Arrivederci amore, ciao
du ein Verbrecher. Und mit Verbrechern machen wir kurzen Prozess.«
»Tut, was ihr wollt.«
»Don Agostino hat uns eine interessante Geschichte erzählt.«
»Ja, ja, schon gut. Ich war bei einer Nutte.«
»Weißt du noch, bei welcher?«
»Nein.«
»Aber wo du sie aufgegabelt hast, wirst du ja wohl noch wissen?«
»An der Umgehungsstraße, im Industriegebiet.«
»An welchem Tag?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Daran erinnere ich mich nicht. Warum soll das so wichtig sein?«
»Wir werden dafür bezahlt, dass wir Fragen stellen. Auch unwichtige.«
»Willst du eine wichtige hören?«
Ich breitete die Arme aus. »Nur zu.«
»Hast du dem Mädchen das Aspirin gegeben?«
»Nein.«
»Wo hatte sie es dann her?«
»Aus der Apotheke, denke ich.«
»Ihre Angehörigen sagen, das ist unmöglich. Sie wusste, dass es sie umbringen würde.«
»Ich habe keine Ahnung.«
»Hat sie an den Tagen vor ihrem Tod über Kopfweh, Menstruationsbeschwerden, Fieber oder sonstige Schmerzen geklagt?«
»Mir hat sie nur gesagt, sie habe einen lästigen Ausschlag.«
»Sonst nichts?«
»Sonst nichts.«
Der Maresciallo klappte das Notizbuch zu und ging zur Tür, prompt gefolgt von seinem Untergebenen.
Er legte die Hand auf die Klinke, dann drehte er sich zu mir um. »Robertas Tod lässt sich nur mit drei Hypothesen erklären: Unfall, Mord oder Selbstmord. Dass es ein Unfall war, können wir getrost ausschließen. Entweder hat sie beschlossen, Schluss zu machen, weil sie die Demütigung nicht ertragen konnte, oder du hast sie umgebracht.«
»Warum hätte ich Roberta umbringen sollen? Ich habe sie geliebt, ich wollte sie heiraten.«
»Ach ja. Das Motiv«, sagte er nachdenklich. »Wenn es nach mir ginge, ich würde dich ins Loch stecken, bis die Ermittlungen beendet sind, aber kein Untersuchungsrichter unterschreibt mir einen Haftbefehl auf einen bloßen Verdacht hin und ohne Motiv.«
»Wir sehen uns bald wieder«, sagte der Brigadiere. »Vielleicht bei uns in der Kaserne.«
Ich ging in die Küche und machte mir einen Kaffee. Dann zündete ich eine Zigarette an und genoss sie in aller Ruhe. Es hatte geklappt. Die Bullen hatten nichts gegen mich in der Hand. Die Ermittlung würde ohne Ergebnis bleiben. Alles war nur eine Frage der Zeit. Da war ich sicher. Zur Sicherheit rief ich bei Avvocato Brianese an.
»Mach dir keine Sorgen, Giorgio«, sagte er verständnisvoll. »Ich rede mit dem Staatsanwalt. Und ich werde mal unsere uniformierten Freunde bitten, sich der Sache anzunehmen. Ich garantiere dir, diese beiden machen dir keinen Ärger mehr.«
Ja, die Freunde. Bei der Beerdigung waren sie alle zur Stelle. Sogar die Geldverleiher. Nur Robertas Eltern und übrige Angehörige würdigten mich in der Kirche keines einzigen Blickes. Irgendwie machten sie mich für diesen Todesfall verantwortlich. Sante Brianese kam zu mir und setzte sich neben mich.
Er drückte mir den Arm. »Ich habe vorhin ein Schreiben vom Gericht erhalten. Die Rehabilitation ist durch.«
Ich brach in Tränen aus. Vor Glück. Ich hatte es geschafft. Der Albtraum war vorüber. Endlich war ich einer wie alle anderen. Ein ganz normaler Bürger. Ich wischte mir die Augen. Ich konnte nicht erwarten, dass dieser Zirkus hier zu Ende war. Jemand nahm meine Hand. Martina. In ihrem Blick las ich die Entschlossenheit, Robertas Platz einzunehmen. Ich erwiderte den Druck ihrer Hand. Ich würde sie heiraten. Und ich würde niemanden mehr töten. Das brauchte ich jetzt nicht mehr. Endlich hatte ich alle Verbindungen zur Vergangenheit gekappt. Meine Gegenwart und Zukunft wurden durch eine Gemeinschaft repräsentiert, die großen Sinn für Freundschaft und gegenseitige Hilfe besaß. Und fürs Geschäft. Ich würde als ehrlicher, geschätzter Bürger angesehen, der einfach seinem Broterwerb nachging, sonst nichts. Und seinen Wohlstand genoss.
Der Friedhof wurde von einer schönen, warmen Sonne beschienen. Der Trauerzug folgte dem Leichenwagen in tiefer Stille. Nur die Schritte auf dem Kies waren zu hören.
Mein Kranz war der größte. Auf die Schleife hatte ich schreiben lassen »Arrivederci amore, ciao«. Etwas anderes war mir nicht eingefallen.
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