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Arschloch!

Arschloch!

Titel: Arschloch! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mauricio Borinski
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ablagert. Bei meiner Lebensweise ist ein Herzinfarkt vorprogrammiert. Oder einen Schlaganfall, Diabetes, Depressionen, Niereninsuffizienz, Alkoholsucht, Leberzirrhose, Harnblasencarcinom, Arthrose, Zeugungsunfähigkeit, Impotenz oder gar Inkontinenz. Die Raucherlunge habe ich ja schon und wer weiß, was noch kommt. Im Fernsehen zeigen sie die abgefuckten, unstylischen Wellblechhütten, die Herbergen der Armen, in denen die Erreger der Cholera, Lepra, Malaria, Gelbfieber, Bilharziose, der Schlafkrankheit, AIDS und noch vielen anderen Dingen rumkreuchen und fleuchen.
    Durch den Anblick der übriggebliebenen zwei Cheeseburger und des Schokodonuts wird mir schlecht, also stehe ich auf und schleppe mich in die Küche. Plötzlich klingelt mein Handy. Ich nehme das Gespräch an. Meine Mutter ist dran. Sie teilt mir mit, dass sie mit ihrem neuen Freund Louis XIV de la Churasco, einem Fleischgroßhändler aus Argentinien, auf dem Weg zum Flughafen ist. Ich werfe das restliche Essen in den Müll, auf die verbrannte Pizza und den Spendenaufruf.
    „Ich bin in den nächsten zwei Wochen in Kenia. Louis hat eine Suite in einem Fünf-Sterne-Ressort gebucht“, sagt sie. Eine Safari werden sie auch machen und an einem Tag wollen sie eine Schule für Kinder besuchen. Sie freut sich tierisch. Vielleicht adoptiert sie ein Kind. Es soll dort momentan gar zwei für den Preis von einem geben. Happy Hour sozusagen.
    „Das wäre doch was!“, sagt sie als ich in den Mülleimer blicke und den abgestorbenen Gesichtteil des Noma Kindes sehen kann, kurz bevor der Rest des Schokomilkshakes über die Infobroschüre läuft.
    „Ach, ja, das wäre doch was!“
    17.06.2005
    Ich habe die Arme vor meiner durchtrainierten Brust verschränkt, blicke aus dem Fenster und beobachte das wunderschöne Grau des Anblicks. Ein alter Kahn tuckert über den Dortmund-Ems-Kanal. Ich erkenne Thomas‘ Spiegelbild im Fenster. Er hat mir mein Geld immer noch nicht zurückgegeben und unverschämterweise macht er auch keinerlei Anstalten, es zu tun. Den einen Euro schuldet er mir seit über einer Woche. Um genau zu sein, seit neun Tagen, 22 Stunden und 12 Minuten. Was für ein blödes Arschloch.
    Ich lege ein Ultimatum fest und speichere den Termin in meinem Handy ab. Um Punkt 17.00 Uhr hat er noch 72 Stunden, um dem Krieg zu entgehen. Mal sehen, ob er das schafft. Die Uhr tickt.
    Ich stempele mich um kurz nach 20 Uhr aus, packe meine Sachen, verschwinde aus dem Callcenter und schicke Daniela eine Kurzmitteilung. Vielleicht hat sie Lust, mit mir zur Beach Eröffnung zu gehen. Noch bevor ich meinen Motor starte, erhalte ich ihre Antwort.
    „Danke für die Einladung, aber ich kann nicht. Wir sehen uns auf der Arbeit!“
    18.06.2005
    48 Stunden vor Ablauf des Ultimatums sitze ich in einem Internetcafé am Hansaring und chatte als Carola mit Thomas.
    mary goodnight: 17.13.03
teurer auric. wie erging es Ihnen auf der arbeit?
    auric goldfinger: 17.13.11
miss goodnight, danke der nachfrage. es ging, ist eben arbeit.K
    mary goodnight: 17.13.17
ja, da sagen Sie was. bei mir im büro ist es schrecklich. die ganze zeit werde ich gemobbt. ich habe meinen vorgesetzten nach einem lächerlichen kniefall vor versammelter belegschaft abblitzen lassen und da ich damit die erste auszubildende seit bestehen der firma bin, die nicht mit ihm in noblem ambiente dinieren möchte, muss ich nun die konsequenzen tragen. ein graus, wenn ich nur daran denke!
    auric goldfinger: 17.13.45
haben Sie schon einmal in erwägung gezogen, den betrieb zu wechseln? das kann wahre wunder wirken.
    mary goodnight: 17.13.52
mein lieber auric, das habe ich während meiner ausbildung bereits zwei mal getan und ich bin noch im ersten ausbildungsjahr. in anderen betrieben war es ähnlich. überall gibt es jemanden, der der ansicht ist, er müsse allen weiblichen kolleginnen den hof machen. die welt ist voll von speichelleckern, die glauben, sie seien einzigartig.
    auric goldfinger: 17.14.47
so einen haben wir auch im betrieb. wenn ich nur an seine visage denke, sträuben sich mir alle haare zu berge. zu seiner fiesen art gesellt sich neunmalkluge schleimerei und schamloser opportunismus, der ansonsten nur bei börsenmaklern, bänkern, managern, politikern und medienmachern vertreten ist. im übrigen arbeitet er nach wie vor an seinem video über die arbeit. er möchte seiner freundin, einem fotomodell, zeigen, in was für tollen kreisen er tagtäglich verkehrt.
    mary goodnight: 17.15.17
grundgütiger! welch

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