Armegeddon Rock
sagte Ananda, »wirst du das nicht tun. Ich hab genug von dem gelesen, was du geschrieben hast, um mir einen recht guten Begriff davon machen zu können, wie du bist. Ich traue dir. Aber selbst wenn ich mich irre, macht es nichts. Klar, Edan wird nervös, wenn er mit Sylvester oder Von Doom oder den Alfies in Verbindung gebracht wird. Du würdest auch nervös werden. Aber es ist nicht so, als ob keiner einen Verdacht hätte. Der Underground war immer voll von Gerüchten. Und ich muß dir nicht erzählen, wie gründlich die meisten radikalen Gruppen infiltriert worden waren, was bedeutet, daß die Bundesbehörden diese Gerüchte auch gehört haben. Du willst das FBI anrufen und ihnen was über Sylvester erzählen? Du brauchst es Edan bloß zu sagen, und er wird dich sein Telefon benutzen lassen. Du kannst es nicht beweisen. Die Sache daran ist, was du weißt und was ich weiß und was sie wissen ist kalter Kaffee, solange es keine Beweise gibt. Edan war immer vorsichtig. Du willst was über Edan wissen? Das ist das erste. Er ist vorsichtig. Er mußte es sein.«
»Ja?« sagte Sandy. »Und was ist er sonst noch?«
»Engagiert«, sagte Ananda. »Er ist ein großer Mann, Sandy. Das ist er wirklich. Du wirst sehen. Wenn wir ein paar mehr wie Edan Morse gehabt hätten, wäre die Revolution in Gang gekommen, als es Zeit dafür war, und dies wäre heute eine bessere Welt.«
»Wie kommt es dann, daß die Alfies diesen großen, engagierten Mann mit einem Tritt in den Arsch rausgeworfen haben?« fragte Sandy in der Hoffnung, etwas loszurütteln.
»Das ist eine verzerrte Version von dem, was wirklich vorgegangen ist. Es war Edan, der nichts mehr mit den Alfies zu tun haben wollte. Sie zankten sich herum und waren unfähig und fatal bloßgestellt. Verflucht, ich würde sagen, ungefähr die Hälfte von ihnen waren Polizeiagenten. Du kennst die Sorte – diejenigen, die zu allen Versammlungen kommen und auf immer mehr Gewalt drängen, damit sie jede Menge terroristischer Scheußlichkeiten haben, die sie in der Presse hochspielen können. Edan hatte davon die Nase voll, also scheuchte er sie halt weg.«
»Willst du sagen, daß der berüchtigte Sylvester gewaltlos geworden ist?«
»Edan hatte nie etwas für sinnlose Gewalt übrig«, erwiderte Ananda.
»Interessant«, sagte Sandy. »Aber es paßt nicht zu den Geschichten, die ich gehört habe. Soweit ich erfahren habe, ist Morse verschroben geworden. Spirituell.«
»Das ist nicht so abwegig«, sagte Ananda gelassen. »Edan hat seherische Fähigkeiten. Visionäre Kraft.«
Sandy fühlte sich sehr unbehaglich. »Na, großartig.«
»Du hörst dich skeptisch an. Fein. Bei mir war es zuerst genauso. Wer könnte schon diesen ganzen abgedrehten Okkult-Scheiß glauben, stimmt’s? Nun, ich tue es jetzt. Ich habe Dinge gesehen. Dinge erlebt. Ich will nicht so tun, als ob ich alles verstünde, aber ich glaube es.« Sie blickte ihn aus den Winkeln ihrer großen dunklen Augen an, und wieder huschte ihre Zungenspitze in einer nervösen und zugleich seltsam erotischen Geste über ihre Unterlippe. »Hast du je ein Gespenst gesehen, Sandy?« fragte sie.
Vor einem Monat hätte er über die Frage gelacht. Aber das war vor seiner sonderbaren Nacht in Chicago gewesen. Er zögerte. »Ich – ich bin nicht sicher. Vielleicht. Ich glaube, es war nur ein Traum.«
»Die Welt ist voll von Kräften, die wir nicht verstehen«, sagte Ananda munter. »Du kannst sie leugnen, soviel du willst, aber dadurch werden sie nicht weniger real. Das war ein Teil von dem, worum es bei der ganzen Gegenkultur-Geschichte ging, nicht wahr? Die Denkmuster der Mittelklasse abzuwerfen, die ganzen vorgefaßten Meinungen, die wir von Papa und Mama und Reverend Jones übernommen haben, damit wir die Welt so sehen konnten, wie sie wirklich war. Nur daß die vorgefaßten Meinungen für die meisten zu stark waren. Aber nicht für Edan. Er ist durchgebrochen.«
»Zu was?« fragte Sandy.
»Das soll er dir selbst erzählen«, sagte sie. »Hauptsache, du bleibst unvoreingenommen. Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde, Horatio, als wir uns träumen lassen in…«
»Kapiert«, unterbrach Sandy. Sie lachten beide, ohne ersichtlichen Grund. Dann herrschte einen Moment verlegenes Schweigen. Sandy saß da und sah sie an. Er konnte eine echte sexuelle Spannung in der Luft spüren. Er versuchte sich einzureden, daß Ananda nur eine Quelle war, ein Teil seiner Story, aber die Anziehung war unbestreitbar. So sehr er auch versuchen
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