf und benützte seine Spitze, um leicht auf Sandys Karte zu tippen. »Ich hätte auf jeden Fall mit Ihnen gesprochen. Rick Maggio rief an und erzählte mir von der Story, an der Sie arbeiten. Zum Teufel, ich hätte Kontakt mit Ihnen aufgenommen, wenn ich eine Ahnung gehabt hätte, wie ich Sie hätte finden können. Ich will über die Nazgûl und meine Pläne für sie sprechen.«
    »Ach wirklich?« sagte Sandy. »Was ist mit Jamie Lynch? Wollen Sie auch über ihn sprechen?«
    Edan Morse lehnte sich in den Drehsessel zurück. Er spielte mit dem Messer in der Hand und runzelte die Stirn. »Lynch? Warum sollte ich über dieses Schwein sprechen wollen? Ich verstehe nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    »Lassen Sie’s gut sein, Morse! Oder sollte ich Sie Sylvester nennen? Oder Maxwell? Sie wissen verdammt gut, worauf ich hinauswill. Wo waren Sie in der Nacht, als Jamie gestorben ist?«
    Morse lächelte dünn. »Um die Wahrheit zu sagen, ich war in Beverly Hills, im Haus eines alten Freundes der Familie. Ein Bankier, der meinem Vater früher sehr nahestand. Ein reicher, analer Faschist, ungeheuer respektabel. Es war schon spät. Ich hab ihn aus dem Bett geholt und bin lange geblieben, aber er hat sich damit abgefunden, denn er führt den Vorsitz bei einer lokalen Wohltätigkeits-Aktion, und ich hab ihm einen Scheck über fünftausend Dollar gegeben. Er verabscheut mich, aber er wird sich an meinen Besuch erinnern.«
    »So?« sagte Sandy. »Dann waren Sie vielleicht nicht persönlich in Maine, aber es war trotzdem Ihre Hand, die da über weite Entfernung am Werk war.«
    »Sie haben keine Möglichkeit, das zu beweisen«, sagte Morse. Er setzte sein Pfadfinderlächeln mit Grübchen auf.
    Sandy beschloß, ihn ein bißchen aufzustören und zu sehen, ob ihm ein Zacken aus der Krone brach. »Lynch war ein sehr ordentlicher Mensch. Hatte alles durchorganisiert. Seine ganze Korrespondenz zu den Akten genommen. Die Cops haben Ihre Briefe und Durchschläge von seinen

Weitere Kostenlose Bücher