Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
den nichtmenschlichen Schreien der Wesen, die da draußen lebten, gestört.
»Edgar«, begann sie.
»Manchmal ermüdest du mich, Kit.« Er nahm kein Blatt vor den Mund; das hatte er noch nie getan. »Was hast du dir dabei gedacht, so spät am Tag allein in die Stadt zu gehen? Du weißt, was für Kreaturen nachts da draußen herumschleichen.«
»Ich hatte eigentlich vor, bis zum Morgen zu bleiben«, sagte sie leise.
Das brachte ihr einen Blick ein, bei dem sie am liebsten zusammengezuckt wäre. Stattdessen reckte sie das Kinn. Edgar war nicht ihr Ehemann, er hatte kein Recht, sie anzusehen, als hätte sie ihn betrogen. Das sprach sie jedoch nicht aus, weder Edgar noch jemand anderem gegenüber.
Er sah wieder über die Wüste. »Bei jemand Speziellem? Daniel?«
Sie seufzte. »Nein. Ich wollte nur … einmal raus hier, weg von alldem. Möchtest du nicht manchmal einfach flüchten?«
Edgar zuckte mit den Achseln. »Ich darf töten, und manchmal bekomme ich dich. Warum sollte ich mir etwas anderes wünschen? Das Sterben tut immer weh und das Aufwachen auch, aber es ist nicht so übel.«
»Was macht es also, wenn ich allein da draußen bin?« Am liebsten wäre sie vor ihn hingetreten und hätte ihn gezwungen, sie anzusehen, aber keiner von ihnen würde zulassen, dass ihre Auseinandersetzungen das Lager gefährdeten. »Es würde heilen. Egal, was sie mir antun, ich würde wieder gesund.«
»Erzähl das mal Mary oder Patrick oder Des …«
» Sie waren aber nicht die Ersten«, unterbrach sie ihn. »Jack und mich, uns bringt nichts um. Alle anderen kommen, und dann sterbt ihr mir eines Tages alle weg. Und ich? Ich bleibe lebend in dieser Hölle zurück.«
»Ich bin noch nicht gestorben, Kit. Vielleicht bist du genauso sterblich wie ich, oder ich bin genauso unsterblich wie du. Ehe nicht einer von uns endgültig stirbt, können wir das unmöglich wissen.« Edgar streckte den Arm aus und ergriff ihre Hand. »Nächstes Mal solltest du Jack Bescheid geben, wenn du es mir nicht sagst.«
»Ich weiß.« Sie unterbrach sich. Sie wünschte sich genauso stark, ihm ihre Hand wegzureißen, wie sie hoffte, er werde sie an sich ziehen. »Sei bitte Francis nicht böse. Er hat es Jack gesagt, sobald er von der Patrouille zurück war.«
»Er hätte es mir sagen können«, meinte Edgar.
Sie schüttelte den Kopf. »Du schüchterst ihn ein.«
»Gut.« Edgar ließ ihre Hand los und hielt ihr ein Holster entgegen. »Wenn du schon Wache mit mir stehst, kannst du dich ebenso gut bewaffnen.«
»Wegen Daniel …«
»Nein.« Einen Sekundenbruchteil lang blickte Edgar in ihre Richtung. »Wenn er hierher zurückkehrt, bleibe ich nicht. Ich werde nicht für Ajani arbeiten wie er, aber ich werde nicht hierbleiben und zusehen, wie du mit ihm zusammen bist.«
»Ich weiß«, flüsterte sie.
»Ich bin geduldig, Kit, mehr als mir lieb ist. Aber du und ich, wir wissen beide, wohin du gehörst.«
»Ich kann nicht.«
Er lachte gezwungen. »Doch, du kannst. Du hast nicht aufgehört, mich zu lieben, nur weil wir getrennt schlafen.«
Kitty vermochte nicht, ihn anzulügen, daher sagte sie gar nichts.
»Halte dich von Daniel fern, Kit«, sagte Edgar. »Ich verzeihe viel, aber es gibt Grenzen.«
»Deswegen habe ich Nein gesagt«, gestand sie zittrig. Sie zögerte. »Ich möchte nicht, dass du gehst«, setzte sie dann hinzu.
»Das ist doch schon einmal ein Anfang«, murmelte Edgar.
Damit verstummten sie beide. Wenn sie nicht redeten, verstanden sie sich gut. Gespräche führten zu Streitigkeiten. Wenn sie mit einem Monster kämpften, auf das sie gerade Jagd machten, wenn sie patrouillierten, wenn sie alles andere taten als zu reden, war alles gut zwischen ihnen.
Bevor Edgar ins Wasteland gekommen war, hatte er auf der falschen Seite des Gesetzes gestanden. Das hätte sie auch erraten, wenn er ihr nicht von seinem Leben erzählt hätte. Er war bei einer Organisation beschäftigt gewesen, die ihr Geld mit Glücksspiel, Clubs und Alkohol verdiente. Sie hatte sich gefragt, ob sie wirklich aus demselben Land stammten, als er ihr sagte, zu seiner Zeit hätte die US -Regierung den Alkohol verboten. Doch andere Arrivals bestätigten, dass es eine kurze, merkwürdige Zeit gegeben hatte, in der der Vertrieb und Verkauf von Alkohol illegal gewesen waren.
Bei Edgar gab es keine Illusionen. Er hatte keine Skrupel wegen dem, was er war oder was er getan hatte – weder in Chicago noch im Wasteland. Dort war er ein Auftragskiller gewesen, und als er hier
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