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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauricio Borinski
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ist heute beim Kunden angekommen und dem entsprechend groß ist der Andrang am Telefon. Obwohl immer noch Kunden in der Warteschleife hängen, surfe ich im Internet. Heute ist mein letzter Tag vor meinem Urlaub und deswegen habe ich keine Lust zu arbeiten. Während ich meine Ebay-Auktionen checke, führe ich ein Selbstgespräch und verkaufe einem imaginären Kunden zwei Matrixfiguren aus Hartplastik und ein Vampirkostüm samt Barockperücke und Gebiss. Bei Ebay finde ich ein paar interessante Artikel, auf die ich ein Auge werfen will. Ich verabschiede mich von meinem nicht vorhandenen Kunden, lege den Hörer für einen Moment auf das Telefon und nehme ihn sofort wieder ab. „Guten Tag. Hier ist die Lift Hotline. Mein Name ist Moritz Becker. Was kann ich für Sie tun?“
    Mich empfängt erneut das Tuten der Leitung. Ich drehe die Lautstärke am Headset etwas leiser und kann mich dann in aller Ruhe wieder dem Internet widmen. Als ich mich bei Ebay auslogge, beobachte ich auf meiner Seite 66 Artikel. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich jedoch noch zwei Kunden in der Warteschleife, also führe ich ein weiteres fiktives Beratungsgespräch, in dem ich die neuesten Karnevalskostüme präsentiere.
    Erst als auf der Anzeige zu erkennen ist, dass sich kein Kunde mehr in der Warteschleife befindet, bin ich bereit weiterzuarbeiten. Ich lege den Hörer auf das Telefon und warte ein paar Minuten bis ich den nächsten Kunden an der Strippe habe.
    „Guten Tag. Hier ist die Lift Hotline. Sie sprechen mit Moritz Becker. Was kann ich für Sie tun?“
    „Ja, endlich erreiche ich mal jemanden. Ich versuche es schon zum vierten Mal.“
    „Könnten Sie bitte etwas lauter sprechen? Ich verstehe Sie überhaupt nicht!“
    Erst dann fällt mir ein, dass ich mein Headset wieder lauter drehen muss.
    „IST ES JETZT BESSER?“
    „Ja, viel besser!“
    Ein wenig zu laut sogar. Da kriege ich doch einen Hörschaden von. Ich drehe die Lautstärke wieder runter.
    „Tut mir leid, dass Sie so lange warten mussten. Ist viel los! Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?“ Ich berate einen Kunden aus Erfurt, der sich ein paar Boxen bestellen möchte, danach geselle ich mich zu Daniela und erzähle ihr, dass ich in ein paar Tagen zum Skifahren in die französischen Alpen fahren werde. Sie wünscht mir viel Spaß, dann muss sie sich um einen Kunden kümmern.
    17.03.2005
    Während der Arbeit lästere ich mit Daniela per Internet über meine Abteilungsleiterin ab. Und was Daniela alles missfällt! Ich habe nicht gedacht, dass ihr überhaupt so viel an Anne auffällt. Ihre Stimme, ihr Gang, ihre Klamotten, ihre Frisur, ihre Haltung, ihr Parfüm, ihre Brille, ihre Figur. Das gesamte Erscheinungsbild, das nach Danielas Aussage >irgendwie behindert< ist. Ich schreibe selbst nicht viel, sondern lasse Daniela das Wort. Alle paar Minuten habe ich eine neue E-Mail von ihr in meinem firmeninternen Posteingang.
    21.03.2005
    Noch bevor ich mich zu meiner Spätschicht einstempele, laufe ich rüber in unsere Küche und schmeiße Milch und Kakao in den Mixer. Danach werfe ich Vanilleeis drauf und verrühre das Ganze zuerst auf Stufe eins, dann für dreißig Sekunden auf Stufe zwei. Kurze Zeit später ist der Shake fertig und ein kleines bisschen des Inhalts landet in einem Glas. Das ist für mich. Anschließend fülle ich den Edelstahlbecher mit frischem Vanilleeis, Sojamilch, viel Kakao und dem Rinderhirn, dass ich mir heute Morgen im Schlachthof besorgt habe. Ich schalte den Mixer auf Stufe zwei, verteile den Inhalt auf mehrere Gläser und laufe dann mit einem Tablett in der Hand rüber ins Callcenter.
    Gestern habe ich eine Reportage gesehen, in der berichtet wurde, dass Bakterien durch die Aufnahme von Partikeln, deren Eigenschaften absorbieren können. Ich bin gespannt, ob das, was die Bakterien machen, auch bei meinem Kollegen klappt. Vielleicht lernen sie ja was. Ist natürlich scheiße, dass ich das Hirn einer dummen Kuh und nicht das von Albert Einstein verfüttere, aber was soll ich machen? An besseres Material komme ich nun mal nicht so leicht. Und für die dummen Affen sind blöde Kühe schon ganz gut.
    Ich stelle das Tablett auf meinen Schreibtisch, stempele mich an meinem Computer ein, öffne das Warenwirtschaftssystem, rufe gleich danach alle anwesenden Mitarbeiter zusammen und biete ihnen einen Milkshake an.
    „Was ist denn der Anlass?“, fragt Robert, der DJ Tomekk zum Verwechseln ähnlich sieht.
    „Ich brauche noch eine Szene für meinen Film und wollte

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