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Arrivederci amore, ciao

Arrivederci amore, ciao

Titel: Arrivederci amore, ciao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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mehr brauchte, wegwerfen konnte. Er war Kronzeuge und Spitzel, und wie die meisten von uns hatte er weiter irgendwelche kriminellen Machenschaften am Laufen. Seine Schwachstelle war das Kokain. Die Kontrolleure von der Antimafia-Einheit konnten bei vielem die Augen zudrücken, bei Huren und Wucherkrediten, aber bei Drogenhandel wurden sie stinkig und holten die Handschellen raus. Also passte er in Sachen Koks gut auf. Ich hatte eine Weile gebraucht, bis ich wusste, wer seine Lieferanten waren. Aber wie alle Gangster konnte er es nicht lassen, bei den Mädchen, die er vögelte, herumzuprahlen. Einer Tänzerin, die schnupfte wie ein Staubsauger, hatte er eine schöne Ladung Schnee versprochen, aber sie sollte sich noch etwas gedulden, die Lieferung komme erst in zwei Tagen. Das Mädchen hatte mich gefragt, ob ich ihr zur Überbrückung was besorgen könne, daher wusste ich, wann die Ware kommen sollte.
    Am Tag der Übergabe beschattete ich ihn. Mitten am Nachmittag traf er in einem Kaufhaus in Treviso einen Ausländer mit olivbraunem Teint. Sie benutzten den alten Trick mit dem Hosenprobieren und betraten nacheinander dieselbe Umkleidekabine. Der Kurier ließ dort drinnen ein elegantes Köfferchen stehen. Mein Boss nahm es an sich und hinterlegte das Geld. Danach ging wieder der Ausländer mit einer anderen Hose hinein und holte es sich. Ich verfolgte den Dealer bis zum Parkplatz und schrieb mir sein Kennzeichen auf. Bevor ich arbeiten ging, gönnte ich mir zur Feier des Tages ein Abendessen in einem Luxusrestaurant. Jetzt hatte ich vor meinem Boss schon sehr viel weniger Angst.
    Nun gab es zwei Möglichkeiten, um im Blue Sky aufzuhören: den Boss an die Sacra Corona Unita verkaufen, die hatte schon seit einer Weile eine Rechung mit ihm offen, weil er diesen Boss aus Tarent verpfiffen hatte, oder eben an die Bullen. Es galt, das Pro und Contra sorgfältig abzuwägen. Ich durfte mir keinen Fehler erlauben. Die apulische Mafia würde ihn abstechen wie ein Zicklein oder ihn voll Blei pumpen, das Problem also mit der Wurzel ausrotten, nur konnte ich absolut nicht sicher sein, dass sie mich nicht gleich mit um die Ecke brachten, schließlich war ich ein möglicherweise unbequemer Mitwisser. Die Alternative mit den Bullen war weniger gefährlich, dafür komplizierter. Welchem Bullen durfte ich vertrauen? Sie machten es wie die Gangster, benutzten einen und beseitigten ihn dann. Nur taten Polizei und Carabinieri das nicht wegen offener Rechnungen, sondern aus Verachtung. Sie mit ihrem Hungerlohn, der Gefahr, den Magengeschwüren teilten die Welt in beschützenswerte Bürger und Abschaum ein, den es ins Gefängnis zu bringen galt. Abschaum, den sie hassten, dem sie ins Gesicht spuckten und in die Eier traten. Aber bei Anedda, dem Leiter der Spezialeinheit, hatte ich das Gefühl, ihm über den Weg trauen zu können. Irgendwas hatte er an sich, was mich glauben machte, er sei innerlich verfault. Nicht nur korrupt. Verfault. Genau der richtige Verbündete. Ihm meinen Boss auf einem Silbertablett zu servieren, das würde seinen Hunger stillen. Alles andere würde ich ihm später vorschlagen. Ich blinkte und fuhr auf eine Raststelle. Klo, Kaffee, Telefon. In dieser Reihenfolge.
     
    Ferruccio Anedda war wirklich elegant. Er hatte nicht nur einen guten Geschmack, er wusste die Sachen auch mit Stil zu tragen. Ein wirklich feiner Herr. Sogar nach dreihundert Kilometern Autobahn hatte sein cremeweißer Leinenanzug nicht mal eine Falte. Ich kam sofort zum Punkt, er hörte aufmerksam zu. Hinterher zündete er sich die Zigarette an, die er bislang zwischen Daumen und Zeigefinger hin- und hergedreht hatte. Er steckte den Zettel mit dem Kennzeichen des Dealers ein, erst dann sagte er etwas: »Bravo, Giorgetto Pellegrini. Du willst den Boss ficken, und ich soll dir erlauben, die Knete von dem Koks einzusacken.«
    »Da machen wir doch halbe-halbe«, schlug ich prompt vor. Ich hatte das ein wenig zu laut gesagt, aus Angst, ich könnte mich in ihm getäuscht haben. »Eine Erfolgsmeldung und Geld. Zwei super Gründe, meinen Vorschlag anzunehmen«, fügte ich hinzu, um meine Anspannung zu verbergen.
    Anedda war ein zu alter Hase, um dieses Detail nicht zu bemerken, und er spielte mit meiner Angst, indem er mir lange unverwandt in die Augen starrte. »Siebzig zu dreißig. Für wen hältst du dich, dass du denkst, du kannst auf die Hälfte Anspruch erheben?«
    Ich breitete die Arme aus. »Entschuldigung.«
    Wir befanden uns auf einem Sträßchen

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