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Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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leicht, von dem Boss loszukommen. Ich konnte nicht einfach kündigen. In seiner Denkweise als süditalienischer Mafioso gebührte diese Entscheidung ihm allein, und bislang war ich ihm noch nützlich. Während ich auf eine günstige Gelegenheit wartete, meinen Vertrag mit dem Blue Sky aufzulösen, wurde ich eines Nachts von den Rumänen gerufen. Sie wollten vier Albanern eine Lektion verpassen, die ein paar von unseren Tänzerinnen im Ort belästigt hatten. Ich wollte ihnen erst ausreden, mich zu der Strafaktion mitzunehmen, aber mir war klar, dass ich mich nicht allzu sehr sträuben durfte, sonst riskierte ich selbst eine Tracht Prügel. Wir nahmen einen gestohlenen Wagen. Einer der beiden gab mir einen Spatenstiel. Die Albaner wohnten in einem zwischen raureifbedeckten Weinbergen und Sojabohnenfeldern isoliert gelegenen Bauernhaus. Der Plan der Gorillas war schlicht. Tür eintreten, brüllend reinrennen, nach rechts und links austeilen. Das Schicksal bescherte mir den Einzigen der vier Albaner, der mit einem Messer bewaffnet war. Ich versuchte, ihm eins überzuziehen, aber er wich aus, und der Schlag landete auf seinem rechten Knie. Vor Schmerz wurde er ohnmächtig. Einer der beiden Rumänen bellte, ich solle ihm das Gesicht zu Brei hauen. Wütend schlug ich zu, dreimal. Zu Hause musste ich meine Hose wegwerfen, so voller Blut war sie. Der Vorfall beschäftigte die örtlichen Zeitungen eine Weile. Einen Toten hatte es gegeben, eingeschlagener Schädel. Vielleicht war das meiner. Vielleicht auch nicht. Die Albaner waren für alle Gesindel, und in der Bar des Ortes wurde die Sache mit einer Runde Prosecco gefeiert.
    Eines Morgens nach der Arbeit wartete Flora im Wagen vor meiner Wohnung. Lächelnd ging ich hin. Eigentlich waren wir nicht verabredet, und für einen Moment gab ich mich der Illusion hin, sie hätte Sehnsucht nach mir. Sie ließ das Fenster hinunter und lächelte mich an wie nie zuvor. Sie trug schwarze Handschuhe und reichte mir einen Umschlag heraus.
    »Hier, die zwanzig Millionen. Restlos. Endlich bin ich dich los«, sagte sie befriedigt.
    Ich erstarrte. Ich wollte sie nicht verlieren, die Macht, die ich über sie genoss. »Flora …«
    »Flora am Arsch«, unterbrach sie mich wütend. »Verschwinde aus meinem Leben.«
    Sie ließ den Motor an und wurde von der Nacht verschluckt. Ich wusste, dass ich sie für immer verloren hatte. Wenn ich sie bedrängte, würde sie sich bei meinem Boss beschweren, und dann säße ich wirklich in der Scheiße. Ich ging hinein. Mit einem Messer löste ich die Fliesen unterm Wachbecken und versteckte das Geld bei meinen übrigen Ersparnissen. Achtzig Millionen. Damit sollte sich doch etwas anfangen lassen.
    Am nächsten Tag spazierte ich durch die Ortsmitte. Als ich an Floras Geschäft vorbeikam, blieb ich nicht mal vorm Schaufenster stehen. Ich war wieder auf der Suche nach einer Frau und suchte den Ort methodisch und geduldig ab. Aber eine, die so schön und sinnlich war wie sie, fand ich nirgends.
    In der Nacht darauf, nach einem langweiligen, wenig belebten Abend, verließ ich das Lokal etwas früher als sonst. Ich fuhr in einen Nachtclub nach Jesolo, es hieß, da arbeite eine englische Animierdame von über vierzig. Eine Enttäuschung. Ein dünner Hering ohne Busen. Ich lud sie zu einem Drink ein, ließ mir ein bisschen dummes Zeug erzählen und ging wieder nach Hause. Dann und wann wäre ich gern zu Flora gegangen, aber ich beherrschte mich, aus Angst. Nur deswegen. Sonst hätte ich jeden Unsinn getan, um wieder bei ihr zu sein.
    Dann fing ich etwas mit der Witwe eines großen Mafioso aus Mailand an. Ihr Mann war in einem Spezialgefängnis ermordet worden, so hatte sie Macht und Geld verloren und musste sich als Hure in den Hotels durchschlagen. Sie spielte die feine Dame von Welt, die sich um die kahlköpfigen fünfzigjährigen Vertreter mit dickem Portemonnaie kümmerte. Ich sprach sie an, nachdem ich beobachtet hatte, wie sie erfolglos versuchte, mit dem Inhaber einer Käsefabrik aus dem Aostatal ins Gespräch zu kommen.
    »Bin ich dir nicht ein bisschen zu reif?«, fragte sie erstaunt.
    Ich betrachtete sie. Sie musste früher äußerst attraktiv gewesen sein, jetzt, mit über fünfzig, kämpfte sie mit der Zeit und den Falten, um nicht für dreißig Scheine pro Nummer auf der Straße anschaffen gehen zu müssen.
    »Willst du jetzt einen trinken oder zurück zu dem Käsetypen?«, unterbrach ich sie.
    Sie war lebenserfahren und sympathisch, plauderte gewandt, aber

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