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Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)

Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)

Titel: Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melissa Marr
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angewöhnt, alle Neuankömmlinge zu porträtieren. Nie wusste sie, wie lange sie da sein würden. Ein paar wachten nach ihrem ersten Tod nicht wieder auf, und andere gehörten jahrelang zum Team. Bisher war es ihr nicht gelungen, ein Muster dafür festzustellen. Und noch wichtiger, Jack ebenfalls nicht, obwohl er seit jeher viel Zeit damit verbrachte, jeden möglichen Aspekt ihrer Lage zu untersuchen.
    Als Kitty das Porträt beendet hatte, legte sie es zu dem Bilderstapel, den sie in einem Kästchen aus poliertem Holz aufbewahrte. Manchmal sah sie sich die Bilder an, aber heute war Marys Verlust noch zu frisch. Sie klappte das Kästchen zu, stellte es wieder in sein Versteck und legte ihre kostbaren Stifte zurück in den Koffer, in dem sie sie aufbewahrte. Danach fiel ihr nichts anderes mehr ein, das ihr gestattet hätte, im Zelt zu bleiben, ohne die schlafende Frau auf dem Bett zu stören. Daher fügte sie sich dem Unausweichlichen: Sie huschte aus dem Zelt und ließ die Zeltklappe mit einem dumpfen Geräusch herabfallen.
    In der Wüste war es noch warm, aber die brutale Tageshitze hatte nachgelassen, sodass es nicht mehr so drückend war. Die Monde gaben so viel Licht ab, dass die Schatten beinahe bläulich wirkten. Kurz fühlte sie sich versucht, wieder nach drinnen zu gehen, um ihre Haare zurechtzumachen, sich das Gesicht zu schminken oder sich einen ordentlichen Rock zu suchen. Aber das war töricht. Edgar hatte sie schon gesehen, nachdem ein wild gewordener Eber ihr den Bauch aufgerissen hatte. Er hatte sie gesehen, als sie nach einem Kampf mit einem Bloedzuiger blutüberströmt gewesen war und sich kaum noch aufrecht halten konnte. Er hatte sie ein paarmal sterben sehen. Es gab also keinen Grund, sich hübsch zu machen, aber sie tat es trotzdem noch viel zu oft.
    Nachdem sie sich mit einem gründlichen Blick vergewissert hatte, dass niemand der anderen in der Nähe war, ging sie zum Wachposten hinüber. Edgar rechnete zweifellos damit, dass sie zu ihm kommen würde, und wartete seit einiger Zeit auf sie, aber trotzdem wandte er den Blick nicht von der weiten, dunklen Wüstenlandschaft. Während sie sich dem Ausguck näherte, musterte sie ihn. Edgar war gut anzusehen. Manchmal, im Lager, trug er einfache schwarze Hosen und Hemden und abgetragene Stiefel. In der Stadt oder bei Verhandlungen zog er oft auch ein Jackett an. Kleine Farbtupfer setzte er mit einer Krawatte oder einem sorgsam gefalteten Einstecktuch. Doch obwohl er weiter an dem Kleidungsstil der Welt festhielt, die er gekannt hatte, als er in Chicago lebte, behauptete er, dass es ihn nicht dorthin zurückzog. Sein großes Zugeständnis an das Leben im Wasteland war, dass er sich jetzt offen mit Waffen behängte, ganz ähnlich wie manche Frauen mit Schmuck.
    Kitty wusste, dass sie hier im Dunkeln stehen und ihn die ganze Nacht ansehen könnte, und er würde nie in ihre Richtung blicken. Niemals würde er seine Pflichten vernachlässigen, um sich nach ihr umzusehen. Er würde einfach warten … und wenn sie nicht während seiner Wache zu ihm kam, würde er morgen in ihr Zelt kommen. Unmöglich, dem Gespräch zu entgehen.
    Edgar war alles, was zwischen ihnen und den Kreaturen, die durch das Dunkel streiften, stand. All ihre Lager waren von magisch besprochenen Zäunen aus Metalllegierungen umgeben und mit Zauberformeln geschützt. Das hieß, dass es nur einen Weg hinein oder heraus gab, und diese Stelle wurde zu jeder Zeit bewacht. In ein paar Städten nahmen sie sich auch Zimmer in einem der Gasthäuser, aber wenn das, was sie gerade jagten, problematischer war als üblicherweise, bestand Jack darauf, dass sie sich von der Stadt fernhielten. Sie hatten so manches Monster auszuschalten, aber das hieß nicht unbedingt, dass es sich dabei um Tiere handelte. Manche waren so klug wie Menschen – viel zu oft sogar intelligenter – und so gerissen, dass sie die Stadtbewohner als Geiseln oder Spitzel einsetzen würden.
    Abgesehen von den Monstern und dem Mann vor ihr erinnerte das Leben in der Wüste sie an die Goldgräberstadt, in der sie in den 1870ern gelebt hatte. Nicht deshalb, weil es zu Hause gewesen war, aber das Leben war einfacher gewesen als das, das sie führte, seit sie ins Wasteland gekommen war. Dort hatte sie getanzt und Idioten um ihr Geld erleichtert, im Austausch gegen ein paar Minuten schmutziges Betatschen oder ein wenig kreatives Kartenspiel. Hier wurde der vermeintliche Frieden der Wüste nur allzu oft von dem Knurren, Kreischen oder

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