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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauricio Borinski
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zerfressen!
    Weiter unten auf dem Umschlag werde ich als lieber Herr Becker persönlich um Hilfe gebeten. Ich laufe hoch in meine Wohnung, setze mich auf mein schwarzes Ledersofa, reiße den Spendenaufruf auf und halte eine kleine Infobroschüre über die bakterielle Krankheit Noma, sowie einen Bogen Adress-und Grußaufkleber in der Hand, die ich als kleines Dankeschön für meine Spende behalten darf, selbst wenn ich nichts spenden sollte. Ich lese den Spendenaufruf nicht weiter durch, sondern zerknülle den Bogen, an dem ein Überweisungsträger geheftet ist und werfe ihn samt Umschlag in den Biomüll, in dem als einziger noch ein wenig Platz ist. Mounia hat wohl vergessen, den Müll runter zu bringen. Vielleicht sollte ich noch einmal eine Liste anfertigen, auf der all die von ihr zu erledigenden Aufgaben stehen, damit sie auch nichts vergisst. Die Gute arbeitet in letzter Zeit etwas schlampig.
    Kurz bevor sich die Klappe meines Mülleimers schließt, kann ich noch einmal das Portraitfoto des schreienden, an Noma erkrankten vierjährigen Mädchens sehen, das auf dem Umschlag aufgedruckt ist. Ihr ganzer Unterkiefer ist weggefressen. Das sieht vielleicht scheiße aus. Dann ist es aus meinem Blickwinkel verschwunden und ich schiebe mir als Abendessen eine Spinat-Pizza in den Ofen.
    Ich gehe rüber ins Wohnzimmer, fahre meinen Laptop hoch, checke meine E-Mails und meine Bankkonten. Niemand hat mir geschrieben und auf meinem Konto bin ich bereits schon wieder tief im Dispo. Voll öde.
    Ich fahre den Laptop runter, schalte den Fernseher ein und bleibe an einer Reportage über die größte Tortenschlacht der Welt hängen. Ein Konditor hat 1.000 Torten angefertigt. Danach läuft ein Bericht bei dem sie auf der Suche nach dem größten Schnitzel der Republik sind. Sie finden ein drei Kilogramm schweres Schnitzel, das der Tester umsonst erhält, wenn er es aufessen kann. Er gibt nach etwas mehr als der Hälfte auf und sie werfen den Rest in den Müll. Ich schalte um und entdecke eine Reportage über die größte Pizza der Welt. Sie hat einen Durchmesser von sechs Metern, aber weil sie so groß ist, kann sie keiner aufessen und die Reste werden weggeschmissen. Gleich danach folgt ein Bericht über das größte Speiseeis der Welt, das meterhoch gebaut wird, irgendwann umkippt und in einen dreckigen Gully sickert.
    Ich laufe rüber in die Küche und hole mir was zu trinken und als ich mir eine Dose Cola aus meinem Kühlschrank nehme, entdecke ich die verbrannte Pizza im Ofen. Mist. Die habe ich bei den Reportagen doch glatt vergessen. Ich schalte den Ofen aus, nehme die Pizza raus und werfe sie in den Müll. Auf das Bild des unterernährten Mädchens, dessen Kiefer zerfressen wird. Ich schaue im Tiefkühlfach nach, ob ich noch eine Pizza habe. Leider nicht und obwohl mein Kühlschrank voll ist, ich aber keine Lust habe, mir etwas zu kochen, muss ich mich auf den Weg machen und mir was zu essen besorgen. So ein Mist und das bei meinem Mordshunger. Es ist schrecklich, so zu hungern.
    Ich laufe runter zu meinem Wagen und fahre zu Burger King an der Eissporthalle, gehe hinein in den Schuppen, stelle mich an einer Kasse an und bestelle bei dem Mitarbeiter, der irgendetwas von Arnold Schwarzenegger hat, ein Doppel-Whopper mit Käse Maxi Menü, eine große Cola, ein großes Schokomilkshake, zwei Portionen Mayonnaise, sowie drei Cheeseburger und einen Schokodonut als Nachtisch.
    Der Verkäufer packt nach und nach mein Essen in eine braune Papiertüte mit aufgedrucktem Burger King Logo, dann bezahle ich und fahre zurück. Ich pflanze mich auf mein schwarzes Ledersofa und breite mein Essen vor mir auf meinem Couchtisch aus. Es nimmt fast den gesamten Tisch ein. Ich schalte meinen Fernseher ein, bleibe an einer Reportage über die Elendsviertel im Kinshasa, der Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo hängen, wickele meinen Doppel Whopper aus seiner Verpackung und beiße rein. Schmeckt das scheiße, doch genau deswegen kaufe ich es so gerne. Ich liebe dieses ekelhafte Fastfood. Nach der großen Portion Pommes und einem Cheeseburger, während gerade Aufnahmen von einem Krankenhaus in Kinshasa gezeigt werden, in dem AIDS und seit neuestem auch an Noma erkrankte Kinder untergebracht sind, kann ich nicht mehr. So voll bin ich. Ich knöpfe mir meine Jeans auf, um es ein wenig bequemer zu haben, lehne mich zurück, rauche eine Zigarette und spüre wie das Fett, das ich gerade zu mir genommen habe, sich in der Gefäßwand meiner Arterien

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