Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
Reise … hierher«, wiederholte Chloe.
Sie ging zu dem mit einem Vorhang abgetrennten Teil, von dem sie sich vage erinnerte, dass Kitty ihn ihr irgendwann gezeigt hatte. Es war ein kleiner Sieg, dass sie die fremde Frau nicht bitten musste, ihr beim Gang zur Toilette und zum Waschen zu helfen.
Als sie zurückkehrte, warf Kitty ihr einen anerkennenden Blick zu. »Du träumst nicht. Du bist nicht tot. Liegst nicht im Koma.« Sie zählte die Alternativen an den Fingern ab. Mit jeder Bewegung flatterte der Stoff in ihrer Hand. »Du befindest dich im Wasteland. Warum? Das scheint niemand zu wissen. Ich bin seit sechsundzwanzig Jahren hier. Jack auch.«
»Aber … du siehst nicht …« – Chloe rechnete es schnell nach –, »wie jemand aus den 1980ern aus … oder als wärst du alt genug, um auch nur annähernd so lange hier zu sein.«
»Sobald wir herkommen, altern wir nicht weiter. So ist es.« Kitty streckte die Arme in einer Geste aus, die sie aufforderte, sich das anzusehen. »Äußerlich werde ich nicht mehr älter werden – oder Kinder haben, soweit wir das beurteilen können.«
Chloe starrte sie an und versuchte die Vorstellung, nicht zu altern, zu verdauen. Dieser Teil klang nicht schlecht. Die Idee, niemals Kinder zu haben, klang dagegen weniger reizvoll. Nicht, dass sie vorgehabt hätte, in nächster Zeit welche zu bekommen, aber die Vorstellung, dass sie keine Wahl hatte und nie welche bekommen würde, wirkte ernüchternd.
Kitty trat an ihr vorbei und hob einen zerrissenen Rock auf. »Und ich bin nicht aus den 1980ern ins Wasteland gekommen. Hier und zu Hause verläuft die Zeit unterschiedlich. In meiner Welt war es 1870, als ich hergekommen bin. Manchmal klaffen große Lücken zwischen den Zeiten, aus denen die Leute kommen. Wir haben hier noch niemanden gehabt, der später als 1989 durchgekommen ist oder früher als Jack und ich.«
»Ich komme aus einer späteren Zeit.« Chloe versuchte sich auf die Einzelheiten zu konzentrieren, die Worte, die Kitty sagte. Andernfalls, würde Chloe über das Große, Ganze nachdenken, die vollkommene Unmöglichkeit von allem, würde sie vielleicht zusammenbrechen. »Ich bin 2010 in Washington, D . C ., in eine Bar gegangen. Dann war ich hier.«
Kurz sah Kitty sie an und zuckte mit den Achseln. »Das musste ja irgendwann passieren«, sagte sie.
Als Chloe keine Antwort gab, trug Kitty den Rock, Nadel und Faden an eine Stelle auf dem Boden. Dann setzte sie sich auf die Erde und nahm den Rock und die Rüsche auf den Schoß. Irgendwie wirkte das noch absurder als alles andere bisher; oder vielleicht hatte Chloe einfach eine gewisse Schwelle an Absurditäten überschritten. Sie begann zu lachen, aber nach ein paar Sekunden begann ihr Gelächter verdächtig zu klingen wie Schluchzen.
»Alles in allem machst du dich ausgezeichnet«, meinte Kitty nicht unfreundlich. Dann sah sie auf ihre Näharbeit hinunter, als bemerke sie nicht, dass Chloe weinte.
Chloe starrte die Frau aus dem neunzehnten Jahrhundert an, die ganz ruhig in der Mitte eines Zelts in der Wüste saß und nähte, und Kitty tat sehr offensichtlich so, als warte sie nicht darauf, dass sie sich zusammennahm. Vielleicht war es Kitty auch egal, ob sie wieder zu sich kam. Es gab keine Möglichkeit, das zu wissen, ohne sie zu fragen, und dazu hatte Chloe nicht viel Lust. So ging es ein paar Minuten weiter, bis Chloe doch das Schweigen brach. »Wieso ausgerechnet ich?«, fragte sie.
Kitty hob den Blick von dem Rock und sah Chloe in die Augen. »Das weiß niemand.«
»Wie kann das sein? Wie kannst du sagen, dass du schon so lange hier bist und es nicht wissen?« Ihre Stimme wurde schriller, als die Panik dichter unter die Oberfläche stieg.
Das Lächeln, das Kitty ihr schenkte, war eher sardonisch als alles andere. Sie zog den Faden durch und machte dann noch einen Stich. »Kommt darauf an, wen du fragst«, erklärte sie dann. »Mein Bruder glaubt, dass wir als Strafe für bestimmte Sünden hier sind und dass wir für unsere Versäumnisse büßen müssen.«
»Ich habe etwas getrunken «, wandte Chloe mit schriller Stimme ein. »Jede Menge Leute trinken. Ich dumme Kuh habe jahrelang gesoffen, aber ich war die letzten fünf Jahre trocken. Wofür zum Teufel werde ich bestraft?« Sie wischte sich die Wangen ab. »Ein Drink kann doch nicht dazu führen, dass ich hier aufwache … wo immer das sein mag.«
»Da steht eine Waschschüssel mit kaltem Wasser.« Kitty zeigte auf eine Steingutschüssel, die über
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