Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arno-Linder 1: Papierkrieg

Arno-Linder 1: Papierkrieg

Titel: Arno-Linder 1: Papierkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Mucha
Vom Netzwerk:
dieser Vortrag so wichtig für das Institut ist, warum brauchen Sie dann mich dafür?«
    »Mich kennt man längst, und wir müssen die ganze qualitative Breite des Instituts präsentieren. Die anderen, nun gut, Sie wissen, dass …«
    »… die Kollegen nicht im Sinne des Anforderungsprofils präsentierbar sind. Wollten Sie das damit zum Ausdruck bringen?«
    »Ja. In etwa.«
    »Sollten wir in diesem Fall nicht wenigstens eine Philologin entsenden? Schließlich wollen wir nicht den Eindruck vermitteln, eine Bastion hinterwäldlerischer Männerbündler zu sein wie das Philosophische Institut.«
    »Sie haben schon recht, Linder, aber das Problem hat uns Ihr Herr Doktorvater eingebrockt, indem er Sie hier reingesetzt hat. Sie wären mir als Frau, am besten mit Migrationshintergrund und Dreadlocks, auch lieber. Aber das sind die Fakten, die müssen wir akzeptieren.«
    Ihr Blick war eiskalt und ich sah sie im Geiste die Möglichkeit einer Blitzoperation erwägen. Eine gender-gemainstreamte Philologin, die einmal ein Mann gewesen war, das wäre innovativ und würde das Institut auf Jahre hinaus retten. Diese Gedanken musste ich schnell abwürgen, bevor mir daraus noch unliebsame Konsequenzen erwüchsen. »Dann soll ich also ein bisschen auf die zivilisatorische Funktion der Sprachgelehrsamkeit eingehen, die für das Funktionieren einer pluralen Gesellschaft unabdingbar sind. Wie Toleranz, Pazifismus und Freiheit?«
    »Genau. Spielen Sie die Trumpfkarte des Humanisten als Lehrer aus!«
    »Die Tatsache, dass gerade die Generationen, die am stärksten humanistisch erzogen wurden, den Nationalsozialismus installiert und zwei Weltkriege entfesselt haben, verschweigen wir aber besser? Oder sollen wir, angesichts des zu erwartenden Rechtsruckes bei den nächsten Wahlen, uns schon vorausschauend einem blau-braunen Universitätsminister an die Brust werfen?«
    »Lassen Sie die Witze, Linder. Nach der Wahl ist das früh genug. Wir müssen das nicht im vorauseilenden Gehorsam einbringen.«
    Danach herrschte einen Moment Stille. Glanicic-Werffel war aufgefallen, was sie da gesagt hatte. Sie räusperte sich verlegen und merkte an: »Sie verstehen mich schon. Wenn alles gut geht und Sie dazu beitragen, das Überleben des Instituts zu sichern, wird auch das Institut für Ihr Überleben sorgen. Und vergessen Sie die geschlechtsneutralen Endungen nicht. Wir sehen uns.«
    Damit verließ sie mein Zimmer. Ich schenkte mir Tee aus dem Samowar nach und lehnte mich zurück. Um mich auf den Vortrag angemessen vorzubereiten, war es ohnedies zu spät. Jetzt konnte ich nur mehr dem Schicksal die Zügel in die Hand legen, mich in die Zuschauerränge begeben und auf einen interessanten Ausgang der Affäre hoffen.
    Ich hatte mich gerade dazu durchgerungen, ein paar Takte Musik zu hören, als es an der Tür klopfte. Schnell simulierte ich intensive Arbeitsamkeit und ließ ein zerstreutes »Herein« hören. Die Tür ging auf und herein kamen meine russischen Freunde, Boxer und Augenbraue. »Sie haben Termin.«
    »Davon hab ich aber gar nichts gewusst. Das nächste Mal verständigen Sie mich im Voraus und machen mit meiner Sekretärin einen Termin aus. Momentan sehe ich mich gezwungen, Ihre liebenswürdige Einladung abzusagen, da ich leider nicht abkömmlich bin.«
    »Doch. Mittagessen. Mitkommen.«
    Augenbraue blieb an der Tür stehen und blockierte sie mit seinen Schultern. Boxer machte zwei geschmeidige Schritte in Richtung auf meinen Tisch. Drohend blieb er stehen. Perfekt ausbalanciert, zum Schlag bereit. Es blieb mir nichts anderes übrig, ich musste der Gewalt weichen und mich einverstanden erklären. Boxer hielt mir meinen Mantel hin, ich sperrte mein Büro ab und wir verließen die Universität. In der Grillparzerstraße wartete ein schwarzer Mercedes auf uns und Boxer hieß mich einsteigen.
    »Was, kein Wolga? Habt ihr kein Vertrauen mehr in eure eigenen Autos?«
    »Schluss mit Sprüche! Einsteigen.«
    Er hielt mir die Tür auf und stieß mich recht unsanft hinein. Augenbraue saß vorne beim livrierten Chauffeur und Boxer hinten, rechts neben mir. Wir fuhren den Ring hinunter zum Marriott, dort in die Tiefgarage und mit dem Aufzug hinauf in eine der Suiten.
    Oben angekommen klopfte Augenbraue sachte an die edle Tür. Boxer stand hinter mir, der Chauffeur war beim Wagen geblieben. Die Tür öffnete sich, ein russischer Ikeaschrank lugte heraus und forderte uns nach eingehender Musterung mit einem Kopfnicken dazu auf, einzutreten.
    Die Suite war

Weitere Kostenlose Bücher